Panorama: In Erinnerung an Kalinka
Deutscher Arzt nach fast 30 Jahren in Paris verurteilt
Paris - André Bamberski hat fast 30 Jahre nach dem Tod seiner Tochter Kalinka endlich sein Ziel erreicht. Ihr Stiefvater, der deutsche Arzt Dieter K., wurde in Paris zu 15 Jahren Haft verurteilt, weil er für den Tod des Mädchens verantwortlich sein soll. „Jetzt wurde endlich Gerechtigkeit gesprochen in Gedenken an Kalinka“, sagte der 74-jährige Vater Kalinkas, „nun kann ich endlich um sie trauern.“
Gewaltanwendung mit Todesfolge lautet der Vorwurf, den das Gericht erfüllt sah. Generalstaatsanwalt Pierre Kramer räumte ein, dass für eine versuchte Vergewaltigung nicht genügend Beweise vorlägen. Er gehe aber davon aus, dass K. die Absicht gehabt habe, sich an dem Mädchen zu vergehen und es dazu mit einer Spritze betäubt hatte.
Das Urteil ist für die deutsche Justiz peinlich. Ermittlungen gegen Dieter K. wurden damals eingestellt, weil die Verdachtsmomente nach Ansicht der Behörden nicht für einen Prozess ausreichten. Dies hatte zur Folge, dass Dieter K. nie nach Frankreich gebracht wurde, wo ihn ein Gericht 1995 in Abwesenheit zu einer Gefängnisstrafe verurteilte. 2005 verweigerte die Bundesrepublik die Auslieferung von Dieter K. mit Hinweis auf die Einstellung des deutschen Verfahrens. Zu der Zeit war K. längst als Sexualstraftäter bekannt. Unter anderem hatte er eine 16-Jährige in seiner Praxis betäubt und vergewaltigt.
Bamberski wirft der deutschen Justiz „Blindheit“ vor. „Bei Streitigkeiten zwischen Deutschen und Ausländern werden vor deutschen Gerichten Deutsche bevorzugt“, sagte er. Zusammen mit den Anwälten des Verurteilten kritisiert er zudem die deutschen Ermittler für ihre Schlamperei. Bei der Obduktion der Leiche wurde keine Blutuntersuchung angeordnet. An den Genitalien fand man zwar eine Verletzung, doch man nahm an, sie sei nach dem Tode entstanden. Zudem waren nach der Autopsie entnommene Genitalproben verschwunden.
Die Verteidigung kritisiert, Dieter K. sei mit Gewaltanwendung zum Spielball der Justiz geworden. In der Tat ermöglichte erst eine Straftat den Prozess: Bamberski, der schon kurz nach Kalinkas Tod Zweifel an der Todesursache angemeldet hatte, fädelte 2009 die Entführung des Arztes vom Bodensee nach Frankreich ein. Dieter K. wurde bei Mülhausen im Elsass gefesselt nahe eines Gerichtsgebäudes gefunden. Dafür dürfte Bamberski in Frankreich bald vor Gericht stehen. „Mir drohen vielleicht zehn oder 20 Jahre Haft. Aber die Untätigkeit der deutschen und französischen Behörden hat mich gezwungen, zu diesem Mittel zu greifen“, sagte er.
Dieter K. hat die Anschuldigungen immer abgestritten. Kalinkas Mutter Danielle Gonnin hatte ihrem zweiten Ehemann jahrelang geglaubt. Erst während des Prozesses waren ihr Zweifel gekommen, da sich ihr Exmann in Widersprüche verstrickte. „Wenn er schuldig ist, muss er dafür bezahlen“, hatte sie während des Verfahrens gesagt.
Bamberski warf seiner Exfrau indes vor, zu dieser Einsicht nur gekommen zu sein, „um sich selbst ein gutes Gewissen zu bereiten und 100 000 Euro zu kassieren“. Das Gericht hatte Dieter K. unter anderem zu Geldzahlungen in Höhe von insgesamt 400 000 Euro an die Eltern verurteilt. Ob es soweit kommt, ist aber unklar. Die Verteidigung kündigte Berufung an.dpa
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