zum Hauptinhalt
Eine Boeing 787 «Dreamliner» der Fluggesellschaft Thomson Airways am Rande einer Pilotenschulung auf dem Rollfeld vom Flughafen Hannover in Langenhagen (Niedersachsen).
© dpa

Airbus Absturz über Ägypten: Ermittler konzentrieren sich auf lautes Geräusch auf Flugschreiber

Wenige Wochen vor dem Absturz des russischen Airbus über Ägypten, sichteten zwei britische Passagiermaschinen kurz vor der Landung in Scharm el Scheich eine Rakete. Die Ermittler konzentrieren sich derzeit auf ein lautes Geräusch des Flugschreibers.

Eine Woche nach dem Absturz eines russischen Ferienfliegers über dem Sinai konzentrieren sich die Ermittlungen auf ein verdächtiges Geräusch unmittelbar vor der Katastrophe. Dieses sei „in der letzten aufgenommenen Sekunde des Flugschreibers gehört“ worden, sagte der Chef des internationalen Ermittlerteams, Ayman al-Mokadem, am Samstag in Kairo.

Die Sequenz müsse nun von Spezialisten untersucht werden. Für Rückschlüsse sei es aber noch zu früh. Ausgeschlossen werde kein Szenario. Internationale Geheimdiensthinweise legten zuletzt nahe, dass der Airbus A321 der sibirischen Airline Kolavia am Samstag vergangener Woche durch einen Sprengsatz an Bord vom Himmel geholt wurde.

Trümmerteile liegen weit auseinander

Außenminister Samih Schukri erklärte, man werde sich „keine Hypothese zu eigen machen, bevor die Untersuchung nicht abgeschlossenen ist und ein umfassender Bericht die Wahrheit aufdecken kann“. Al-Mokadem betonte, das Ermittlerteam sei immer noch in der Phase der Informationsbeschaffung.

Die Trümmerteile des Flugzeugs lägen über eine Länge von 13 Kilometer verstreut, dies könnte auf ein Auseinanderbrechen der Maschine in der Luft hindeuten. Das Wrack solle bald zur weiteren Untersuchung nach Kairo gebracht werden. An den Ermittlungen seien 58 Experten aus Ägypten, Russland, Deutschland, Frankreich und Irland beteiligt.

Eine britische Maschine musste einer Rakete ausweichen

Einige Wochen vor dem Absturz der russischen Passagiermaschine über der Sinai-Halbinsel wäre ein britisches Flugzeug dort beinahe abgeschossen worden. Ein Flugzeug der Thomson Airways mit 189 Touristen an Bord sei im August kurz vor der Landung im Badeort Scharm el Scheich fast von einer Rakete getroffen worden, berichtete die britische Zeitung "Daily Mail" am Samstag.

Das britische Transportministerium bestätigte dem Blatt den Vorfall vom 23. August. Die britische Regierung betonte aber, es habe sich "sehr wahrscheinlich" um eine "Routineübung der ägyptischen Armee" gehandelt. Der Vorfall sei untersucht worden und das Ergebnis sei gewesen, "dass es sich nicht um einen gezielten Angriff" auf das aus London kommende Flugzeug gehandelt habe, teilte ein Regierungssprecher mit.

Dem Bericht von "Daily Mail" zufolge war der Copilot am Steuer. Der Pilot war auch im Cockpit, er sah die Rakete auf das Flugzeug zurasen: "Er hat angeordnet, mit dem Flugzeug nach links abzudrehen, um die Rakete zu vermeiden, die sich etwa 300 Meter entfernt befand", berichtete das Blatt.

Der IS bekannte sich zu dem Absturz

Die Rakete sei auch von einem weiteren Thomson-Flugzeug aus beobachtet worden, das zur gleichen Zeit in Scharm el Scheich ankam, wie die Zeitung weiter meldete. Auch die Fluggesellschaft bestätigte den Vorfall, hob aber hervor, dass die Behörden damals zu dem Schluss gekommen seien, dass Flüge nach Scharm el Scheich weiterhin "sicher" seien.

Auf die russische Passagiermaschine mit 224 Menschen an Bord war vor einer Woche nach dem Start in Scharm el Scheich möglicherweise ein Bombenanschlag verübt worden. Die britischen und US-Geheimdienste halten es für wahrscheinlich, dass eine Bombe an Bord geschmuggelt wurde.

Der ägyptische Ableger der Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) bekannt sich dazu, die Maschine zum Absturz gebracht zu haben. Die Regierung in Kairo betonte am Samstag aber, dass noch verschiedene Absturzursachen in Frage kämen und es noch keine gesicherten Erkenntnisse gebe.

Eine Woche nach dem Absturz eines russischen Ferienfliegers über der Sinai-Halbinsel will Ägypten keine offiziellen Ermittlungsergebnisse nennen. „Wir werden uns keine Hypothese zu eigen machen, bevor die Untersuchung nicht abgeschlossenen ist und ein umfassender Bericht die Wahrheit aufdecken kann“, sagte Außenminister Samih Schukri am Samstag in Kairo. Es würden keine Szenarien ausgeschlossen.

Kairo beschwerte sich am Samstag, dass Erkentnisse nicht geteilt worden seien. Wegen des russischen Flugverbots nach Ägypten sitzen nach Behördenangaben rund 80 000 Russen an ihren Urlaubsorten fest. Die meisten von ihnen befänden sich in den Badeorten Hurghada und Scharm el Scheich am Roten Meer, sagte der Chef der Tourismusbehörde, Oleg Safonow, in Moskau.

Seit Freitag fliegen russische Flugzeuge nicht mehr nach Ägypten

Zehn Maschinen hätten bereits russische Reisende aus Ägypten ausgeflogen, sagte der Leiter des Krisenstabes, Vizeregierungschef Arkadi Dworkowitsch. Präsident Wladimir Putin hatte am Freitag sämtliche Flüge zwischen Russland und Ägypten einstellen lassen. Zuvor hatten mehrere westeuropäische Länder Flüge nach Scharm el Scheich ausgesetzt.

Die Urlauber zurück nach Russland zu bringen, ist ein organisatorischer Kraftakt, der nach Experteneinschätzung mehrere Wochen dauern könnte. An den ägyptischen Flughäfen beteiligten sich Militärangehörige an der Abfertigung der russischen Touristen für den Rücktransport, sagte Krisenstabchef Dworkowitsch. Russische Experten sollten am Wochenende in das Land am Nil reisen, um mit ägyptischen Kollegen über Sicherheitsmaßnahmen an Flughäfen zu beraten, sagte er.

Es sitzen auch 20 000 Briten fest

Es war unklar, ob bei der Pressekonferenz des Luftfahrtministeriums in Kairo (16.00 Uhr MEZ) Untersuchungsergebnisse zu erwarten waren. Die staatliche Zeitung „Al-Ahram“ berichtete unter Verweis auf eine namentlich nicht genannte Quelle am Kairoer Flughafen, die Auswertung von einem der beiden Flugschreiber sei beendet und lasse keine Rückschlüsse auf eine Bombe an Bord zu.

Journalisten in Scharm el Scheich berichteten von einer deutlich angespannteren Stimmung am Flughafen der Stadt. Einigen Reportern sei der Zutritt zum Flughafengelände verweigert, Filmaufnahmen seien teilweise untersagt worden. Auch in dem Badeort selbst habe die Armee einen Kontrollpunkt errichtet. In der Region sitzen auch bis zu 20 000 Briten fest. Eine groß angelegte Rückholaktion der britischen Regierung lief schleppend an. dpa, AFP

Zur Startseite