Bischof von Limburg: Franz-Peter Tebartz-van Elst steht mit dem Rücken zur Wand
Der Bischof von Limburg, Franz-Peter Tebartz-van Elst, steht im Sturm der Kritik – jetzt ist der Abgesandte des Vatikan da. Der Bischof hatte den neuen Wind aus Rom nicht rechtzeitig verstanden. Andere wie Kardinal Reinhard Marx sind rechtzeitig auf die Seite der neuen Bescheidenen gewechselt.
Die katholische Kirche ist keine demokratische Veranstaltung. Kein Bischof muss sich einer Wahl von unten stellen oder sein Programm rechtfertigen. Katholische Würdenträger werden von oberster Stelle ernannt und berufen sich bei ihrer Amtsausübung auf göttlichen Rückenwind. Im säkularen Deutschland ist das immer schwerer zu vermitteln – zumal der Widerspruchsgeist gegen kirchliche Bevormundung hierzulande schon immer stärker ausgeprägt war als bei den Nachbarn, was auch mit der protestantischen Prägung des Landes zu tun hat.
Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst ist dem neuen Furor ausgesetzt
Die massive Kritik und der Furor gegen den Limburger Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst zeigen, dass sich auch viele Katholiken nicht mehr einfach so damit abfinden, dass ihre Meinung nicht zählt und über ihre Köpfe hinweg gewirtschaftet wird. Am Freitag hatten die Katholiken des Bistums dem Bischof einen offenen Protestbrief mit 4400 Unterschriften überreicht. Sie beklagen eine tiefe Vertrauenskrise, kritisieren den Führungsstil des Bischofs und fordern ihn auf, „umgehend einen anderen Weg einzuschlagen“.
Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst liebt prunkvolle Inszenierungen
Anlass für die Kritik ist das neue Palais, das sich Tebartz-van Elst bauen ließ. Es kostete nicht die anfangs veranschlagten zwei Millionen Euro, sondern mindestens das Fünffache, vermutlich aber das Zehnfache. Genau weiß das vermutlich nur der Bischof, doch der schweigt. Außerdem hat die Staatsanwaltschaft Hamburg gerade ihre Ermittlungen gegen den Bischof wegen eidesstattlicher Falschaussage abgeschlossen. Mit einem Ergebnis wird Ende September gerechnet. Es ging um einen Flug nach Indien, wo sich der Bischof in Slums umsehen wollte. Er behauptet, zweiter Klasse geflogen zu sein, mittlerweile ist aber erwiesen, dass er sich mit Bonusmeilen seines Generalvikars in die Erste Klasse umbuchen ließ. Die Flug-Affäre bestärkte viele Kritiker in ihrem Bild. Sie werfen dem Bischof Geldverschwendung und einen Hang zum Luxuriösen vor. Auch seine weihrauchtriefenden Messen und prunkvollen Inszenierungen stoßen im Bistum nicht auf Gegenliebe. Sein autoritärer Führungsstil habe ein „Klima der Angst“ erzeugt, heißt es.
Papst Franziskus ist angetreten, in der Kirche aufzuräumen
Unterschriften wurden auch schon für die Abschaffung des Zölibats gesammelt, für die Priesterweihe von Frauen oder vor zwanzig Jahren für den Verbleib der Kirche in der Schwangerenkonfliktberatung. Bewirkt haben die Unterschriften nie etwas. Das ist diesmal anders. Und das macht die Angelegenheit zunehmend spannend. Denn nun hat der Vatikan einen Abgesandten geschickt, der sich ein Bild davon machen soll, was schiefläuft in Limburg, wie tief die Kluft ist zwischen Bischof und Gläubigen und wie groß die Chance, dass der Bischof das Bistum wieder einen kann. Am Montag war Kardinal Giovanni Lajolo in Limburg angekommen. Er kennt sich gut aus mit den deutschen Verhältnissen. Von 1995 bis 2003 war er Botschafter des Vatikan in Berlin, danach vatikanischer Außenminister. Momentan sitzt er der Kongregation der Bischöfe vor. Bis Sonntag spricht er fast im Stundentakt mit Bistumsleitung, mit anderen Ebenen des Bistums sowie den Laien.
