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Jungunternehmer Boyan Slat vor einem Müllberg. Mit einem kleinen Prototypen seines Meeresfilters hat der 19-jährige Niederländer eine halbe Tonne Müll aus dem Meer gezogen.
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Plastikmüll im Meer: Die Müllfischer

Der 19-jährige Boyan Slat will mit Filtern Plastik aus dem Meer herausholen – er ist nicht der Einzige. Allerdings haben viele Fachleute Zweifel an dem Konzept, weil es teuer ist und womöglich Schaden bei Meeresorganismen anrichtet.

Als er 16 Jahre alt war, hat der Niederländer Boyan Slat festgestellt, „dass im Meer mehr Plastiktüten herumschwimmen als Fische“. Und das hat ihn dann dazu inspiriert, sich eine Reinigungsanlage für den Ozean einfallen zu lassen. Inzwischen ist er 19 Jahre alt, pausiert gerade bei seinem eben begonnenen Studium der Luft- und Raumfahrttechnik und ist dank des Internets eine ziemliche Berühmtheit. Zwei Mal hat er bei TED-Konferenzen sein Konzept präsentiert, zum ersten Mal 2012 in seiner Heimatstadt Delft. Dabei inszeniert er sich wie eine grüne Reinkarnation des Apple-Gründers Steve Jobs – und das kommt gut an.

Die Idee: In den mittlerweile fünf Müllstrudeln, der bekannteste liegt im Pazifischen Ozean zwischen Hawaii und Kalifornien, sollen riesige Filteranlagen installiert werden. 300 Kilometer lange schlauchartige „Fangarme“ sollen alle vier Kilometer am Meeresgrund befestigt werden und die ohnehin existierenden Strömungen ausnutzen, um Plastikmüll zu sammeln. Die Teile, die größer als 3,5 Millimeter sind, soll das System nach den Berechnungen Slats und seiner rund 100 Mitstreiter zu etwa 80 Prozent festhalten können. Der Müll müsste dann in regelmäßigen Abständen mit einem Schiff abgeholt und an Land verarbeitet werden.

Slat sieht sich durch seine Machbarkeitsstudie bestätigt

Slat erwartet, dass die Kosten zumindest niedriger sein werden als die Schäden, die die Millionen Tonnen Plastikmüll im Meer verursachen. Er erwartet sogar, dass der Ozeanmüll wiederverwertet werden kann, dann könnte sich seine Apparatur, die zehn Jahre lang halten soll, zumindest teilweise selbst finanzieren. Die Idee hat bereits genügend Leute davon überzeugt, Geld für eine Machbarkeitsstudie zu spenden. Über Crowdfunding im Internet trieb Slat 80 000 Dollar für eine umfangreiche Machbarkeitsstudie auf. Aktuell sammelt er wieder Geld, zwei Millionen Dollar will Boyan Slat haben, um einen ersten Prototyp seiner Apparatur bauen und testen zu können. Bis Freitagnachmittag hatten mehr als 24 000 Geber bereits mehr als 1,26 Millionen Dollar dafür bereitgestellt. In 50 Tagen will Slat die zwei Millionen zusammenhaben.

Auf ein solches Geschäftsmodell hofft Boyan Slat. Die Magdeburger Design-Studentin Laura Spilker hat einen Schuh mit Ozean-Plastik als Absatz entworfen. Doch bisher ist das nur ein Werkstück. Es dürfte schwer werden, Abnehmer für vom Meer zermahlene Plastikpartikel zu finden.
Auf ein solches Geschäftsmodell hofft Boyan Slat. Die Magdeburger Design-Studentin Laura Spilker hat einen Schuh mit Ozean-Plastik als Absatz entworfen. Doch bisher ist das nur ein Werkstück. Es dürfte schwer werden, Abnehmer für vom Meer zermahlene Plastikpartikel zu finden.
© dpa

Bundesregierung spricht von "gut durchdachtem Ansatz"

Der Bundestagsabgeordnete Peter Meiwald (Grüne) sagte dem Tagesspiegel: „Ich halte das Projekt für wegweisend.“ Es sei ein „völlig neues Verfahren entwickelt worden, wie Plastikmüll aus den Ozeanen gefischt werden kann“. Meiwald zitiert die vor wenigen Tagen vorgelegte Machbarkeitsstudie Slats, die „ nur geringe Umweltauswirkungen“ erwartet. Auch die Bundesregierung hält die Idee für einen „gut durchdachten Ansatz“, wie Umweltstaatssekretärin Rita Schwarzelühr-Sutter auf Meiwalds schriftliche Frage schreibt. Weiter heißt es in der Antwort, die dem Tagesspiegel vorliegt, dass das Crowdfunding auf „eine hohe öffentliche Akzeptanz“ hinweise. Allerdings bemerkt Schwarzelühr-Sutter auch, dass die Autoren der Machbarkeitsstudie „unbekannt“ seien und „auch die Rezensenten nicht einschlägig“ seien, „wodurch eine verlässliche Aussage über ihren Hintergrund nicht zu treffen ist“. Sie schließt mit dem Hinweis, dass sich „die neue Technologie in der Praxis erst beweisen“ müsse. Peter Meiwald würde sich dagegen wünschen, dass die Bundesregierung die Technik mit Forschungsmitteln unterstützt. Er sagt: „Technische Lösungen sind für mich nur der letzte Rettungsanker. Ich möchte die Dinge anpacken, bevor sie schief gehen. Bei Plastikmüll in den Meeren ist das nicht gelungen. Deshalb sollten wir alles daran setzen, den Müll wieder herauszuholen.“

