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Blick auf ein Auto und ein Gebäude auf dem Campingplatz Eichwald, das mit Polizeiabsperrband versehen ist.
© Friso Gentsch/dpa

Tatserie in NRW: Ermittler gehen von mehr als 1000 Missbrauchsfällen aus

Auf einem Campingplatz in Nordrhein-Westfalen sind mindestens 23 Kinder über Jahre hinweg sexuell missbraucht worden. Auch gegen Jugendämter wird ermittelt.

Über einen Zeitraum von zehn Jahren sind im nordrhein-westfälischen Kreis Lippe mindestens 23 Kinder sexuell missbraucht worden. Die Ermittler gehen von mehr als 1000 Einzeltaten aus, wie Staatsanwaltschaft und Polizei am Mittwoch in Detmold mitteilten. Drei Männer im Alter von 56, 48 und 33 Jahren sitzen in Untersuchungshaft. Eine zentrale Rolle bei der Missbrauchsserie spielte demnach ein Campingplatz in Lügde.

Die Opfer - überwiegend Mädchen - waren bei der Begehung der Taten zwischen vier und 13 Jahre alt. Den Tatzeitraum gaben die Ermittler mit 2008 bis Ende 2018 an. Dem Kindesmissbrauch kamen die Ermittler durch Hinweise einer Zeugin zu dem 56-Jährigen aus Lüdge auf die Spur. Er hatte seit 2016 ein damals fünfjähriges Pflegekind und sollte demnach dessen sechsjährige Freundin missbraucht haben.

Bereits in den ersten Anhörungen der Kinder verdichteten sich die Hinweise darauf, dass der Mann sich nicht nur an der Sechsjährigen, sondern auch an seinem mittlerweile achtjährigen Pflegekind mehrfach vergangen haben könnte. Der 56-Jährige wurde daraufhin am 6. Dezember 2018 festgenommen. In seinen Wohnräumen und auf dem Campingplatz in Lügde, auf dem er Stammgast war, fanden die Ermittler umfangreiche Beweise.

"Bei der Auswertung der sichergestellten Beweismittel und bei den Anhörungen der Kinder kamen perfide Einzelheiten zu Tage, die mich und die anderen Kolleginnen und Kollegen noch lange nach Dienstende beschäftigen", erklärte der Leiter der neunköpfigen Ermittlungskommission "Camping", Gunnar Weiß.

Verdacht der Kinderpornografie

Bei den weiteren Ermittlungen gelangten dann die beiden anderen Tatverdächtigen ins Visier der Polizei. Sie standen mit dem bereits festgenommenen 56-Jährigen in Kontakt und tauschten auch Material mit kinderpornografischen Inhalten aus. Der 48-Jährige aus Stade in Niedersachsen wurde am 10. Januar an seiner Wohnanschrift festgenommen, der 33-Jährige aus Steinheim im nordrhein-westfälischen Kreis Höxter einen Tag später in Lügde.

Neben den Ermittlungen wegen schweren sexuellen Missbrauchs gehen Staatsanwaltschaft und Polizei in dem Fall auch dem Verdacht der Verbreitung von Kinderpornografie nach. Außerdem prüfen die Ermittler das Verhalten der für die Jugendfürsorge zuständigen Ämter im niedersächsischen Kreis Hameln/Pyrmont und im Kreis Lippe. Geklärt werden soll, ob sich die Ämter durch Handeln oder Unterlassen strafbar gemacht haben.

Im Zuge ihrer Nachforschungen griffen die Ermittler auf zehn Computer, neun Mobiltelefone, mehr als 40 Festplatten und über 400 weitere Datenträger zu. Die Auswertung dieser Daten dauert noch an.

Die 23 bislang identifizierten Opfer sind laut Staatsanwaltschaft und Polizei in Sicherheit, für sie wurden umfangreiche Opferschutzmaßnahmen ergriffen. "Dem Opferschutz und der Opfernachsorge räumen wir einen hohen Stellenwert ein", betonte der Leiter des zuständigen Kriminalkommissariats, Achim Tietz. "Wir haben entsprechende Hilfen für die Kinder, für betroffene Angehörige aber auch für unsere Kolleginnen und Kollegen der Ermittlungskommission 'Camping' angeboten." (AFP)

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