Gesellschaft für deutsche Sprache: „Flüchtlinge“ zum Wort des Jahres 2015 gekürt
Das Wort "Flüchtlinge" ist zum Wort des Jahres gekürt worden und folgt damit Wörtern wie "Lichtgrenze" und "Stresstest".
Das Wort des Jahres 2015 lautet „Flüchtlinge“. Der Begriff sei stark im deutschen Wortschatz verankert und bringe die zentrale gesellschaftliche Diskussion auf den Punkt, begründete die Gesellschaft für deutsche Sprache (GfdS) in Wiesbaden am Freitag die Entscheidung. Auf Rang zwei landete „Je suis Charlie“, der weltweite Solidaritätsslogan nach dem Terroranschlag auf das Satiremagazin „Charlie Hebdo“ am 7. Januar in Paris. Auf Rang drei folgte „Grexit“, das Wortgebilde für die Diskussion um einen Austritt des krisengeschüttelten Griechenlands aus der Eurozone.
Das Wort „Flüchtlinge“ sei auch sprachwissenschaftlich interessant, sagte der GfdS-Vorsitzende Prof. Peter Schlobinski. „Das „ling“ hat ja einerseits eine passive Komponente, wie in dem Wort Findling, und auf der anderen Seite eine leicht negative wie bei Emporkömmling.“ In Kreisen, die besonders auf politische Korrektheit achteten, werde daher oft der Begriff „Geflüchtete“ bevorzugt. „Ich glaube, dass Flüchtling letztlich bleibt, dass Geflüchtete keine Chance hat“, sagte Schlobinski.
Die Jury hatte aus rund 2500 Vorschlägen einen Begriff gewählt, der das politische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Leben eines Jahres sprachlich besonders bestimmt hat. „Und wir wollten natürlich gesellschaftspolitisch ein Zeichen setzen“, erklärte Schlobinski. Das zweitplatzierte „Je suis Charlie“ stehe für die weltweite Solidarität für die Pressefreiheit und gegen religiösen Fanatismus. Und der Satz spiele ebenfalls sprachwissenschaftlich eine Rolle. „Normalerweise entlehnen wir ja sehr viel aus dem Englischen, jetzt haben wir - sehr selten - etwas aus dem Französischen“, sagte der GfdS-Vorsitzende.
2014 war die Berliner „Lichtgrenze“ zum Mauerfall-Jubiläum das Wort des Jahres. Es ging um eine Kunstinstallation, bei der beleuchtete Ballons auf rund 15 Kilometern Länge den einstigen Verlauf der Berliner Mauer nachzeichneten. Den sprachlichen Nerv der Zeit hatten in den Jahren zuvor - nach dem Urteil der Jury - die Abkürzung GroKo (2013), die Rettungsroutine (2012) und der Stresstest (2011) getroffen. (dpa)