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Ein Blumenverkäufer in Kalkutta akzeptiert nur noch kleine Geldscheine.
© Piyal Adhikary/dpa

Indien und die Korruption: Indien macht große Geldscheine ungültig

Die Regierung in Neu-Delhi sagt Schwarzgeld den Kampf an. Geldnoten im Wert von umgerechnet mehr als 200 Milliarden US-Dollar wertlos.

Als Ankit Saini am Mittwochmorgen in Neu-Delhi aufwachte, hatte er noch Scheine in seiner Brieftasche – aber wertlose. Die drei 500-Rupien-Scheine waren über Nacht, als der Student schlief, ungültig geworden. „Mit den 40 Rupien (50 Cent), die mir bleiben, kann ich entweder mittagessen oder den Bus nehmen“, klagt Saini. Am Dienstagabend hatte in Indien die Nachricht, dass ab Mitternacht alle 500- und 1000-Rupien-Noten ihre Gültigkeit als legales Zahlungsmittel verlieren, Panik ausgelöst. Menschen bemühten sich so schnell wie möglich ihre großen Scheine loszuwerden.

In einer Fernsehansprache hatte Premierminister Narenda Modi der erstaunten Nation erklärt, dass im Kampf gegen Korruption und Schwarzgeld die großen Banknoten in vier Stunden nichts als Papier sein würden.

Laut Zentralbank haben auf einen Schlag Geldnoten im Wert von umgerechnet 217 Milliarden US-Dollar ihren Wert verloren. Am Freitag sollen neue 500- und 2000-Rupien-Noten in Umlauf gebracht werden. Alte Geldscheine können noch bis Ende des Jahres mit einem gültigen Ausweis auf das eigene Konto eingezahlt werden. Doch bei größeren Summen wird der Fiskus fragen, wo das Geld herkommt. Bislang zahlen etwa zwei Prozent der Inder Steuern auf ihr Einkommen.

Nicht alle sind überzeugt von Modis drastischem Schritt. „Wir sind nicht diejenigen mit Schwarzgeld, und wenn wir zwei Tage lang nichts verdienen, dann haben wir nichts zu essen“, sagte Bachchu Lal, der von seinem Holzkarren Gemüse verkauft und am Mittwoch kaum Kunden hatte. Fast 70 Prozent der mehr als 1,2 Milliarden Inder müssen mit weniger als umgerechnet zwei US-Dollar am Tag auskommen. Teeverkäufer, Gemüsehändler, Bauarbeiter, Hausangestellte, Handwerker und Riksha-Fahrer leben von Bargeld. Selbst Immobilien werden bar bezahlt, ebenso Autos, Motorräder und Mitgift. Zwischen 200 und 300 Millionen Inder haben kein Bankkonto, von einer Kreditkarte ganz zu schweigen.

Es ist nicht das erste Mal, dass Indien große Geldscheine ungültig macht. 1977 hatte die Janata-Partei die großen Banknoten annulliert – um die Kasse des politischen Gegners zu verkleinern. Die Banknoten spielen im Wahlkampf eine entscheidende Rolle. Mit Schnaps, Geschenken und Geldscheinen werden Wähler an die Urnen gelockt, um das Kreuz an der richtigen Stelle zu machen. In sechs Monaten gibt es fünf wichtige Landeswahlen. Die Bargeldeinschränkung könnte für Modis Gegner ein Schlag sein, doch auch seiner Partei schaden.

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