Matthies meint: "Game of Thrones" - oder Sex, Gewalt und schlechtes Wetter
Bernd Matthies outet sich: Für "Game of Thrones" hat er herzlich wenig übrig. Daran ändert auch ein Projekt der TU München nichts.
Der kommende Sonntag spaltet die Deutschen wieder einmal in zwei Fraktionen, wie sie unpolitischer nicht sein könnten. Nämlich in jene, die "Oh Gott, endlich geht es weiter!" stöhnen, und jene, denen dazu nur ein ratloses "Häh?" einfällt. Die einen hängen an Jon Snows Lippen, die anderen fragen "Jon wer?". Die sechste Staffel von "Game of Thrones" beginnt, und ich bekenne ehrlich: Das Sehen einer Viertelfolge ganz am Anfang hat mich tief in der Häh-Fraktion verankert.
Möglicherweise ist das genetisch bedingt, denn beim "Herrn der Ringe" bin ich ständig eingeschlafen, und die letzte Star-Wars-Folge habe ich soeben im Flieger aus den Augenwinkeln beim Sitznachbarn gesehen und dachte, okay, auch abgehakt. Sollen sie halt aufeinander eindreschen mit ihren Laserdingern, aber ohne mich.
Wichtiger scheint mir aber, hier wertfrei auf eine Arbeit von Informatikstudenten der TU München hinzuweisen, die jetzt das Internet nach Informationen über "Game of Thrones" durchforstet und daraus Prognosen über den Fortgang der Handlung abgeleitet haben. Ihr Algorithmus hat 74 Prozent der bisherigen Todesfälle in der Serie richtig vorhergesagt, und er sagt nun: Ramsey Snow stirbt mit 64-prozentiger Wahrscheinlichkeit, sein Todfeind Theon Greyjoy mit 74-prozentiger. Auch zur entscheidenden Frage, ob Jon Snow überlebt hat, findet sich dort eine Zahl – sie schaut sehr, sehr gut aus für ihn.
Dürfen wir von einem epochalen Durchbruch sprechen? Entscheidend wäre vermutlich, ob die Methode auch die Zukunft deutscher Tatort-Kommissare vorhersehen kann. Wie viele Jahre wird Lena Odenthal noch, schlecht gelaunt, durchhalten? Wie hoch sind die Wahrscheinlichkeiten dafür, dass Freddy Schenk und Max Ballauf an einer Currywurst ersticken?
Um auf "Game of Thrones" zurückzukommen: Barack Obama persönlich hat gefragt, ob er die neue Staffel vorab zu sehen bekommt, es muss sich also auch sonst niemand dieser Neigung schämen. Der Inhalt? Sex, Gewalt, schlechtes Wetter, glaube ich. Um es mit Tyrion Lannister, einem der Hauptakteure, zu sagen: "Wo immer du bist, wo immer du hingehst – irgendjemand will dich umbringen." Vermutlich mag der Präsident die Serie deshalb, denn es geht in Westeros und Essos offenbar viel ruhiger und mitmenschlicher zu als in Washington D.C. Und Politik können sie auch in der TU München nicht vorhersagen.
Bernd Matthies