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Einen Liebesbrief zum Valentinstag verfassen? Gar nicht so leicht. Zur Anregung lohnt sich ein Blick in die Geschichte der Liebesbriefe.
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Zum Valentinstag: Der perfekte Liebesbrief

Der englische Lebensversicherer Beagle Street hat eine Umfrage in Auftrag gegeben. Es geht um die schönsten Liebesbriefe aller Zeiten. Mit dabei sind Jonny Cash, der Dichter John Keats und Winston Churchill. Doch hier handelt es ich nur um wortschwangeres Gekritzel im Vergleich zum Brief eines französischen Philosophen. Die Kolumne zum Valentinstag.

Es stimmt natürlich nicht, dass der Valentinstag eine Erfindung der Blumenindustrie ist. Das behaupten ja immer so unromantische Halunken ohne Herz. Der Valentinstag geht natürlich auf einen christlichen Märtyrer namens Valentinus zurück (obwohl niemand so genau weiß, wer das war). Der bekam jedenfalls am 14. Februar seinen Gedenktag – und zwar bereits im Jahr 469. Es waren dann, warum auch immer, verliebte Engländer, die im 15. Jahrhundert diesen Tag dazu nutzen, sich Geschenke zu machen und sich ihre Liebe zuzuflüstern. Über England kam dieser Brauch dann in die USA und nach dem zweiten Weltkrieg dann auch nach Deutschland.

Johnny Cash mit dem schönsten Liebesbrief aller Zeiten

Ob es sich bei den Mitarbeitern des englischen Lebensversicherer Beagle Street auch hauptsächlich im Verliebte handelt, weiß ich nicht – immerhin aber gab der Konzern eine Umfrage in Auftrag, in der nach den schönsten Liebesbriefen der Welt gefragt wurde. Das Ergebnis dieser Umfrage wurde diese Woche veröffentlicht – demnach schrieb den schönsten Liebesbrief der Welt Johnny Cash an seine Frau June zu deren 65. Geburtstag. Klein Kostprobe? Bitteschön: „Wir werden alt und gewöhnen uns aneinander. Wir denken gleich. Wir lesen unsere Gedanken. Wir wissen, was der andere will, ohne zu fragen. Immer mal wieder, wie heute, denke ich darüber nach und begreife, wie glücklich ich mich schätzen kann, mein Leben mit der tollsten Frau zu teilen, die ich je kennengelernt habe.“

Der französische Philosoph Andé Gorz hat sich am 22. September 2007 zusammen mit seiner Frau das Leben genommen.
Der französische Philosoph Andé Gorz hat sich am 22. September 2007 zusammen mit seiner Frau das Leben genommen.
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Tja. Weiß nicht. Da scheint mir eigentlich noch ein bisschen Luft nach oben zu sein. Auf den zweiten Platz wurde übrigens Winston Churchill gewählt, der bekam immerhin den Literaturnobelpreis. Churchill schrieb: „Ich kann dir nicht sagen, welche Freude mir das bereitete, weil ich mich immer so überwältigend in deiner Schuld fühlte.“ Irgendwie schon besser, da gibt es immerhin einen interessanten Gegensatz (Freude und Schuld). Platz 3: „Ich kann ohne dich nicht sein – mir ist alles gleich außer dich wiederzusehen – mein Leben verharrt dort – weiter sehe ich nicht.“ (Der Dichter John Keats)

Platz 7: erst Liebensbrief, dann Hinrichtung

Sehr spannend auch Platz 7: „Ich flehe ausdrücklich darum, deine Absicht zu erfahren, die Liebe zwischen uns zu berühren. Die Notwendigkeit zwingt mich dazu, diese Antwort zu bekommen, nach mehr als einem Jahr der Verwundung durch den Pfeil der Liebe, und noch nicht sicher, ob ich einen Platz in deiner Zuneigung finde oder daran scheitere.“ Das schrieb 1527 Heinrich der Achte an seine zweite Frau Anne Boleyn und das mit dem Scheitern trat irgendwie später dann auch ein, der Heinrich ließ die Anne bekanntlich hinrichten.

So bleibt das eine merkwürdige Zusammenstellung und vielleicht ist der 14. Februar auch sehr willkürlich gewählt als Tag der Liebe (außerdem ist es meistens sehr kalt). Sollte man nicht einen anderen Tag benennen, zum Beispiel den 17. Mai?

Oder aber den 22. September. An dem Tag im Jahr 2007 nahm sich der französische Philosoph André Gorz gemeinsam mit seiner schwer kranken Frau Dorine das Leben. Kurz zuvor erschien ein kleines Büchlein von Gorz, es heißt „Brief an D.“ und ist genau das: ein Brief an D. Und dieser Brief zerreißt einem das Herz und setzt es wieder neu zusammen.

Am Anfang schreibt Gorz: „Bald wirst Du jetzt zweiundachtzig sein. Du bist um sechs Zentimeter kleiner geworden. Du wiegst nur fünfundvierzig Kilo, und immer noch bist Du schön, graziös und begehrenswert. Ich liebe Dich mehr denn je. Kürzlich habe ich mich von neuem in Dich verliebt, und wieder trage ich in meiner Brust diese zehrende Leere, die einzig die Wärme Deines Körpers an dem meinen auszufüllen vermag.“ Und am Schluss seines Briefes schreibt Gorz, wenn den beiden ein zweites Leben beschieden wäre, würden sie es wieder zusammen verbringen.

So, ihr Amateure, wird das gemacht.

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