Plan von Elon Musk: Im Hyperloop mit 1200 Sachen durch die Röhre
Eine Magnetschwebebahn in dünner Luft soll die Vorteile von Flugzeug und Eisenbahn kombinieren. Auch Studenten der TU München arbeiten am Hyperloop.
Der Physiker Gabriele Semino und seine Kollegen von der Technischen Universität München (TUM) stehen als Studenten zwar noch am Anfang ihrer Karriere. Das hindert sie aber nicht daran, eine Revolution des Verkehrs auf mittlere Entfernungen von ein paar hundert Kilometern vorzubereiten: Die jungen Leute konzipieren Fahrzeuge für ein Hyperloop genanntes System, das nicht nur die Vorteile von Flugzeug und Eisenbahn miteinander kombinieren, sondern beide Verkehrsmittel übertreffen soll.
Vorgestellt hat Hyperloop ein nordamerikanischer Milliardär mit Pässen aus den USA, Kanada und Südafrika. Elon Musk ist Mitgründer des Bezahlsystems PayPal, ihm gehören der Elektro-Auto-Hersteller Tesla und das Raumfahrtunternehmen SpaceX – und er möchte teure Technik preisgünstig anwenden. Im Fall von Hyperloop setzt der Milliardär nicht auf die Entwicklungsabteilung eines eigenen Unternehmens, sondern fordert Interessierte auf, ihre Ideen einzubringen. Ein Beispiel dafür ist ein Wettbewerb vom 25. bis 27. August 2017 in Kalifornien, in dem Hochschul-Gruppen wie die um Gabriele Semino Fahrzeuge für Hyperloop testen.
Der junge deutsch-italienische Student erklärt die Probleme, mit denen Eisenbahnen oder Autos am Boden zu kämpfen haben: „Um sich vorwärts zu bewegen, müssen sie erheblichen Widerstand überwinden“, sagt der Physiker. Dieser Widerstand kommt vor allem von der Luft, die wir beim normalen Laufen kaum spüren. Bläst dagegen ein Orkan mit 120 Kilometern pro Stunde einem Menschen ins Gesicht, kommt er aus eigener Kraft kaum noch voran. Verdreifacht sich die Geschwindigkeit, wird dieser Luftwiderstand sogar neunmal größer.
Das große Plus ist der fehlende Luftwiderstand
Rast ein ICE also mit 360 Stundenkilometern durchs Land, braucht er neunmal mehr Kraft und damit entsprechend mehr Energie als bei 120 Stundenkilometern. Dazu kommt noch der Reibungswiderstand der Räder auf der Schiene oder der Fahrbahn. Viel besser und mit erheblich weniger Energieverbrauch müsste also ein Fahrzeug vorankommen, das in einer Röhre schwebt, aus der die Luft abgepumpt wurde. Genau das ist die Idee von Hyperloop, die vor allem den Verkehr auf mittlere Entfernungen wie zwischen Wien, Zürich und Berlin revolutionieren könnte.
Neu ist die Idee übrigens nicht, etwas Ähnliches gab es bereits im 19. Jahrhundert als Rohrpost und wird zum Beispiel in Kliniken wie der Berliner Charité noch heute eingesetzt, um Blutproben oder Röntgenbilder rasch zwischen verschiedenen Stationen zu transportieren. Hyperloop aber soll größer werden und neben Fracht auch Menschen transportieren. So könnten die Fahrröhren aus zwei Zentimeter dickem Stahl bestehen und einen Durchmesser zwischen zwei und drei Metern haben. Aus diesen Röhren pumpt man so viel Luft heraus, dass der Druck auf vielleicht nur noch ein Tausendstel des normalen Wertes fällt und so die Fahrzeuge fast keinen Luftwiderstand mehr spüren.
Noch ist das System Zukunftsmusik
Jetzt muss man den Geräten noch das Schweben beibringen, was vermutlich ein Magnet im Fahrzeug übernehmen dürfte. „Bewegt sich dieser Magnet über eine Aluminiumplatte am Boden der Röhre, entstehen dort Wirbelströme, die den Magneten und damit auch das Fahrzeug abstoßen“, erklärt Semino. Das funktioniert umso besser, je schneller der Magnet sich bewegt. Zunächst bewegt sich das Fahrzeug daher auf Rädern und beschleunigt, bis die Abstoßung groß genug ist, um die Konstruktion über dem Aluminiumband schweben zu lassen.
Noch ist das Zukunftsmusik. Zunächst wollen die Studenten in einer 1200 Meter langen Röhre in Kalifornien die von ihnen entwickelten Fahrzeuge testen. Allerdings sind diese Gefährte noch weit entfernt von den Karosserien, die vielleicht im Jahr 2030 die ersten Menschen oder Fracht durch ein Hyperloop-System transportieren wollen. In ihr 2,40 Meter langes und je 40 Zentimeter breites und hohes Fahrzeug haben die TUM-Studenten zwar einen Sitz installiert, auf dem aber kein Mensch, sondern ein kleiner Plüschbär – mit einer für eine bayerische Universität standesgemäßen Lederhose bekleidet – Platz nehmen wird. „Wir wollen ja nur zeigen, dass die Technologie machbar ist“, erklärt Semino.
Gewinnen wird die Gruppe, deren Fahrzeug die höchste Geschwindigkeit erreicht. Aber nur, wenn es am Ende der Röhre nach einer Fahrt von 16 oder 17 Sekunden wieder sicher anhält. Und schweben werden die Fahrzeuge noch lange nicht.
Hyperloop wäre schneller als ein Flugzeug
Das soll in zwölf oder 15 Jahren schon anders aussehen. Dann sollen die Hyperloop-Fahrzeuge mit rund 1200 Kilometern in der Stunde magnetisch durch die Röhren sausen, die auf Stahlbetonstützen zum Beispiel entlang einer Autobahn führen, um Raum und Grunderwerbskosten zu sparen. Damit wäre Hyperloop schneller als ein Flugzeug und sollte billiger als die Eisenbahn sein, hofft Musk. Oben auf den Röhren stellt er sich Solarzellen vor, die vielleicht sogar mehr Energie liefern, als das System braucht.
Und wo sind die Haken der schönen neuen Hyperloop-Welt, die der Milliardär vorantreiben will? Der Leiter der Personenverkehrsabteilung des Instituts für Verkehrsforschung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR), Tobias Kuhnimhof, zuckt die Schultern: „Ich kenne keinen Kollegen, der Hyperloop genau untersucht hat“, sagt der Wissenschaftler. Dabei drängen sich einige Fragen durchaus auf: Wie können die Passagiere bei einem Unfall aus einer fast luftleeren Röhre evakuiert werden? Wie sehen Weichen oder Abzweigungen in diesem System aus? Wie teuer wäre Hyperloop tatsächlich? Sind die Röhren und die Betonträger, deren Bau sehr viel Energie kostet und der gleichzeitig große Mengen des Treibhausgases Kohlendioxid freisetzt, für die Umwelt wirklich besser als der Flugverkehr?
„Um solche Fragen zu beantworten, müssen wir erst einmal wissen, ob und wie Hyperloop überhaupt funktioniert“, sagt Gabriele Semino lapidar. Dieses „Alles zu seiner Zeit“ klingt durchaus sinnvoll: Als die Gebrüder Wright in den Vereinigten Staaten den Motorflug erfanden, hat sich ja auch niemand Gedanken gemacht, wie man am Berliner Flughafen im 21. Jahrhundert einmal die Sprinkleranlage und die Lüftung für den Brandschutz zum Funktionieren bringt.
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