Panorama: Jacqueline Kennedy: Staat machen - mit Stil
Nikita Chruschtschow war verwirrt. Immer wieder starrte er die Perlen auf dem Kleid von Jacqueline Kennedy an.
Nikita Chruschtschow war verwirrt. Immer wieder starrte er die Perlen auf dem Kleid von Jacqueline Kennedy an. Die "bessere Hälfte" des amerikanischen Präsidenten ziehe sich an "wie eine russische Zarin", soll er nach dem Gipfeltreffen mit John F. Kennedy Anfang der 60er Jahre im kleinen Kreis von KPdSU-Genossen kritisiert haben. Das hellrosa Kleid, das den Kreml-Chef damals irritiert hatte, gehört zu den Prunkstücken einer Ausstellung im Metropolitan Museum of Art.
Dort feiert New York jetzt die bisher glanzvollste aller amerikanischen First Ladies - 40 Jahre nach der Amtseinführung ihres Gatten als 35. US-Präsident. Die Gästeliste bei der inoffiziellen Eröffnung der Schau glich am Montagabend einem Who is Who der Top-Stars von Film, Musik und Laufsteg. Schauspielerinnen wie Gwyneth Paltrow und Sigourney Weaver, Sängerinnen wie Faith Hill und Carly Simon, Modells wie Claudia Schiffer und Gisele Bündchen und Designer wie Giorgio Armani und Oleg Cassini hatten schon vor Monaten jeweils 3500 Dollar (7700 Mark) hingelegt, um bei einem Galadinner im Metropolitan dabei zu sein.
Bei so viel Show-Prominenz wirkte Jacquelines Tochter Caroline fast verschüchtert, als sie dazu aufforderte, in den zur Schau gestellten 80 Kleidern und Dutzenden von edlen Accessoires ihrer Mutter mehr zu entdecken als die einstige "Stil-Ikone Amerikas". "Die Kleider, die Hüte, die Juwelen - das alles sollte für Betrachter nur der Ausgangspunkt sein. Meine Mutter glaubte an meinen Vater, an seine Vision von Amerika und an die Kunst der Politik."
In diesem Sinne hat auch der Brite Hamish Bowles, Star-Reporter der amerikanischen Ausgabe des Modemagazins "Vogue" gehandelt. Er gestaltete die Retrospektive "Jacqueline Kennedy: The White House Years". Mode und Design verbindet er darin chronologisch mit amerikanischer und internationaler Politik zu Zeiten des Kalten Krieges.
Dabei zeigt er eine kluge Frau, die mit sicherem Stilempfinden der Kennedy-Ära jene Eleganz und Lockerheit verlieh, der viele Amerikaner noch heute nachtrauern. Das Gerede böser Zungen, die verbreiteten, Jacqueline fröne einem immer maßloser werdenden Hang zum Luxus, um die außerehelichen Eskapaden des John F. zu kompensieren, bleibt ausgespart.
Das Spektrum reicht von eher bodenständigen Kleidern, mit denen Jacqueline den jungen Kennedy auf Wahlkampftouren begleitete, bis zur Abteilung "Staatsroben". Die ließ die First Lady bis ins Detail, meist von Oleg Cassini, oft nach konkreten Vorgaben entwerfen. Für den Papst trug sie schlichtes Schwarz und einen Schleier. Beim ersten Staatsbesuch, in Kanada, verlangte sie rot als Referenz an die Uniformen der Gardesoldaten vor dem Parlament in Ottawa. Die Kanadier verstanden und jubelten.
In Paris führte sie eine Operngarderobe vor, die Charles de Gaulle als Verbeugung vor der französischen Kulturmetropole verstand und in Entzücken versetzte.
Zurückhaltend stellte sich ihr Gatte während des Staatsbesuches im Juni 1961 bei einer Pressekonferenz vor: "Ich bin der Mann, der Jacqueline Kennedy nach Paris begleitet hat."
Er war immer noch dankbar dafür, dass sie wenige Wochen zuvor mit millionenteuren Kunsteinkäufen für das Weiße Haus für Pressewirbel gesorgt hatte. Sie hatte ihm damit auch geholfen, die Amerikaner von die Niederlage der vom Präsidenten gegen Kubas Revolutionäre ausgesandten Invasoren in der Schweinebucht abzulenken.
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