Axl Rose und Slash wiedervereint: Guns'N'Roses mit überraschendem Comeback-Konzert
Sie galten einst als größte und gefährlichste Band der Welt - jetzt sind sie wieder da. Nach mehr als 20 Jahren kehren Axl Rose und Slash als Guns N' Roses zurück - früher als gedacht.
Es muss irgendwann in den Nuller-Jahren gewesen sein. Ein Bus irgendwo in Norddeutschland, auf der Rückbank eine Horde Teenager. Eins der Mädchen hatte ein Magazin, wahrscheinlich eine „Bravo“, in der Hand und las aus der Foto-Love-Story vor. Es ging um eine Gruppe Jungs, die wohl irgendwie rockig ausgesehen haben haben müssen. „Ist das hier ein Axel-Rose-Contest?“, las das Mädchen seinen Freundinnen vor - sehr laut und mit deutscher Aussprache. Dann schaute es verdutzt auf. „Was ist denn Axel Rose?“ Ahnungsloses Schulterzucken.
Es gibt junge Menschen, die nicht wissen, wer Axl Rose ist, die nichts anfangen können mit Namen wie Duff McKagan, Izzy Stradlin und vielleicht noch nicht einmal mit Slash, die in eine aus „Paradise City“ vertriebene Menschheit hineingeboren wurden, in der die Band Guns N' Roses nur noch ein Schatten ihrer selbst war und nichts mehr gemein hatte mit den Musikern, die den Rock 'n' Roll-Lifestyle einst so sehr verkörperten, dass sie zum fleischgewordenen Klischee wurden.
Ein Teil dieser Musiker ist jetzt wieder da. Am späten Freitagabend (Ortszeit) sollen Rose, Slash und McKagen, wie Videos und Fotos im Internet zeigen, ihr erstes gemeinsames Konzert seit mehr als 20 Jahren gegeben haben - ein kleiner Auftritt im „Troubadour“, einem Club in Los Angeles, in dem sie vor Jahrzehnten aufgetreten waren, bevor ihr Album „Appetite For Destruction“ von 1987 sie zu einer der größten Rockbands aller Zeiten machen sollte.
Das Management äußerte sich bis zum Sonntag nicht zu dem Konzert. Kurze Sequenzen, die im Netz verbreitet wurden, zeigen einen etwas in die Jahre gekommenen Axl Rose, einen Slash, der Dank schwarzem Zylinder, schwarzer Sonnenbrille und schwarzer Lockenpracht alterslos wirkt - und eine jubelnde Menge. Auch Bilder der angeblichen Songliste machen in sozialen Netzwerken und dem einzigen deutschen und gemeinhin gut informierten Fanforum „Gunsnrosesonline“ die Runde. Demnach soll die Band Klassiker gespielt haben wie „Welcome To The Jungle“, „Live And Let Die“, „Knockin' On Heaven's Door“ - und als Zugabe „Paradise City“.
Seit den frühen Morgenstunden hatten Hardcore-Fans vor dem Ticketverkauf ausgeharrt. Die Gerüchte um einen verfrühten Tourstart hatten sie schon in der Dunkelheit der frühen Morgenstunden auf die Straße getrieben.
Nordamerika-Tour mit dem Titel "Not In This Lifetime" angekündigt
Zeitgleich mit der Ankündigung der Überraschungsshow genau eine Woche vor dem geplanten großen Wiedervereinigungskonzert am 8. April in Las Vegas hat die Band auch die Daten für ihre Nordamerika-Tour bekannt gegeben - und den Titel der Tournee: „Not In This Lifetime“ heißt sie, „Nicht in diesem Leben“. Das war Axls Antwort, wenn er in den vergangenen Jahren nach einer Wiedervereinigung der Band und einem gemeinsamen Auftritt mit Slash gefragt wurde.
Ein ironischer Titel, denn jetzt sollen es mindestens 25 weitere Konzerte werden. Bislang sind nur Daten für die USA und Kanada bekannt. Ob noch weitere vielleicht sogar in Europa folgen, ist unklar. Hartnäckig halten sich Gerüchte, die Band werde im Sommer für ein Konzert nach Deutschland kommen - auf den Hockenheimring vielleicht. „Bisher gab es keine offizielle Anfrage eines Veranstalters“, sagt eine Sprecherin.
Nach Jahren des Streits, der Skandale und Prozesse ist die Reunion von Guns 'N Roses eine, die jahrzehntelang als so unwahrscheinlich galt wie früher eine Wiedervereinigung aller vier Beatles. Und so bäumt sich nun also eine längst vergangene Ära wieder auf, eine Zeit, in der es für Rockbands zum guten Ton gehörte, in regelmäßigen Abständen mit dem Gesetz in Konflikt zu kommen, zu pöbeln und sich exzessiv dem Rausch hinzugeben. Alkohol, Sex, Drogen - und Musik.
„Natürlich bedienten Guns N' Roses das „Sex, Drugs and Rock'n'Roll“-Klischee, aber anders als bei vielen anderen Bands war bei ihnen nichts daran aufgesetzt“, sagt Birgit Fuß, Redakteurin beim „Rolling Stone“. „Die fünf Typen kamen wirklich aus der Gosse, lebten von Whiskey und Zigaretten und übernachteten bei Prostituierten, die es gut mit ihnen meinten.“
„Es war mit Sicherheit die letzte große Mainstream-Rockband, die es innerhalb kürzester Zeit geschafft hat, Stadien zu füllen“, sagt Frank Thiessies vom „Metal Hammer“. „Sie hatten eine gewisse Ehrlichkeit. Das letzte Aufbäumen des goldenen, gotthaften Rockstar-Mythos' personifizierte sich in dieser Band und wurde bis zum Exzess getrieben.“
Mit ihrer Wiedervereinigung sei in der Rockgeschichte kaum etwas zu vergleichen, sagt er - außer vielleicht Aerosmith, die nach einer Versöhnung einen zweiten Frühling schafften. Ob dies auch Guns N' Roses vergönnt sein wird, da hat er Zweifel. Bei der geplanten Tour soll es um astronomische Summen gehen. „Vielleicht ist das dann der gemeinsame Nenner, auf den man sich verständigen kann. Ob das wieder für magische Bühnenmomente sorgt, ist die andere Frage.“
Wichtiger sei aber etwas Anderes: „Die große Frage ist: Wie passt ein damaliges Phänomen wie Guns N' Roses in eine entmystifizierte Rock-Zeit?“, sagt Thiessies. Das Coachella-Festival, bei dem die Band Mitte April auftreten will, werde das zeigen. „Man wird schauen müssen, wie Guns N' Roses zu diesem Inbegriff des musikalischen Hipster-Tum passen und ob das zusammengeht. Vielleicht stehen da viele auch verdutzt da und wissen gar nicht, was sie damit anfangen sollen.“ (dpa)