Vom Siegeszug der Selfie Sticks: Hand(y) aufs Herz
Bei Selbstporträts mit dem Handy, sogenannten Selfies, stört vor allem eines - der eigene Arm im Bild. Abhilfe schaffen spezielle Selfie-Stangen, die vor allem bei Touristen beliebt sind. Doch auch die Hilfsmittel haben ihre Tücken.
Die einen schießen sie in der Umkleidekabine, die anderen im Fitnessstudio und so mancher sogar nach dem Sex. Die Rede ist von Selfies, mit dem Smartphone aufgenommenen Selbstporträts, für die so mancher sein Handy inzwischen häufiger nutzt als für einen Anruf. Wäre da nicht ein Problem: der ausgestreckte Arm. Denn wie man das Handy dreht und wendet, irgendwie ist der meistens doch zu sehen. Eine Marktlücke, die inzwischen zahlreiche Hersteller mit einer Stange schließen wollen - dem sogenannten Selfie Stick.
Ursprünglich stammen diese Sticks aus dem Bereich der Extrem-Sportarten
Das Prinzip ist einfach: Das Handy oder die Kamera werden ans Ende eines ausklappbaren Stabes geschnallt, bis das Gerät hoch oder weit genug in der Luft schwebt, um ein Foto ohne sichtbar ausgestreckten Arm zu schießen. Über Bluetooth oder einen Knopf an der Stange wird schließlich das Bild ausgelöst. „Ursprünglich stammen diese Sticks aus dem Bereich der Extrem-Sportarten“, sagt Medienexperte Christian Stiegler von der Karlshochschule in Karlsruhe. Sportler nutzen die Stangen, die wie Stative funktionieren, ihm zufolge schon lange, um sich bei ihren Aktivitäten abzulichten. Vorläufer der Selfie Sticks für Nicht-Sportler seien zuerst in Südostasien im Einsatz gewesen.
Inzwischen sind die künstlichen Armverlängerungen längst auch vor Sehenswürdigkeiten von Rom bis Berlin zu sehen. Touristen seien vorm Brandenburger Tor zu Hauf mit den Selfie Sticks unterwegs, wie ein Sprecher von Tourismusverband Visit Berlin erzählt. „Das grassiert hier auch. Gerade Besucher aus dem asiatischen Raum werden häufig damit gesichtet.“ Der Trend ist auch im Handel angekommen: Elektronikketten Media-Saturn haben bereits Selfie Sticks im Sortiment. Und die sind nicht immer billig: Ein Modell des Kamera-Herstellers Rollei, das Ende 2014 auf den Markt kam, ist für etwa 45 Euro zu haben. Günstige Stäbe im Sortiment liegen nach Media-Saturn Angaben bei 13 Euro.
Die Idee kam dem Entwickler bei einer Hochzeit
Die Nachfrage scheint sogar so groß, dass es in Großbritannien schon ein eigenes Selfie-Stick-Unternehmen gibt. „Wir sind auf der Hochzeit eines Freundes auf den Philippinen auf die Idee gekommen“, erzählt Mit-Gründer Neil Harvey. „Wir sahen eine Menge Leute, die sie benutzten. Als wir zurück nach England kamen, ist uns klar geworden, dass sie dort niemand benutzte oder kannte.“ Im August 2014 starte er zusammen mit Partner Steve Pengilley das Unternehmen Selfie Pods. Inzwischen gibt es neben den klassischen Stangen auch solche mit integrierter Handy-Ladestation oder Modelle für Sportler.
„Die Nachfrage war wesentlich größer als wir erwartet hatten“, sagt Harvey. Kurz vor Weihnachten seien die Lager nahezu leer gewesen. „Die Verkäufe im Dezember waren ungefähr zehnmal höher als die im November.“ Die Stangen sind bereits so populär, dass sie bei Twitter & Co. unter einem eigenen Suchbegriff (#selfiestick) zu finden sind.
Die Vorteile liegen auf der Hand: Nie wieder einen Fremden um ein Foto bitten müssen - und fürchten, dass er kurz darauf mit der Kamera das Weite sucht. Und: Anders als bei herkömmlichen Selfies sind statt überdimensionaler Köpfe auch Landschaft oder Bauwerke zu sehen.
Dennoch würde für die Stange nicht jeder eine Lanze brechen: „Der Selfie-Stick ist die neue Handy-Gürteltasche“, lästert etwa eine Twitter-Nutzerin. „Wenn man nicht gerade Selfies macht, was stellt man damit an?“, fragt eine andere. „Ihn herumtragen und so tun, als sei es ein Gehstock - oder eine Krücke?“ Und Hand(y) aufs Herz: Statt des ausgestreckten Arms ist bei den meisten Selfies die Stange prominent im Bild. „Selfie Sticks sind sich natürlich in ihrer Bauweise relativ ähnlich, sie sind reproduzierbare Massenware, die zumindest was Perspektive und Distanz angeht, immer ähnliche Ergebnisse liefern wird“, gibt Experte Stiegler zu bedenken. „Dadurch geht den digitalen Selbstporträts ein wesentliches Charakteristikum der Spontanität verloren.“ Eine Garantie für ein gelungenes Foto sei die Stange nämlich noch lange nicht. „Jeder, der schon mal wirklich professionelles Bildmaterial gesehen hat, wird den Unterschied erkennen.“ (dpa)
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