Zum 100. Todestag des österreichischen Kaisers: Franz Joseph I. und des Kaisers viele Kleider
Wien feiert Kaiser Franz Joseph I. zum 100. Todestag. 68 Jahre lang regierte er Österreich-Ungarn - so lange wie kein anderer. In der Ausstellung anlässlich seines Todestages gebt es aber auch um Sisi.
Franz Joseph I. war der vorletzte Regent aus der über ein halbes Jahrtausend Österreich beherrschenden Dynastie der Habsburger. Keinem von ihnen war es vergönnt, so lange zu regieren wie er: 68 Jahre. Als „der Kaiser“, wie er für Generationen von Untertanen einfach hieß, die nichts anderes kannten an der Spitze des austro-ungarischen Imperiums, vor 100 Jahren starb, hatte seine Lebenszeit einen rascheren und dramatischeren Epochenwechsel als je zuvor in der Geschichte umfasst. Und schon die Schienen für den nächsten gelegt, der 1918 auch mit dem Untergang des Habsburgerreiches Europa die „neue Zeit“, aber keinen Frieden brachte.
Und so ist eine Großausstellung über Franz Joseph auch ein Porträt dieses dramatischen Wandels, den diese wichtige historische Figur miterlebte, zum Teil kaschierte, zum Teil zulassen musste, aber selten wirklich aktiv zu prägen versuchte. Franz Joseph sah sich selbst in seinem streng disziplinierten Arbeitsleben als der oberste Beamte des Landes, wo die penible Korrektheit Lebens- und Regierungsprinzip war. Seine Haltung galt schon vielen Zeitgenossen als Makel, anderen aber als Rettungsanker im Umbruch.
270 Objekte in den Privaträumen des Kaisers
Die Ausstellung ist auf vier Orte in Wien und Umgebung verteilt. Ihr Mittelpunkt ist das Schloss Schönbrunn, wo Franz Joseph geboren wurde, mehr Zeit als in der Wiener Hofburg, dem einstigen Machtzentrum des Riesenreiches, verbrachte, und auch starb. Hier sind 270 Objekte ausgestellt, großteils zum ersten Mal und auch in Privaträumen des Kaisers, die sonst nicht öffentlich zugänglich sind.
Die nie überladene Präsentation umfasst viele Insignien der Macht, wie etwa die Unzahl von Uniformen und Prachtgewänder, die oft nur für einen einzigen Anlass für den für damalige Verhältnisse körperlich großen, ja mit seinem späteren Backenbart imposanten Regenten geschneidert und von ihm getragen wurden. Dazu die einfachen Jagd- und Trachtenanzüge, die er privat bevorzugte. Die Kosten dieser Garderobe dürften immens gewesen sein, wie die für die Leibfriseure.
Am auffälligsten ist der staatliche Prunk vielleicht am Fuhrpark des Hauses Habsburg in der Kaiserlichen Wagenburg, einer Dependance von Schönbrunn: Die mit Schnitzereien und Blattgold verzierten Galawägen wurden von bis zu acht Pferden gezogen, für jeden der vielen Anlässe gab es eigene. Auch der schwarze Leichenwagen ist zu sehen, in dem Franz Joseph am 30. November, neun Tage nach seinem Tod, durch die Straßen Wiens geführt wurde, ein Film von damals zeigt, wie das Land von ihm und der Epoche Abschied nahm.
Der Kaiser hatte Geliebte
Im Gegensatz dazu stehen die vom Kaiser privat genutzten Gegenstände, die eher bescheiden wirken. Schönbrunn präsentiert in 15 Teilen das Leben des Kaisers, das am Beginn keine Elektrizität kannte, am Ende aber Flugzeuge und Autos, rasanten Fortschritt auf fast allen Gebieten, aber auch Massenvernichtungswaffen und Massenelend. Die Schau umfasst die glückliche Kindheit mit Spielzeug, eigenen Zeichnungen und Briefen wie den bald eintretenden Ernst des Lebens: Die Revolution von 1848 und seiner Thronbesteigung als 18-Jähriger. Die Hochzeit mit Elisabeth, der bayerischen Prinzessin, im Lande bald vergöttert als „Sisi“.
Dann der „Ausgleich“ mit den aufsässigen Ungarn 1867, die industrielle Revolution und die soziale mit wichtigen Figuren, unter anderen des Wiener Bürgermeisters Karl Lueger und des Sozialistenführers Viktor Adler. Dazwischen die verlorenen Kriege in Italien und gegen Preußen (1866). Und die privaten Schicksalsschläge: Der Freitod des einzigen Sohnes Rudolf, die Ermordung der sich von ihm schon lange entfremdeten Gattin und schließlich die Ermordung des Thronfolgers Franz Ferdinand, der Anlass zum Ausbruch des Ersten Weltkriegs wurde.
In all den Jahren tat Franz Joseph unermüdlich Dienst, allerdings auch immer verschrobener bis hin zur Marotte der ersten Audienzen um fünf Uhr früh im winterlich stockfinsteren Schönbrunn. In den Ausstellungsräumen mischen sich Staatsdokumente mit Postkarten, Prunkkästchen mit Kaffeehäferln. Ein Kuriosum der Sammlung, die auch die Geliebten des Kaisers nicht auslässt, ist eine seiner Unterhosen.
„Es war sehr schön, es hat mich sehr gefreut.“
Der Ausstellung gelingt die Vermittlung der öffentlichen und privaten Persönlichkeit des Kaisers, sie erliegt nicht der Versuchung, ihn aus heutiger Sicht zu dekonstruieren oder gar zu denunzieren, verschweigt aber auch die Schwächen nicht, die mit und durch ihn auch die des Landes waren.
Höchstens, dass Franz Joseph als Oberbefehlshaber der k.u.k.Armee auch eine Mitverantwortung für von ihr verübte, teilweise erst vor Kurzem bekannt gewordene, Gräuel in Italien und Galizien hatte. Für diese Ausstellung gilt in gewisser Weise das, was er nach jeder Audienz, jedem Kontakt mit dem Volk zu sagen pflegte: „Es war sehr schön, es hat mich sehr gefreut.“
Sonderausstellung Franz Joseph I. zum 100. Todestag. Bis 27. 11. tägl. 10-18 Uhr, in Schloss Schönbrunn und drei weiteren Orten in und um Wien. Kombiticket 25 Euro.
Reinhard Frauscher
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