Flüchtlinge in Griechenland: Halt auf Lesbos
Rund 1000 Flüchtlinge landen derzeit täglich auf der griechischen Insel Lesbos. An einer Küste, die für Urlauber ein Paradies ist. Für einen Moment ist es das auch für die Gestrandeten.
Für viele Flüchtlinge sind es Momente des Überschwangs der Gefühle, kurze Momente. „Manche weinen vor Glück, andere lachen, eine fast schon skurrile Situation“, schildert Erik Marquardt die Ankunft Geflüchteter an der Nordküste von Lesbos. Der Bundessprecher der Grünen Jugend ist gemeinsam mit dem Berliner Fotografen Björn Kietzmann auf die griechische Insel gereist, um sich selbst ein Bild zu machen. Etwa 1000 Asylsuchende kommen täglich hier an, aus Syrien, aus Afghanistan, dem Irak. Für die Überfahrt in den oft völlig überfüllten Schlauchbooten haben sie in der Regel 1000 Euro pro Person an die Schlepper bezahlt. Einige Flüchtlinge gönnen sich kurze Verschnaufpausen, lassen ihre Kinder im Meer planschen, wie Erik Marquardt beobachten konnte. Dann muss es weitergehen.
Einen beschwerlichen und gefährlichen Fluchtweg haben die Menschen, von denen viele vor dem Krieg geflohen sind, schon hinter sich. „Aber die meisten wissen gar nicht, was sie noch alles vor sich haben“, sagt der Grünen-Politiker Marquardt. Das fängt auf Lesbos an. Um weiter zu dürfen auf das griechische Festland, müssen sie sich registrieren lassen im Verwaltungszentrum der Insel, Mytilini. Der Weg dorthin ist mehr als 50 Kilometer lang. Täglich fahren nur wenige Busse, das reicht längst nicht für alle. Die meisten müssen sich zu Fuß auf den Weg machen, die bergige Landstraße entlang, um nach tagelangem Warten und mit den richtigen Papieren in eine der großen Fähren nach Athen zu dürfen. Warten dort, das heißt laut Marquardt auch „erbärmliche Bedingungen“.
Das Bildungszentrum Kara Tepe auf Lesbos ist in eine vorübergehende Flüchtlingsunterkunft mit 1000 Plätzen umgewandelt worden, auch das reicht wieder nicht. Viele schlafen unter freiem Himmel und suchen bei Temperaturen tagsüber von mehr als 30 Grad Schattenplätze in der Nähe. Und auch der Weg nach Mytilini ist alles andere als leicht: Viele haben nicht genug Trinkwasser dabei, dehydrieren. Schon im Juni hatte das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR berichtet, dass die steigende Anzahl von Flüchtlingen, die in Schlauch- und Holzbooten auf Lesbos ankommen, zu Ressourcen- und Kapazitätsengpässen führe. Damals kamen täglich etwa 600 Flüchtlinge auf griechischen Inseln an, die Hälfte davon auf Lesbos. Marquardt will bei der Reise auch ausloten, wie man konkret helfen kann.
Marquardt will in den nächsten Tagen der Fluchtroute weiter folgen, mindestens bis an die griechisch-mazedonische Grenze. Viele der Geflüchteten wollen nicht in Griechenland bleiben. Sie wissen um die ökonomisch schwierige Situation im Land. Die griechischen Behörden lassen sie meist ungehindert weiterziehen. Deutschland ist eines der Zielländer, auch wenn sich herumgesprochen hat, dass es auch hier nicht ganz leicht wird. Marquardt sagt, ein junger Flüchtling aus Damaskus habe ihm, informiert über die Lage in Sachsen, die Frage gestellt: „Was hat Pegida gegen uns?“