Russische Oligarchen unter Druck: Italien beschlagnahmt Luxusyacht von TUI-Aktionär
Die USA und Europa nehmen sich die Besitztümer von Putin-nahen Oligarchen und Russen vor. Ein sichtbares Ziel: ihre Luxus-Schiffe.
Zwölf Suiten, zwei Hubschrauberlandeplätze, Sauna und Schönheitssalon inklusive – die „Dilbar“ gilt als eine der luxuriösesten Yachten der Welt. Aktuell liegt sie im Hamburger Hafen. Und: Sie wird ihn wohl auch nicht so schnell verlassen können.
Ihr Besitzer ist laut mehreren Medienberichten der russische Milliardär Alisher Usmanov. Der gebürtige Usbeke ist Gründer der USM Holdingsgesellschaft. Zu ihr gehören Unternehmen aus den Bereichen Stahl, Bergbau, IT und Telekommunikation. Usmanovs Vermögen wird von unterschiedlichen Quellen auf 15 bis 19 Milliarden Dollar geschätzt. Die „Dilbar“ allein wird laut Forbes auf 540 Millionen Euro beziffert und befindet sich seit Oktober für Reparaturarbeiten in der Werft Blohm & Voss.
Seit Anfang der Woche steht Usmanov auf der Sanktionsliste der Europäischen Union. So wie viele andere Oligarchen und Geschäftsleute aus dem Umfeld von Russlands Präsident Wladimir Putin.
Beispielsweise Alexej Mordaschow: Italien hat jetzt die Luxusjacht des russischen Oligarchen und TUI-Großaktionärs beschlagnahmt. Die Polizei habe die 65 Millionen Euro teure Jacht „Lady M“ am Freitag in der ligurischen Hafenstadt Imperia "im Einklang mit den jüngsten EU-Sanktionen“ sichergestellt, teilte der Regierungsberater Ferdinando Giugliano im Onlinedienst Twitter mit.
Italienischen Medienberichten zufolge wurde zudem in Sanremo die Jacht „Lena" des Oligarchen Gennadi Timtschenko beschlagnahmt. Mordaschow hatte in einer Erklärung vom Montag jede Verantwortung für den Ukraine-Krieg von sich gewiesen. „Ich habe absolut nichts mit den derzeitigen geopolitischen Spannungen zu tun und ich verstehe nicht, warum die EU mich mit Sanktionen belegt hat“, schrieb er.
Das US-Magazin „Forbes“ und weitere Medien berichten, auch die „Dilbar“ in Hamburg sei offiziell beschlagnahmt worden. Die Hamburger Behörde für Wirtschaft und Innovation bestreitet das. „Nach unserer Kenntnis ist die Yacht nicht beschlagnahmt worden“, lässt die Sprecherin der Wirtschaftsbehörde am Donnerstag wissen. Bisher gebe es dazu auch keine derartige Anordnung.
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Allerdings hatte der parteilose Wirtschaftssenator Michael Westhagemann am Dienstag erklärt, dass russische Yachten nicht einfach den Hamburger Hafen verlassen dürften. „Alle Waren, die nach Russland rausgehen, müssen beim Zoll beantragt werden. Das gilt auch für die Yachten, und deswegen geht keine Yacht mehr raus.“ Eine Aussage, die die Spekulationen um die Beschlagnahmung weiter nährte. Doch ganz so einfach ist es nicht.
Eigentumsverhältnisse verschleiert
Wie die „Süddeutsche Zeitung“ aus Behördenkreisen erfahren hat, müssen zunächst die Eigentumsverhältnisse geklärt werden. Gerade in der Szene der Superreichen werden diese gerne verschleiert und Yachten über Holdings oder Briefkastenfirmen in Steuerparadiesen registriert. Im Fall der „Dilbar“ ist eine Holding auf Malta offiziell als Inhaber eingetragen, berichtet die „Süddeutsche Zeitung“. Deutsche Behörden wollen von dort nun eine Spur zu Usmanov finden, damit eine Sicherstellung rechtlich abgesichert ist.
Russlands Präsident Wladimir Putin ist dagegen schon vor längerer Zeit auf Nummer sicher gegangen. Bis Februar war seine Yacht ebenfalls in der Werft Blohm & Voss in Hamburg gewesen, schreibt die „Bild“-Zeitung. Wie das Blatt weiter berichtet, soll er die „Graceful“ noch vor dem Angriffskrieg aus der Werft und nach Kaliningrad haben bringen lassen.
Auch in anderen Ländern sitzen russische Luxusboote fest. In Frankreich hat der französische Zoll ein Schiff konfisziert, das einem Unternehmen gehören soll, in dem Rosneft-Chef Igor Setschin Hauptaktionär sei. Die Yacht „Amore Vero“ sei für Reparaturen in eine Werft im Hafen von La Ciotat nahe Marseille gebracht worden, wo es sie in der Nacht zu Donnerstag beschlagnahmt wurde, erklärte das französische Wirtschaftsministerium. Das Schiff habe zu Beginn der Zollkontrolle noch auslaufen wollen und damit gegen geltende Regelungen verstoßen.
Frankreichs Wirtschaftsminister Bruno Le Maire kündigt zudem an, Besitztümer von sanktionierten Russen in Frankreich beschlagnahmen zu wollen. Er werde die dafür nötigen rechtlichen Voraussetzungen schaffen. Dazu arbeite man gerade an einer Liste über das Vermögen, die Immobilien, Yachten und Luxusfahrzeuge von Russen in Frankreich, die bereits mit Sanktionen belegt sind, heißt es. „Wir werden außerdem alle russischen Personen mit Vermögen in Frankreich identifizieren, die wegen ihrer Nähe zur russischen Regierung noch auf die europäische Sanktionsliste gesetzt werden könnten“, schreibt Le Maire auf Twitter.
Eine ähnliche Ankündigung kam auch von US-Präsident Joe Biden. In seiner Rede zur Lage der Nation kündigte er an, dass man Vermögenswerte aufspüren und beschlagnahmen wolle. So will er den Druck auf Putins Umfeld erhöhen. Die USA bilden dazu gemeinsam mit der EU-Kommission, Kanada, Frankreich, Italien und Deutschland eine internationale Task-Force.
Nicht wenige Superreiche versuchen deswegen, ihre Schiffe an anderen Orten unterzubringen, um sie den Zugriff der Behörden zu entziehen. Laut Daten der Webseite „Marine Traffic“, die der US-Sender CNBC ausgewertet hat, wurden mindestens vier Schiffe von ihren Putin-nahen Besitzern in „Sicherheit“ gebracht. Einer davon ist der russische Stahlmagnat Viktor Rashnikov. Seine 140-Meter-Yach „Ocean Victory“ schippert derzeit vor den Malediven. Genauso wie die „Cleo“ , die Oleg Deripaska gehört, Gründer des Aluminiumkonzerns Rusal.
Vagit Alekperov, Chef des Mineralölkonzerns Lukoil, dessen 70-Meter-Yacht „Galactica Super Nova“ bis vor kurzem noch in Barcelona lag, wurde nun in Montenegro gesichtet. Das dort führende Netzwerk gegen Korruption MANS kritisierte daraufhin, dass der kleine Adria-Staat „kein Ort für verstecktes Oligarchen-Eigentum“ werden dürfe. (Mit Agenturen)