21 Verdächtige, 10 davon in Haft: Drei weitere Festnahmen wegen Kindesmissbrauchs im Fall Münster
Bei Razzien in vier Bundesländern hat die Polizei neue Verdächtige im Münsteraner Missbrauchsfall geschnappt. Der NRW-Innenminister erwartet weitere Festnahmen.
Im Zusammenhang mit dem Kindermissbrauchsfall von Münster hat die Polizei am Dienstagmorgen drei weitere Tatverdächtige festgenommen. Insgesamt gebe es 21 Verdächtige, von denen 10 in Haft säßen, teilte der nordrhein-westfälische Innenminister Herbert Reul (CDU) am Dienstag in Düsseldorf mit.
Außerdem hätten die Ermittler Hinweise auf ein siebtes Opfer gefunden, sagte Reul bei einer Sondersitzung der Landtagssausschüsse für Inneres, Recht und Kinder. Bislang waren sechs sexuell missbrauchte Kinder identifiziert worden. Die Opposition kritisierte, dass die Aufklärung sich zu lange hingezogen habe.
Die Verdächtigen seien bei Durchsuchungen in Niedersachsen, Hessen, Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen festgenommen worden, sagte Reul. Er rechnet mit weiteren Festnahmen. „Ich will deutlich sagen, dass die Ermittlungen andauern und damit auch heute kein Abschluss ist.“
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IT-Spezialist hortete Unmengen von Kinderpornografie
In dem Münsteraner Missbrauchsfall gilt ein 27-jähriger IT-Spezialist als Hauptverdächtiger, der wegen des Besitzes von kinderpornografischem Material vorbestraft war. Er soll den zehnjährigen Sohn seiner Lebensgefährtin missbraucht haben. Die Ermittler haben bei dem Mann laut Reul Datenträger mit kinderpornografischem Material im Umfang von insgesamt rund 400 Terrabyte gefunden.
Die Polizei hatte die Geräte bereits im Mai 2019 beschlagnahmt. Bis zur Festnahme des mutmaßlichen Täters und der Inobhutnahme des missbrauchten Jungen verging demnach rund ein Jahr. Reul erklärte diese Zeitverzögerung mit der professionellen Verschlüsselung der Daten. Die Geräte hätten mühsam Schritt für Schritt entschlüsselt werden müssen. „Das kann leider nicht beliebig beschleunigt werden.“ Teilweise sei es kriminalistischem Spürsinn und Glück zu verdanken, dass sich die Entschlüsselung nicht noch länger hingezogen habe.
Erst Mitte Mai seien die Ermittler auf Material gestoßen, durch das dem Tatverdächtigen aktiver sexueller Missbrauch nachgewiesen wurde, sagte Reul. „Vom Finden des Hinweises auf aktiven sexuellen Missbrauch bis zur Festnahme sind dann keine 48 Stunden vergangen.“
Mängel in Zusammenarbeit von Justiz und Jugendhilfe
Kritik aus der Opposition gab es am fehlenden Schutz des Stiefsohnes, nachdem die Ermittler kinderpornografisches Material bei dem Tatverdächtigen gefunden hatten. „An dieser Stelle hätten mit dem Wissen von heute die Warnsirenen angehen müssen“, räumte Reul ein. Es wäre gut gewesen, wenn die Polizei ihr Wissen an das Jugendamt weitergegeben hätte.
Familienminister Joachim Stamp (FDP) räumte ein: „Wir müssen die Zusammenarbeit zwischen Justiz und Jugendhilfe intensivieren.“ Im Münsteraner Fall habe das dortige Jugendamt Münster zwar wegen der einschlägigen Vorstrafe ihres Lebensgefährten Kontakt zur Mutter des zehnjährigen Opfers gehabt.
In einem Erörterungstermin vor dem Familiengericht habe die Mutter im Oktober 2015 jedoch zugesichert, dass ihr Kind nie mit ihrem Lebensgefährten alleine gelassen wird. Zudem habe die Mutter angegeben, nicht mit ihrem Lebensgefährten zusammenzuleben. Deshalb habe das Familiengericht entschieden, dass keine sorgerechtlichen Maßnahmen zu treffen seien.
Nachdem die Ermittler Beweise für den aktiven sexuellen Missbrauch gefunden hätten, sei das Kind umgehend in Obhut genommen worden, sagte Stamp. Der Junge lebe seit dem 14. Mai in einer Jugendhilfeeinrichtung. (epd)
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