Geburtstag: Elvis Presley stirbt nie
Elvis Presley wäre am Freitag 75 Jahre alt – Tatsache: Sieben Prozent der US-Bürger glauben, dass er noch lebt.
Seine Fans feiern, als wäre er noch immer der Nabel, um den sich die Musikwelt dreht. Die Geschäfte mit seinem Namen laufen weiter prächtig. Doch der King des Rock ’n’ Roll steht nicht mehr im Zentrum der Massenkultur Amerikas.
An diesem Freitag wäre Elvis Presley 75 Jahre alt geworden. In Graceland, seinem Anwesen in Memphis, Tennessee, das nach seinem Tod zu einer Kultstätte wurde, feiert die Elvis-Gemeinde eine dreitägige Party. Die Veranstaltungen sind zu einem Gutteil ausverkauft. Nach Graceland pilgern noch immer jedes Jahr mehr als eine halbe Million Menschen. Sein Geburtsort Tupelo, Mississippi, ehrt den King mit einem Festival. Seine größten Hits werden in einer neuen Sammel-CD vermarktet. Quer durch die USA haben die Elvis-Imitatoren Hochkonjunktur.
Ein Film geht dem Gerücht nach, Elvis sei gar nicht am 16. August 1977 an Medikamentenmissbrauch gestorben, sondern habe die gut 32 Jahre seither im Weltraum verbracht. Nach einer Umfrage des Senders CBS glauben 20 Millionen Amerikaner, etwa sieben Prozent der Bevölkerung, er lebe noch. In den National Archives in Washington ist zu erfahren, dass ein Foto, das Elvis 1970 mit Präsident Nixon im Weißen Haus zeigt, öfter nachgefragt wird als die US-Verfassung oder die „Bill of Rights“. Der King hatte um das Treffen gebeten, weil er hoffte, Nixon werde ihn zu einem Spezialagenten der Drogenfahndung machen.
Angebliche und tatsächliche Weggefährten werfen Bücher auf den Markt, die vermeintliche Mythen um den Star aufklären wollen: Sein Leibarzt George Nichopoulos, inzwischen 82 Jahre alt, wehrt sich gegen den Vorwurf, er habe Elvis umgebracht, indem er ihm alle möglichen Arzneimittel zugänglich machte. Jugendfreund George Klein erzählt von dem scheuen Elvis in der Schule, der Jahre brauchte, ehe er ohne Angstschweiß öffentlich auftreten konnte.
Natürlich geht es auch um Frauengeschichten und die erotische Ausstrahlung des King. Alanna Nash hat Frauen interviewt, die von sich behaupten, sie hätten Affären mit Elvis gehabt, und breitet genüsslich sexuelle Details ohne Rücksicht auf die Glaubwürdigkeit aus. Parallel deutet sie die Seitensprünge tiefenpsychologisch: Er habe die Totgeburt seines um 35 Minuten älteren Zwillingsbruders nie verwunden, konnte deshalb nicht erwachsen werden und sei sein Leben lang ein Muttersöhnchen geblieben. Sein Frauenideal orientierte sich an Mutter Gladys und brünetten, puppenhaften Mädchenfrauen wie Priscilla Presley. Die habe er erst zu einer Statue gemacht und auf ein Podest gestellt, sei es dann aber müde geworden, sie anzuhimmeln.
Doch man kann nicht gerade behaupten, dass der 75. Geburtstag die ganze Nation in Elvis-Fieber versetze. In den Wochenmagazinen und den großen Tageszeitungen der USA sucht man vergeblich nach Geschichten über den King und seine Bedeutung für die Musikgeschichte. Auch die Manager der Fernseh- Talkshows scheinen der Magnetwirkung des Namens auf die Massen im Jahr 2010 nicht so recht zu trauen.
In den Nachrichten taucht Elvis Presley nur am Rande auf – als historischer Bezug, nachdem mehrere Schauspielerinnen und Jungstars wie Britanny Murphy und Casey Johnson kürzlich gestorben sind; als Ursache wird auch hier Medikamentenmissbrauch vermutet, freilich mit umgekehrter Wirkung wie bei Elvis. Der wurde immer fettleibiger, je mehr Psychopharmaka er nahm. Bei den jüngsten Starlett-Sterbefällen lautet die Annahme, sie hätten Medikamente missbraucht, die in einer unbeabsichtigten Nebenwirkung das Abnehmen erleichtern.
Da tut sich offenbar ein Generationenunterschied auf. Der Mythos lebt für die Älteren. Elvis und seine Musik gehören zu ihrem Lebensweg. Auf Jüngere haben Michael Jackson und Madonna größere Anziehungskraft. Die Elvis-Generation ist freilich ein kaufkräftiger Teil der Bevölkerung. Seine Erben verdienen noch immer 55 Millionen Dollar pro Jahr aus seinen Musik- und Filmrechten. Madonna bringt es auf 40 Millionen Dollar.
Wo die Menschen Elvis gesehen haben wollen (Englisch): http://www.elvissightingbulletinboard.com/SightingLog.shtml