Katholische Kirche und Missbrauch: Die Mauer des Schweigens bröckelt nur langsam
In Deutschland tut sich die Kirche mit der Aufarbeitung weiterhin schwer, viele Betroffene haben resigniert
2010 wurde öffentlich, dass Schüler am Berliner Canisius-Kolleg von Jesuitenpatres systematisch sexuell missbraucht wurden. Der damalige Rektor des Gymnasiums, Pater Klaus Mertes, glaubte den Opfern und stellte sich der monströsen Vergangenheit seiner Institution. Seitdem hat die katholische Kirche in Deutschland über 1500 Betroffenen Entschädigung gezahlt, etliche Priester wurden angezeigt, einige wenige aus der Kirche ausgeschlossen. Kirchenmitarbeiter haben Fortbildungen zur Prävention besucht. Doch vieles bleibt dem Willen der einzelnen Bischöfe und Institutionen überlassen. Wo er fehlt, tut sich wenig. „Es mangelt immer noch an der Bereitschaft, sich den System- und Strukturfragen zu stellen“, beklagte Klaus Mertes am Dienstag im „Kölner Stadt-Anzeiger“. Vor allem in Fragen der Sexualmoral bewege sich wenig, und die Organisation der Machtzuteilung sei „nach wie vor männerbündisch und von Intransparenz geprägt“.
Der Oberaufklärer gehörte 2010 zu den Ober-Abwieglern
Mertes fordert die Verantwortlichen zum Rücktritt auf, allen voran Kardinal Gerhard Ludwig Müller. Als Chef der römischen Glaubenskongregation müsste er eigentlich der Oberaufklärer sein. Doch als 2010 die ersten sexuellen Übergriffe bei den Regensburger Domspatzen bekannt wurden, gab Müller, damals Regensburger Bischof, in aller klerikaler Selbstgerechtigkeit den Medien die Schuld, die darüber berichteten: „Solche, die um jeden Preis die katholische Kirche um ihren guten Ruf bringen wollen, haben sich die Regensburger Domspatzen als Opfer ausgesucht. Ein Glanzstück soll in den Dreck gezogen werden.“ Erst ein externer Anwalt treibt jetzt die Aufklärung voran. Auch viele Betroffene bezweifeln Müllers Aufklärungsbereitschaft. Ist ein Missbrauchsfall bei der Glaubenskongregation anhängig, hören sie oft jahrelang nichts. Sie wissen nicht, ob überhaupt noch ermittelt wird, Briefe bleiben ohne Antwort. Viele Opfer haben das Gefühl, immer noch gegen eine Mauer des Schweigens anzurennen.
Wo der Wille des Bischofs fehlt, tut sich wenig
Auch im Bistum Hildesheim zeigte sich jüngst, wie schwer sich die Kirche mit der Aufarbeitung der Verbrechen und der Verantwortung dafür tut. Eine 14-jährige Hildesheimerin hatte 2010 Missbrauchsvorwürfe erhoben. Monatelange unternahm das Bistum nichts und riskierte die Verjährung des Falls – obwohl der Beschuldigte einer der Haupttäter im Berliner Canisius-Kolleg war, wie man in allen Medien nachlesen konnte. Erst die Hartnäckigkeit der jungen Frau und ihrer Großeltern führte dazu, dass der Fall zur Anzeige kam und jetzt, fünf Jahre später, neu beleuchtet wird. Nachdem er massiv kritisiert worden war, räumte der Hildesheimer Bischof vor zwei Monaten ein, Fehler gemacht zu haben.
Viele Betroffene haben resigniert und glauben nicht mehr daran, dass die Kirche die Taten umfassend aufarbeiten wird. Sie hoffen auf die Institutionen übergreifende Aufarbeitungskommission, die der Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung eingesetzt hat.
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