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Wind und Wetter ausgesetzt. Frau mit Kind in Tacloban.
© dpa

Philippinen nach Taifun "Haiyan": Helfer im Wettlauf mit der Zeit

Auf den Philippinen warten die Überlebenden des Taifuns "Haiyan" verzweifelt auf Hilfe. Menschen stürmen den Flughafen von Tacloban. Rebellen überfallen einen Hilfskonvoi. In Berlin startet an diesem Mittwoch ein Hilfsflug von THW und Rotem Kreuz.

Eine gigantische weltweite Hilfsmaschinerie ist in Gang gesetzt worden, um den Taifunopfern auf den Philippinen zu helfen. Es wird aber offensichtlich einige Zeit dauern, bis die Lieferungen bei den Menschen ankommen, weil Straßen und Infrastruktur zerstört sind und Vorauskommandos noch dabei sind, die Landung der Güter und die Weiterverteilung zu organisieren. Derweil wird die Lage für die Menschen immer verzweifelter. In der Stadt Tacloban haben Menschen die Landebahnen des Flughafens gestürmt, um von den wenigen bisher eingetroffenen Militärmaschinen ausgeflogen zu werden. Soldaten mussten am Dienstag die Menge zurückhalten.

Die Sicherheitslage im Krisengebiet ist prekär

Die Ausläufer eines neuen Sturmtiefs setzten am Dienstag weite Teile des verwüsteten Katastrophengebietes erneut unter Wasser. Trümmerberge behinderten den Abfluss des Wassers. Viele Menschen standen in der verwüsteten Stadt Tacloban teils knietief in einer durch Fäkalien, Kadaver und Müll verseuchten stinkenden Brühe.

Verzweifelte haben Hilferufe an Container und Hauswände gemalt: „Wir brauchen Essen!“ „Rettet uns!“ „Hilfe!“ steht darauf. Kinder stehen weinend und bettelnd am Straßenrand, berichten Helfer, die im Notstandsgebiet unterwegs sind. In Tacloban sind alle Geschäfte, in denen Lebensmittel vermutet wurden, geplündert, berichten Lokalsender. In ihrer Verzweiflung sind Leute auf selbst gebauten Flößen vor der Küste unterwegs und versuchen, mit bloßer Hand Fisch zu fangen. Es grassiert Angst vor Seuchen.

Malerische Fischerstadt Guiuan durch "Haiyan" in Vorort der Hölle verwandelt

Bis zum Freitag war Guiuan für seine malerischen Strände und seine reiche Kolonialgeschichte bekannt. Durch den Taifun „Haiyan“ hat sich die Fischerstadt auf der Insel Samar in einen Vorort der Hölle verwandelt. „Es ist der Terror hier“, sagt ein verängstigter Anwohner einem AFP-Reporter. „Bewaffnete Diebe streunen herum. Wenn sie herausbekommen, dass du Lebensmittel gelagert hast, werden sie in dein Haus eindringen und dich mit vorgehaltener Waffe ausrauben.“ Auch andere Anwohner berichten von Männern, die ihre Pistolen schwingen und nicht nach Geld fragen, sondern Reis rauben wollen. Inzwischen sind erste Soldaten eingetroffen. Auf einem Platz im Zentrum ist eine Menge dabei, ein Einkaufszentrum zu plündern. „Wir sind völlig hilflos. Sie sind so viele und wir so wenige“, sagt ein Polizist. Von den 35 Polizisten des Viertels ist nur eine Handvoll zum Dienst erschienen. Ein Ende der Gesetzlosigkeit ist nicht in Sicht. Die Nachrichtenagentur AFP berichtet, Rebellen hätten eine Hilfslieferung auf dem Weg nach Tacloban überfallen. Soldaten hätten das Feuer auf 15 Aufständische eröffnet und zwei getötet. Es handelt sich um Mitglieder der „Neuen Volksarmee“ (NPA), dem bewaffneten Arm der kommunistischen Partei, die auch mit der islamistischen Gruppe Moro Islamic Liberation Front kooperiert.

Neben der Sicherheitslage ist das dringendste Problem sauberes Trinkwasser. Das Technische Hilfswerk in Deutschland (THW) ist spezialisiert darauf, Trinkwasseraufbereitungsanlagen aufzubauen. Am heutigen Mittwoch wird in Schönefeld eine Maschine von THW und Rotem Kreuz losfliegen. Wie ein Sprecher am Dienstag erklärte, hatten sich bereits zuvor fünf THW-Helfer aus eigener Kraft ins Katastrophengebiet aufgemacht, um die Hilfe vorzubereiten. Einer flog mit einer Maschine dorthin, die anderen schlugen sich auf dem Landweg durch.

Am Dienstag trafen erste Hilfslieferungen aus aller Welt auf den Philippinen ein. Energiekekse des Welternährungsprogramms, Fertigbauteile für Hütten aus Malaysia, Räumgerät aus Japan. Eine Lufthansa-Maschine ist mit Medizingerät und Decken aus Frankfurt in Manila gelandet. Tag und Nacht sortieren dort Freiwillige Pakete: In jede Tüte kommen Reis, Sardinen, Kekse. Das Problem ist, die Tüten den Opfern zukommen zu lassen.

Der US-Flugzeugträger „USS George Washington“ fährt seit der Nacht zum Dienstag von Hongkong aus „mit Volldampf“ in Richtung Philippinen, wie ein Pentagon-Sprecher sagte. Er hat 5000 Marinesoldaten und mehr als 80 Flugzeuge und Helikopter an Bord. Die US-Regierung spendete 20 Millionen Dollar. Auch Großbritannien entsandte ein Schiff, ein Transportflugzeug, Ärzte und Sanitäter. London hat bisher zehn Millionen Pfund Unterstützung zugesagt. Deutschland hat offiziell 1,5 Millionen Euro zugesagt. Die UN forderten ihre Mitgliedsländer auf, insgesamt 301 Millionen Dollar zur Verfügung zu stellen. (mit dpa/AFP)

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