zum Hauptinhalt
Zsa Zsa Gabor hatte einst Marilyn Monroe als Vorbild.
© imago

Zum Tod von Zsa Zsa Gabor: Die Sünderin, die ein Engel war

Ihr Leben hat mehr Schlagzeilen gemacht als ihre Filme. Hollywood-Diva Zsa Zsa Gabor wusste immer, was sie wollte. Nun ist sie mit 99 Jahren gestorben.

Was für ein Auftritt. Wie eine Königin schwebt sie die Treppe herunter, in einem engen schwarzen Kleid mit Juwelen am Dekolleté. Doch sie betritt kein Schloss, sondern nur den Stripclub, der ihr gehört. Vor ihr steht ein dicker Mann in einem fleckigen Trenchcoat, es ist der korrupte Captain der örtlichen Polizei, der unentwegt irgendetwas kaut und zwischendurch nach einer Tänzerin fragt. „Kann sein, dass Shirley vor ein paar Wochen in einer unserer Shows dabei war“, antwortet die Nachtclubbesitzerin süffisant lächelnd und mit einem so leeren Blick, dass jede weitere Nachfrage ausgeschlossen ist. „Ich verschwende hier bloß meine Zeit“, grummelt der Ermittler und verschwindet.

Eine Lektion in Unberührbarkeit. Die Frau auf der Treppe hat bewiesen, was es heißt, selbst in einem Dreckloch die Noblesse nicht zu verlieren. Sie mag ihr Geld damit verdienen, dass ihre Mädchen sich vor betrunkenen Männern ausziehen. Aber irgendwann wird das Geld ihr ermöglichen, dieses Nest an der mexikanisch-amerikanischen Grenze, in dem Prostitution und Drogenhandel blühen, hinter sich zu lassen. Sie will eine Siegerin sein unter lauter Verlierern, eine Königin. „The Touch of Evil“, der 1958 in den deutschen Kinos unter dem Titel „Im Zeichen des Bösen“ lief, ist der beste Film, in dem Zsa Zsa Gabor mitgespielt hat. Der Vorspann nennt sie erst an achter Stelle, hinter Charlton Heston, Janet Leigh und Marlene Dietrich, doch wer Gabors markante Zweiminutenperformance gesehen hat, wird sie nicht mehr vergessen.

Weil sie eine Sünderin verkörpert, die es schafft, wie ein Engel auszusehen. Regisseur Orson Welles, der selbst den kriminell gewordenen Polizisten spielt, wollte ein „Melodrama über das Gute und das Böse“ machen. So ist „Touch of Evil“ unter vielen schwarzen Films noirs vielleicht der allerschwärzeste geworden, einer, in dem Gut und Böse kaum noch zu unterscheiden sind. Er scheint in einer endlosen Nacht zu spielen, einer runtergekommenen Welt, in der das Neonlicht harte Schatten wirft.

Filmkunst ist nicht unbedingt die erste Assoziation, die man mit Zsa Zsa Gabor verbindet. Mit ihrem Privatleben hat die Schauspielerin mehr Schlagzeilen gemacht als mit ihrer Arbeit, ihre wahre Bühne waren Talkshows und die Spalten der Boulevardpresse. Zwar umfasst ihre Filmografie 76 Titel, aber darunter befinden sich vor allem Auftritte in Fernsehserien wie „Love Boat“ oder „Unter der Sonne Kaliforniens“ und Horrortrash wie „Das Kabinett der blutigen Hände“ oder „Frankensteins Großtante Tillie“. In „Queen Of Outer Space“ spielt sie eine verführerische Hofdame, die auf einem mit Pappmaché-Kulissen vollgestellten Planeten Astronauten vor dem Opfertod bewahrt. Der Verleih warb 1958 mit dem Slogan: „Die berühmteste Frau der Erde weiß auch auf der Venus, was sie will.“

