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Prinz Harry und Meghan bei einem ihrer letzten Auftritte in königlichem Auftrag.
© Simon Dawson/ AFP

Rückzug des britischen Herzogpaares: Harry und Meghan vor letztem königlichen Auftritt

Am Montag nehmen Prinz Harry und Meghan Abschied von ihren königlichen Aufgaben. Ihre Zukunft ist ungewiss.

Das Bild könnte symbolhafter kaum ausfallen. Wenn die britische Königsfamilie an diesem Montag anlässlich des Tages des Commonwealth in Londons Westminster Abbey zum Gottesdienst zusammenkommt, werden Königin Elizabeth sowie ihre beiden Thronfolger Charles und William samt Frauen ganz vorn Platz nehmen. Erst in der zweiten Reihe sind Plätze für jene Royals reserviert, die nicht mehr wirklich dazugehören wollen. Prinz Harry und Herzogin Meghan absolvieren ihren letzten Termin, ehe sie noch am gleichen Tag die Reise zu ihrem neuen Hauptwohnsitz auf Vancouver Island in Kanada antreten wollen, wo Baby Archie auf sie wartet.

Offiziell währt die Rolle des Herzogspaares von Sussex als „senior royals“ noch bis Ende des Monats. In Wirklichkeit erlebte London in den vergangenen Tagen den Schwanengesang jenes Paares, das bei der Hochzeit vor knapp zwei Jah noch Hoffnung auf die Modernisierung der Monarchie weckte. Wo auch immer sich der Prinz und seine 38-jährige Gattin zeigten, flogen ihnen die Herzen zu, erhob sich das Publikum zu langen „standing ovations“.

So war es am Donnerstag bei einem Empfang für behinderte Ex-Soldaten, für deren körperliche und geistige Genesung sich eine von Harrys Organisationen einsetzt. Er sei „zutiefst stolz darauf, als Hauptmann Wales mit Euch gedient zu haben“, sagte der Veteran zweier Afghanistan-Einsätze. So war es am Freitag, als Meghan Schülern in Dagenham östlich von London eine Predigt zum internationalen Frauentag hielt. Die Mädchen ermutigte sie dazu, ihren Weg zu gehen und laut und deutlich ihre Meinung zu sagen. Die Knaben mahnte sie zur Wertschätzung „der Frauen in ihrem Leben, Eure Mütter, Schwestern, Freundinnen. Beschützt sie. Stellt sicher, dass sie sich gewürdigt und sicher fühlen.“

So war es am Samstag Abend anlässlich eines Wohltätigkeitskonzertes in der Royal Albert Hall. Meghan im strahlend roten Dress, passend zu Harrys roter Garde-Uniform der Royal Marines – da war nochmals jener Glamour spürbar, auf den die britische Monarchie nach dem „Megxit“ verzichten muss.

Das Land hat sich längst anderen Debatten gewidmet

Ob es aber auch ein Statement der Öffentlichkeit war, für die Abtrünnigen und damit indirekt gegen die uralte Institution, in deren Zwängen und Traditionen sich das Paar eingesperrt fühlte? In den Medien war nichts davon spürbar. Eher wirkte es wie die sehr britische Sentimentalität, die öffentlichen Figuren immer dann zuteil wird, wenn deren aktive Zeit beendet ist. Vom „Sussex-Schwanengesang“ schrieb die Sunday Times, „das royale Finale“ prangte auf der Titelseite des Sunday Telegraph; Boulevardblätter wie „Mail on Sunday“ widmeten dem Abschied mehrere Seiten, ohne dabei große Kontroversen loszutreten.

Das Land scheint Wichtigeres zu tun zu haben, als den Streit über die Ursachen der Entfremdung nochmals auszufechten. Die Bestsellerautorin Hilary Mantel sprach kürzlich von „schlimmem Rassismus“ gegen Meghan. Kolumnistin Camilla Long prangerte dagegen ihre „schlimme, destruktive und habgierige“ Haltung an. Doch die öffentliche Debatte hat sich anderen Themen zugewandt, nicht zuletzt dem Coronavirus.

Geräuschlos hat sich das Königshaus in den vergangenen sechs Wochen der neuen Lage gestellt. Harrys älterer Bruder William und dessen Gattin Kate verstärkten spürbar ihre Präsenz in der Öffentlichkeit, zuletzt vergangene Woche auf einer erfolgreichen Irland-Reise. „Business as usual“, lautet seit langem das inoffizielle Motto der Monarchie, die 93-jährige Chefin höchstselbst verkörpert es. Bis auf das Tragen von Handschuhen wie vergangene Woche bei einer Ordensverleihung werde sie sich vom Virus nicht an der Ausübung ihrer Pflichten hindern lassen, gab Elizabeth II. zu Protokoll.

Bestätigt fühlen kann sich Kehinde Andrews von der City-Universität in Birmingham. Der Soziologieprofessor mit dem Schwerpunkt der Erforschung der schwarzen Minderheit im Land stand schon im Frühjahr 2018 der Begeisterung angesichts Meghans Heirat in die Königsfamilie skeptisch gegenüber. Natürlich sei Markle „eine schöne Frau, aber sie ist keine Dunkelhäutige mit Afro-Look. Wegen ihr verändert sich das Königshaus nicht.“

Streit könnte um das Label "Sussex Royal" entstehen

Und was geschieht nun mit den Royals, die keine mehr sein wollen? Wie die beiden zukünftig ihren Lebensunterhalt verdienen wollen, ließ die langatmige Erklärung offen, die kürzlich auf ihrer Website Sussex Royal erschien. Ob diese auch weiterhin so heißen darf, bleibt einstweilen offen. Die geplante weiträumige Benutzung des Labels für alle möglichen Aktivitäten – den Verkauf von Produkten wie Schlafanzügen und Kapuzenpullis zum Beispiel oder die Empfehlung neuer Kochrezepte – hat Ihre Majestät verboten.

Offenbar beugten sich Harry und Meghan dem Diktum aus dem Buckingham-Palast nur widerwillig; jedenfalls wird auf ihrer Website ausdrücklich darauf hingewiesen, „weder die Monarchie noch das Kabinettsbüro“, also die britische Regierung, hätten im Ausland Bestimmungsmacht über die Bezeichnung Royal.

Wenn nicht alles täuscht, kündigen sich da zukünftige Konflikte an. Das Magazin „Economist“ hält diese für unausweichlich, jedenfalls spreche die Logik des Kapitalismus gegen eine friedfertige Lösung: Royale Noblesse sei auf Dauer unvereinbar mit kommerziellen Interessen. Vielleicht bestand Elizabeth II. deshalb in weiser Voraussicht auf einer einjährigen Probezeit. „Die Queen hat die Tür weit offengelassen“, sagte der Historiker Hugo Vickers, ein Kenner des Königshauses. Schließlich könne es durchaus sein, dass die Vorstellungen des Herzogspaares über ihr künftiges unabhängiges Leben der Realität nicht standhalten.

Am Hungertuch wird die Kleinfamilie nicht nagen, schließlich brachten sowohl Meghan wie Harry einige Millionen in die Ehe. Finanzexperten schätzen das Vermögen der Herzogin auf 4,4 Millionen Euro. Über Prinz Harry weiß man, dass ihm aus Erbschaften seiner Mutter und seiner Urgroßmutter, der Queen Mother, rund 34,7 Millionen Euro zugeflossen sind.

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