Hochwasser in Deutschland: Die Spenden tröpfeln, aber die staatliche Hilfe fließt
Obwohl es die dritte Jahrhundertflut in 30 Jahren ist, sind nur etwa ein Drittel der Haushalte gegen Hochwasserschäden versichert. Hinzu kommt: Die Deutschen sind weniger spendenbereit als noch 2002.
Die Gummistiefel anzuziehen, Sandsäcke zu füllen und zu schleppen, damit haben tausende Menschen in der aktuellen Hochwasserkatastrophe gar kein Problem. Doch die Bereitschaft, denjenigen, deren Häuser, Wohnungen oder Unternehmen überschwemmt wurden, auch finanziell zu helfen, ist derzeit offenbar geringer als 2002 bei der großen Elbeflut. Damals haben die Deutschen rund 350 Millionen Euro gespendet.
Beim Deutschen Roten Kreuz (DRK) sind nach Angaben seines Sprechers Dieter Schütz bisher rund eine Million Euro eingegangen. Und das Geld wird wohl für die akute Soforthilfe gebraucht werden. Das DRK hat tausende Feldbetten für Notunterkünfte geliefert, in denen Menschen Zuflucht finden, die nicht in ihren Häusern bleiben können, wenn der Hochwasserscheitel seinen Höhepunkt erreicht. Auch beim Bündnis „Aktion Deutschland hilft“, in der sich unter anderen die Malteser, die Awo, World Vision und Care zusammengeschlossen haben, ist bisher rund eine Million Euro eingegangen, ebenso bei Caritas International, das gemeinsam mit der Diakonie Katastrophenhilfe zu Spenden aufgerufen hat.
Auch die Diakonie Katastrophenhilfe hat bisher rund eine Million Euro eingenommen. Wo die Wassermassen schon wieder zurückgegangen sind, bieten fast alle Hilfsorganisationen Bautrockner an, um den Schimmel daran zu hindern, sich im Mauerwerk auszubreiten. Denn bevor an Renovierung zu denken ist, müssen die Häuser zunächst getrocknet werden.
Warum weniger gespendet wird, wissen die Hilfsorganisationen nicht. Einige vermuten aber, dass der „schleichende Beginn“ und die Länge der Krise eine Rolle spielen könnten. Es könnte ein „Gewöhnungsprozess“ eingesetzt haben, vermutet Dieter Schütz vom DRK.
Genau das kritisieren auch die Versicherungsverbände. Denn trotz der Oderflut 1997 sowie der Elbe- und Donauflut 2002 liegt der Anteil der Haushalte, die sich mit einer Elementarschadenversicherung gegen Flutrisiken abgesichert haben, weiterhin lediglich bei einem guten Drittel. Speziell in den nun wieder von Hochwasser betroffenen Bundesländern ist die Versicherungsabdeckung sogar besonders gering. In Niedersachsen, wo die Welle gerade ankommt, sind lediglich 13 Prozent der Haushalte mit einer Versicherung ausgestattet, in Thüringen und Sachsen 40 beziehungsweise 42 Prozent. Lediglich in Baden-Württemberg, wo die Elementarschadenversicherung bis 1994 Pflicht war, sind 95 Prozent versichert.
In Bayern haben 21 Prozent der Haushalte sich versichert. Dabei hat die bayerische Staatsregierung vor Jahren beschlossen, dass „versicherbare Schäden grundsätzlich nicht finanzhilfefähig“ sein sollen. Diese Regel scheint aber allenfalls für kleine Hochwasserkatastrophen zu gelten. Aktuell gibt die bayerische Staatsregierung jedem betroffenen Haushalt 1500 Euro „Sofortgeld“ und Unternehmen wie Bauern 5000 Euro Soforthilfe. Sachsen hatte übrigens ebenfalls angekündigt, nur noch dann zu zahlen, wenn eine Versicherung nicht möglich ist. In Sachsen erhalten Betroffene derzeit 400 Euro für Erwachsene und 250 Euro für Kinder, aber nicht mehr als 2000 Euro pro Haushalt als „Handgeld“.
Gert G. Wagner und Reimund Schwarze vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung nutzen die Gelegenheit trotzdem, einmal mehr für ihr vor sechs Jahren entwickeltes Modell einer Pflichtversicherung zu werben. Auch Häuser außerhalb der Überschwemmungsgebiete der Flüsse sind immer öfter in Gefahr, überschwemmt zu werden. Dafür reicht oft ein Starkregen.
Wer spenden möchte, findet die Kontonummern großer Hilfsorganisationen hier: https://www.spendenantrag.de
Dagmar Dehmer
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