Zsa Zsa Gabor, die am 6. Februar 1917 als Sári Gábor in Budapest geboren wurde, wusste tatsächlich früh, was sie wollte: Respekt, Reichtum, Ruhm. Später sollte sie ihr Geburtsjahr mit 1930 angeben. Mit 19 wurde die Tochter eines Gardeoffiziers und einer Schauspielerin zur „Miss Ungarn“ gewählt, mit 21 heiratete sie einen türkischen Diplomaten. Entjungfert worden sei sie aber, schrieb Gabor in ihrer Autobiografie „One lifetime is not enough“, von Kemal Atatürk, dem legendären Vater der modernen Türkei. Nach drei Jahren verließ Gabor ihren Mann, es war die erste von acht – nach anderer Zählung: neun – Ehen. „Du solltest nicht jedes Mal heiraten, wenn du mit einem Mann schlafen willst“, gestand sie selbstzerknirscht. „Ich muss wohl verrückt sein.“

Acht Ehen - manche sagen neun

Dabei ging Gabor immer zielgerichtet vor. Kaum in Amerika angekommen, wohin sie 1941 ihrer ebenfalls schauspielernden Schwester Eva gefolgt war, heiratete sie den dreißig Jahre älteren Hotelkönig Conrad Hilton, einen der reichsten Männer der Westküste. Gleich mit ihrer ersten Hauptrolle in John Hustons Biopic „Moulin Rouge“ über den Maler Henri de Toulouse-Lautrec schaffte sie 1952 den Durchbruch in Hollywood. Sie spielte die Sängerin Jane Avril, die für ihre Couplets und ihre im Can-Can präsentierten langen Beine berühmt war. Gabor, die schon in Wien in Operetten aufgetreten war, lagen die Tanz- und Singrollen auch im Kino, etwa im Jerome-Kern-Musical „Männer machen Mode“ oder im Musik-Roadmovie „Serenade einer großen Liebe“ mit Startenor Mario Lanza.

Reine Sprechrollen waren für Zsa Zsa Gabor schwerer zu bewältigen, auch wenn ihr harter osteuropäischer Akzent ihr Arbeit etwa im Kalten-Kriegs-Agententhriller „Das Mädchen im Kreml“ verschaffte und später Kultstatus erlangte. Besonders ihre Lieblingswendung „dahlink“ – für darling, Liebling – wurde gerne imitiert. Am Anfang ihrer Filmkarriere hatte die blonde Darstellerin noch Marilyn Monroe nachgeeifert, später wurde die garstige Spötterin Mae West, die sich ebenfalls mühte, alterslos zu erscheinen, zum Vorbild. Einige von Garbos Zitaten zum Geschlechterkampf stiegen zu festen Redewendungen auf: „Ein verliebter Mann ist unvollständig, bis er geheiratet hat. Dann ist er erledigt.“

Erledigt, also geheiratet hat Zsa Zsa Gabor unter anderem Schauspieler George Sanders und Designer Jack W. Ryan, der die Barbie-Puppe erfand. Zuletzt war sie mit dem deutschen Adoptions-Vermittler Frédéric Prinz von Anhalt zusammen, der als Hans-Robert Lichtenberg zur Welt gekommen war und ihr 1986 das Jawort gegeben hat. Er sorgte dafür, dass die schwer kranke und bettlägerige Schauspielerin nicht im Rollstuhl fotografiert wurde und schirmte sie vor der Öffentlichkeit ab. Kritiker behaupteten: Er sperrte sie ein. Mit Richard Burton und mit Sean Connery habe sie geschlafen, erzählte die Diva. Mit John F. Kennedy will sie nur ausgegangen sein. Donald Trump soll sie angerufen und ihr von der Schönheit europäischer Frauen vorgeschwärmt haben. Zsa Zsa Gabor war einzigartig. Ihre Mutter sagte sogar: „Gut, dass es von deiner Sorte nur eine gibt.“

Zur Startseite