Mutmaßlichen Kindsmörder entführt: Fall Kalinka: Vater des Mordopfers gibt Selbstjustiz zu
Der Vater der getöteten Kalinka hat nach Medienangaben zugegeben, die Verschleppung des mutmaßlichen Mörders seiner Tochter organisiert zu haben. Das Entführungsopfer, ein 74 Jahre alter Mediziner, war am Sonntag im elsässischen Mülhausen geknebelt und gefesselt in einem Hauseingang gefunden worden.
Er soll seine Stieftochter Kalinka 1982 getötet haben. Der leibliche Vater räumte am Mittwoch im französischen Rundfunk ein, er habe am 9. Oktober bei einem Treffen mit einer nicht genannten Person sein Einverständnis gegeben, den Mediziner nach Frankreich zu bringen.
Der Arzt war 1995 in Frankreich wegen fahrlässiger Tötung des Mädchens in Abwesenheit zu 15 Jahren Haft verurteilt worden. Er musste die Strafe jedoch nicht absitzen, weil Deutschland ihn nicht ausgeliefert hatte.
Am Mittwochabend sollte der 74-Jährige der französischen Justiz in Paris überstellt werden. Die soll entscheiden, ob er in Untersuchungshaft genommen oder freigelassen wird. Der Anwalt des Mediziners sagte, er werde die Freilassung seines Mandanten beantragen.
„Die Strafe wird im März 2015 verjährt sein. Wenn Frankreich weiter nichts getan hätte, wäre der Mörder frei und ich könnte nichts mehr tun“, sagte der 72-jährige leibliche Vater des getöteten Mädchens nach seiner Anhörung. Der Mann hatte seit Jahren vergeblich für die Auslieferung des Arztes nach Frankreich gekämpft.
Im Hotelzimmer des Vaters in Mülhausen wurden nach Angaben der Staatsanwaltschaft 19 000 Euro Bargeld gefunden, die möglicherweise für die Bezahlung der Entführer des Arztes gedacht waren. Ferner sei bewiesen, dass der Vater mit den Kidnappern Handy-Gespräche geführt habe, sagte Staatsanwalt Jean-Pierre Alichi. Ein 38 Jahre alter Mann aus dem Kosovo hatte nach Angaben der Staatsanwaltschaft Kempten gestanden, an der Entführung beteiligt gewesen zu sein.
Gegen den leiblichen Vater, der in Toulouse lebt, wird wegen gemeinschaftlicher Entführung, Freiheitsberaubung sowie Körperverletzung ermittelt. Inzwischen ist er wieder auf freiem Fuß. „Er war so ehrlich zuzugeben, dass er niemals die Vorstellung akzeptiert hat, dass der Mörder seiner Tochter seine Strafe nicht abbüßen könnte“, sagte Alichi. Bei seiner Festnahme habe sich der Vater erleichtert geäußert. „Mein Hauptziel war es, dass die Justiz das letzte Wort behält“, sagte er.
Kalinka hatte den Sommer 1982 mit ihrer Mutter und deren neuem Partner, dem Arzt, in Lindau am Bodensee verbracht. Der Vater ist überzeugt, dass der Mediziner seine Tochter dort vergewaltigen wollte und ihr eine tödliche Spritze gab. Bei der Obduktion des Mädchens wurden Genitalverletzungen festgestellt.
Der Arzt war 1997 - zwei Jahre nach seiner Verurteilung in Frankreich - im bayerischen Kempten wegen Vergewaltigung einer unter Narkose stehenden 16-jährigen Patientin zu zwei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt worden. Er hatte ihr zwei Beruhigungsspritzen gegeben und sich nach einer Magenspiegelung an dem wehrlosen Mädchen vergangen. (dpa)