Australiens Umweltminister im Interview: „Im Riff wird nichts mehr verklappt“
Der australische Umweltminister Greg Hunt über das Great Barrier Reef und seine Klimapolitik. Derzeit kämpft er darum, dass die Unesco den Welterbestatus nicht in Frage stellen.
Wer nach Australien reist, will das Great Barrier Reef sehen. Das Riff ist aber gefährdet. Was tut Australien, um es zu schützen?
Es ist 345 000 Quadratkilometer groß, etwa so groß wie Deutschland. Und es ist immer noch das Great Barrier Reef, es ist immer noch majestätisch. Aber es gibt Herausforderungen. Der obere Teil des Riffs ist nach allen wissenschaftlichen Begutachtungen in einem sensationellen Zustand. Der untere Teil ist auf der Ozeanseite in einem guten Zustand, an der Küstenseite gibt es einige Probleme. Die frühere Mitte-Rechts-Regierung hat die Zonierung für die Fischerei komplett verändert und für rund 100 000 Quadratkilometer ein Fischereiverbot ausgesprochen. Die Fischbestände haben sich in den vergangenen zehn Jahren stark erholt, in Volumen und Größe.
Und was ist mit der Wasserqualität?
Die jüngsten Untersuchungen haben zehn Prozent weniger Sedimente, 16 Prozent weniger Nährstoffe wie Nitrate und 28 Prozent weniger Pestizide gemessen.
Dann ist also alles gut?
Wir haben die Regierung erst vor einem guten Jahr übernommen und fünf große Abbaggerungs- und Verklappungspläne im Meeres-Nationalpark geerbt. Aber alle fünf sind beendet worden. Es wird keine Verklappungen mehr geben. Das ist eine Chance, die es nur alle 100 Jahre gibt. Das war in Australien ein ziemlicher Kampf. Wenn ich später mal im Schaukelstuhl sitze, dann möchte ich zurückschauen können und sagen: Das war das Wichtigste, was ich im Amt erreicht habe. Die zweite große Sache, die wir erreicht haben, ist ein Verbot für Abbaggerungen im Nationalpark. Niemand hat in den vergangenen 30 Jahren auch nur daran gedacht. Aber wir haben es gemacht. Ich finde, das ist eine bessere Rechtsbasis als je zuvor. Außerdem haben wir zwei Milliarden Australische Dollar (rund 1,37 Milliarden Euro) für die kommenden zehn Jahre für das Great Barrier Reef eingeplant.
Andererseits haben sie die Ausbeutung einer riesigen Kohlemine in Queensland genehmigt und die Erweiterung von zwei Häfen am Riff, um die Kohle zu exportieren.
Die Mine liegt 500 Kilometer im Inland. Und wir haben das nicht vorgeschlagen. 33 von 34 Entscheidungen hat unsere Vorgängerregierung getroffen. Ich bin hingefahren. Die Mine liegt in einem trockenen, staubigen Ort weitab von jeder Zivilisation. Abgelegener geht es selbst in Australien nicht. Die frühere Regierung hat neun Terminals vorgeschlagen und eine Abbaggerung von 38 Millionen Kubikmetern. Jetzt ist es noch ein Zwanzigstel davon, nämlich 1,7 Millionen Kubikmeter – eine dramatische Kehrtwende. Außerdem sind das bestehende Häfen, die waren da seit 30 Jahren, lange vor der Anerkennung als Weltnaturerbe. Als das Wattenmeer unter anderem in Deutschland gelistet wurde, sind die Küstenlinie und die Häfen ausgenommen worden. Australien hat die Häfen einbezogen, allerdings auf der Basis, dass sie weiter als Häfen funktionieren würden. Ich denke, Deutschland hat sich die australischen Erfahrungen angeschaut und gesagt: Lasst uns die Häfen mal lieber draußen lassen.
Ein weiterer Stressfaktor für das Riff ist der Klimawandel, die Erwärmung des Meeres und die Versauerung der Ozeane. Ein Problem, das Sie nicht allein lösen können. Was tun Sie dagegen?
Es gibt zwei Handlungsmöglichkeiten: die Reduzierung der Emissionen und die Erhöhung der Belastbarkeit. Deshalb reduzieren wir die bereits vorher bestehenden Auswirkungen. Die Wasserqualität ist das eine. Wir haben gerade eine Ausschreibung zur Verminderung des Nährstoffeintrags gemacht. Denn Nitrat lässt den Dornenkronen-Seestern wachsen, und der frisst die Korallen. Wir unterstützen deshalb auch ein Programm, mit dem die explosionsartige Vermehrung dieser Seesterne verhindert werden soll. Wenn Taucher den Seesternen eine Spritze mit Rinder-Salz verpassen, sterben sie ab. Wir sehen da auch schon einige Fortschritte.
Und der Klimawandel?
Für uns ist nur ein globales verbindliches Abkommen akzeptabel. Da sind wir uns mit Deutschland einig.
Aber Ihr Premierminister ist als Klimaskeptiker in die Wahl gegangen und sagte: Wir haben kein Problem.
Das ist, bei allem Respekt, eine falsche Wahrnehmung. Tony Abbott hat bei vielen Gelegenheiten gesagt, dass er die Wissenschaft hinter dem Klimawandel anerkennt. Wir haben unsere Kyoto-Zusage übererfüllt. Australien wird für den Pariser Klimagipfel ein gutes Angebot machen.
Das vollständige Interview im Original finden Sie auf der Englischen Seite des Tagesspiegels.