Boyan Slats Idee ist nach Einschätzung von Ulrich Claussen, der beim Umweltbundesamt das Fachgebiet Meeresschutz leitet, durchaus überlegenswert. Im Gegensatz zu den bisher verfolgten Ansätzen, Plastik wieder aus dem Meer herauszuholen, setzen Slats Fangarme nicht auf engmaschige Fischernetze. Zumindest „schwimmfähige Tiere“ könnten den Barrieren also entkommen und würden sich nicht so darin verheddern, dass sie ertrinken.

Was passiert mit dem Plankton?

Allerdings müsse genau untersucht werden, wie viele nicht schwimmfähige Organismen, also Plankton, die Nahrungsgrundlage aller Meereslebewesen, sich in den Filtern sammelt. In der Machbarkeitsstudie heißt es dazu, dass das Plankton unter dem Filter weggedrückt werde, und selbst wenn es sich dort sammeln würde, würde es nicht lange dauern, bis die Biomasse wieder neu entstanden sei. Das leuchtet allerdings nicht nur Claussen nicht unmittelbar ein. Dennoch sagt er, das Projekt „The Ocean Cleanup“ unterscheide sich zumindest von den bisherigen Vorschlägen.

Boyan Slat beschäftigt sich derzeit nur mit seinem "Ocean-Cleanup-Projekt". Sein Studium der Luft- und Raumfahrttechnik hat er dafür unterbrochen.
Boyan Slat beschäftigt sich derzeit nur mit seinem "Ocean-Cleanup-Projekt". Sein Studium der Luft- und Raumfahrttechnik hat er dafür unterbrochen.
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Denn Boyan Slat ist nicht der einzige, der Ideen hat. Der Staubsauererfinder James Dyson hat vorgeschlagen, die Flussmündungen mit Schiffen abzufahren und dort das Plastik abzusaugen, bevor es im Meer landet. Und Günther Bonin von der Stiftung „One Earth one Ocean“ arbeitet gerade an riesigen Schiffen, die Plastik auf hoher See einsammeln sollen.

Der Nabu organisiert "Fishing for litter"

Längst Praxis ist inzwischen in fast allen nordeuropäischen Meeresanrainern das Projekt „Fishing for litter“. Denn Fischer ziehen mit ihren engmaschigen Fangnetzen ständig Müll aus dem Meer. Durch das in Deutschland vom Umweltverband Nabu angestoßene Projekt können die Fischer diesen Müll nun kostenlos an den Häfen abgeben, anstatt ihn wie früher einfach wieder ins Meer zu werfen. Claussen sagt, dass dadurch auch Informationen gesammelt werden können, wie viel und welcher Müll sich auf den Meeren ansammelt. Deshalb habe das UBA und das Umweltministerium das Projekt auch unterstützt. Aber er warnt auch davor, dass das Projekt die zerstörerische Grundschleppnetzfischerei, bei der der Meeresboden regelrecht umgegraben wird, „mit einem grünen Mäntelchen versehen“ könnte.

Kim Detloff vom Nabu berichtet, dass die Grundschleppnetzfischer der Ostsee vor allem größeren Müll aus dem Meer ziehen. Ölfässer waren dabei, Farbeimer und Overalls, also Material, das auf den Schiffen selbst verwendet und dann offenbar auf dem Meer entsorgt wird. Bei Analysen des von Krabbenfischern mit viel kleineren Netzabständen herausgezogenen Mülls, war dagegen 75 Prozent Plastikmüll wie Folien oder andere Verpackungen, berichtet Detloff.

Ingenieur Lindenau will den Müll von Inseln abholen

Der Kieler Ingenieur und Schiffsbauer Dirk Lindenau will deshalb vorher ansetzen. Er ist gerade dabei, ein schiffsgebundenes Müllentsorgungskonzept für Inselstaaten zu entwerfen. Auf den Kapverden könnte diese Idee sogar bald umgesetzt werden. Noch im Sommer will Lindenau um Unterstützung für seine Idee werben, um zu verhindern, dass der Plastikmüll ins Meer geweht oder geschwemmt wird. Denn „80 Prozent des Plastikmülls stammen vom Land“, sagt Lindenau. Er will den Müll einsammeln, auf einem Schiff sortieren, mit dem Müll, das Schiff antreiben und so der auch vom Tourismus abhängigen Insel eine Lösung anbieten.

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