Bescheidenheit ist jetzt angesagt
So etwas gab es bislang noch nicht in der katholischen Kirche in Deutschland. Vatikan und Bistum betonen zwar einmütig, dass es sich bei dem Besuch noch nicht um eine Apostolische Visitation handle, die faktisch einer Entmündigung des Bischofs gleichkäme. Eine Vorstufe aber ist es schon. Rom tut sich meistens schwer damit, interne Auseinandersetzungen in einem Bistum durch die Absetzung des Bischofs zu beenden. Doch Papst Franziskus hat gerade in Slowenien hart durchgegriffen und nach einem Finanzskandal zwei Erzbischöfe entlassen. Tebartz-van Elst wird vorgeworfen, womöglich auch gegen das Kirchenrecht verstoßen zu haben, weil er sich die Ausgaben für sein Bischofspalais von Rom hätte genehmigen lassen müssen, dies aber nicht getan habe. Auch dies dürfte Kardinal Lajolo und Papst Franziskus interessieren.
Das Kreuz mit dem Luxus
Franziskus ist angetreten, mit Vetternwirtschaft und Filz in der Kirche aufzuräumen und eine neue Offenheit, Transparenz und Bescheidenheit einzuführen. Viele Katholiken nehmen ihm ab, dass er es ernst meint, da er selbst auf Prunk verzichtet. Pompöse Inszenierungen sind ihm verhasst. Nach wie vor zieht er eine kleine Gästewohnung den päpstlichen Gemächern im Vatikan vor, und wenn Bischöfe in Luxuskarossen vorfahren, macht ihn das skeptisch.
Die Kardinäle rücken von Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst ab
Der neue Wind aus Rom weht bis nach Deutschland. Auch etliche Bischöfe hier überlegen nun, ob sie nicht auf einfachere Mittelklassewagen umsteigen sollen, auch wenn sie dafür teurere Leasing-Verträge in Kauf nehmen müssten. Tebartz-van Elst hat die Zeitenwende offenbar zu spät bemerkt, vielleicht hoffte er auch, er könnte sich darunter wegducken. Andere haben schneller begriffen, wo es in Zukunft hingehen wird. Sie rücken nun von ihren Kollegen in Limburg ab, was ebenfalls ein bemerkenswerter Vorgang ist, denn traditionell tun sich die deutschen Bischöfe schwer mit öffentlicher Kritik an einem Mitbruder. Vor kurzem hatte der Kölner Kardinal Joachim Meisner bei einem Treffen des Ständigen Rates der Deutschen Bischofskonferenz vergeblich versucht, seine Kollegen zu einer Solidaritätsadresse für Tebartz-van Elst zu bewegen. Unter Papst Benedikt XVI. wäre so etwas nicht passiert. Meisner galt als Vertrauter Benedikts und kaum ein Bischof wagte, ihm zu widersprechen. Doch die Ära Meisner geht zu Ende. Im Dezember wird Meisner 80 Jahre alt und wird vermutlich sein Amt abgeben.
Kardinal Reinhard Marx residiert in einem Palais, das für 8,7 Millionen Euro saniert wurde
Auch der Mainzer Kardinal Lehmann rückte von Tebartz-van Elst ab und nannte den Besuch aus Rom öffentlich ein „Alarmzeichen“. Lehmann rechnet nicht damit, dass sich Tebartz als Bischof wird halten können. Jetzt legte auch der Münchner Kardinal Reinhard Marx nach. Marx ist nicht nur in der Deutschen Bischofskonferenz eine wichtige Stimme, sondern auch Mitglied im Beratergremium von Papst Franziskus. Ihm tue „weh, was im Bistum Limburg passiert“, sagte er der „Zeit“ und forderte „Aufklärung und Offenheit“.
„Eine Institution, die nicht mehr dient, sondern sich lediglich selber stark und fett macht, schadet am Ende allen.“ Das sind starke Worte, zumal der Münchner Kardinal selbst kein Beispiel für große Bescheidenheit ist. Er residiert in einem Rokoko-Palais in der Münchner Innenstadt, das gerade für 8,7 Millionen Euro saniert wurde. Der Kardinal bewohne darin aber nur drei Zimmer, beteuert sein Sprecher.
Wird die Katholische Kirche immer evangelischer?
Auf die Gläubigen hören, keine selbstherrlichen Entscheidungen mehr, Kritik ertragen und demütig sein – es sind neue Töne, die da zu hören sind im deutschen Episkopat. Und fast klingt es so, als würde die katholische Kirche in Deutschland ein bisschen evangelischer.