Gesundheit: Geld allein macht nicht gesund
Westliche Gesundheitskampagnen in armen Ländern können auch Schaden anrichten, sagt eine Studie.
Die Zahlen sind eindrucksvoll: Der "Globale Fonds" zur Bekämpfung von Aids, Malaria und Tuberkulose sieht sich verantwortlich für die Rettung von rund 3,5 Milliarden Menschen seit 2003. Ohne das über den Globalen Fonds in 137 Ländern investierte Geld wären sie an Aids, TB oder Malaria gestorben, heißt es im Jahresbericht 2008. Eine ähnliche Erfolgsbilanz reklamiert die Globale Allianz für Impfungen (Gavi) mit rund 3,4 Milliarden geretteten Menschen für sich. Doch ob die großen Summen, die seit etwa dem Jahr 2000 in diese oder vergleichbare krankheitsspezifische globale Gesundheitsinitiativen (GHI) geflossen sind, die Gesundheitssysteme in Empfängerländern gestützt haben, ist umstritten.
Die Fachzeitschrift "The Lancet" hat am Freitag zwei Studien veröffentlicht, die belegen, dass es sowohl positive als auch negative Effekte auf die Gesundheitssysteme armer Länder gegeben hat. Während die Verfasser der Studie, an der die Weltgesundheitsorganisation (WHO) beteiligt war, in Äthiopien und Malawi beispielsweise positive Wirkungen der Investitionen in GHIs auch auf die Müttersterblichkeit und Schwangerenvorsorge festgestellt haben, stellten sie in anderen Ländern sinkende Investitionen in die Bekämpfung beispielsweise von Aids fest. Das war etwa in Kenia, Ruanda und Sambia der Fall. Tim Evans von der WHO wird von der Nachrichtenagentur AP denn auch mit der Feststellung zitiert, es sei ein "sehr schwieriges wissenschaftliches Dilemma", nachzuweisen, inwieweit die GHIs Leben gerettet hätten. In den Schlussfolgerungen schlagen die Autoren vor, mit ähnlicher Energie wie die GHIs künftig auch die Stärkung der nationalen Gesundheitssysteme zu betreiben. Bisher sei da ein "Mangel an Dynamik" zu beklagen. Zudem sollten die Ziele der GHIs und die nationale Gesundheitsplanung besser aufeinander abgestimmt werden, verlangen die Autoren.
Der Globale Fonds hat schon 2005 erkannt, dass es zwischen den von ihm geförderten Programmen und den jeweiligen Gesundheitssystemen zu Problemen kommen kann. Seither stellt er auch Mittel zur Verfügung, um die Ziele besser aufeinander abzustimmen. Dennoch hat beispielsweise die grüne Bundestagsabgeordnete und frühere Staatssekretärin im Entwicklungsministerium, Uschi Eid, beobachtet, dass selbst in Staaten mit einer geringen Ausbreitung des HI-Virus, das zu Aids führt, gewaltige Anti-AidsProgramme aufgelegt worden sind. Als ein Beispiel nannte sie vor kurzem bei einer Veranstaltung das westafrikanische Burkina Faso. Dort sei das HI-Virus in weniger als einem Prozent der Bevölkerung verbreitet, doch die nationale HIV-AidsKampagne verfügt seit kurzem über einen Verwaltungsprachtbau in der Hauptstadt Ouagadougou. Ähnliches berichtet der Hebammenverband aus Malawi.
Auch in Äthiopien, dessen Müttersterblichkeit zu den höchsten der Welt zählt, haben die Investitionen in GHIs keineswegs nur positive Wirkungen für das Gesundheitssystem gehabt. Dort gibt es Regionen, in denen die Regierung zwar antiretrovirale Medikamente, bezahlt vom Globalen Fonds, ausgibt, doch Gesundheitsstationen, um auch nur eine hebammenbegleitete Geburt zu ermöglichen, oder einfachste Krankheiten zu behandeln, gibt es vielerorts bis heute nicht.