Oroville-Staudamm in Kalifornien: Der nächste Regen kann die Katastrophe bringen
Seit Jahren bemängeln Kritiker den schlechten Zustand des Oroville-Staudamms im US-Bundesstaat Kalifornien. Nun bröckelt der Überlaufkanal. Der Gegend droht eine gewaltige Flutwelle.
Als der Evakuierungsbefehl kam, packten Pat und Keith Dailey ihre Siebensachen und ihre vier Hunde und sprangen ins Auto. Seitdem sind zwei Tage vergangen. „Es ist furchtbar“, sagte Keith Dailey dem Sender KGO im US-Bundesstaat Kalifornien. Das Ehepaar und ihre Hunde schlafen im Wagen, bekommen aber in dem Durcheinander mit vielen anderen Flüchtlingen kein Auge zu. Eine Rückkehr in ihr Haus nahe des Oroville-Staudamms ist für die Daileys und 200.000 andere Bewohner der Gegend vorerst ausgeschlossen.
Die Behörden befürchten, dass eine zehn Meter hohe Flutwelle aus dem Stausee hinter dem Damm ins Tal donnern könnte. Experten arbeiten an Notlösungen – doch der nächste Regenguss könnte die Katastrophe auslösen.
Ironischerweise hatte Kalifornien nach langer Dürre auf viel Regen und Schnee in diesem Winter gehofft. Tatsächlich gab es in den vergangenen Wochen und Monaten so viel Niederschlag, dass die Staudämme in den Bergen gut gefüllt sind. Doch der Segen wird am Oroville-Damm, dem mit 235 Metern höchsten Damm der USA, zum Fluch.
Die Gefahr geht nicht vom eigentlichen Damm aus, sondern von einem Überlaufkanal daneben. Die ins Tal führende Betonrinne weist ein Loch von der Größe eines Fußballfeldes auf, sodass das Wasser aus dem fast überfließenden Damm in einer Kaskade in den Feather-River am Fuß des fast 50 Jahre alten Dammes schießt. Hier besteht die Gefahr, dass weitere Teile der Rinne zerstört werden.
Zum ersten Mal seit dem Bau des Oroville-Damms wird wegen des hohen Wasserpegels möglicherweise ein Notabfluss neben dem Überlaufkanal zum Einsatz kommen – aber Fachleute befürchten, dass dort der Betonrand des Stausees brechen und sich das Wasser in einer gewaltigen Welle unkontrolliert nach unten ergießen könnte.
Erst am Sonntag war den Behörden das Ausmaß der Erosionen an den Überlaufrinnen aufgefallen – daher die überstürzten Evakuierungen. Eilig und mit Hilfe von Baggern und Hubschraubern versuchen Bautrupps nun, die Löcher in der Abflussrinne mit Felsbrocken notdürftig zu verschließen. Es ist ein Wettlauf gegen die Zeit: Am Montagabend lag der Wasserpegel des Stausees weniger als drei Meter unter der Marke, bei der das Wasser über den Notabfluss ins Tal schießen wird. Um den Pegel nicht noch weiter ansteigen zu lassen, wurden vorübergehend fast 3000 Kubikmeter Wasser pro Minute über den beschädigten Überlaufkanal abgelassen.
Wasserpegel soll gesenkt werden
Bis der von Meteorologen erwartete neue Regen in der Gegend fällt, soll der Wasserpegel hinter dem Damm auf diese Weise um knapp 20 Meter gesenkt werden, sodass der Stausee genug Kapazität hat, um den Niederschlag aufzufangen. Ob das gelingt, weiß niemand. Gegen Ende dieser und zu Beginn der nächsten Woche wird das zusätzliche Wasser aus den Zuläufen den Oroville-See erreichen.
Die Zeitung „USA Today“ meldete, möglicherweise würden die evakuierten Menschen erst in zwei Wochen wieder in ihre Häuser zurückkehren können. Katastrophenhelfer verteilen Wasser und Decken an die Betroffenen, von denen die meisten keine Zeit hatten, genügend Proviant und Kleider für eine längere Zeit einzupacken. Jerry Brown, der Gouverneur von Kalifornien, bat die Bundesregierung in Washington um Hilfe und wies auf eine „potenziell katastrophale Überflutung“ des Landstriches unterhalb des Dammes hin. Bis zu 30 Kilometer weit könnte sich die Reichweite der Flutwelle erstrecken.
Unterdessen werden immer mehr kritische Fragen an die Behörden gerichtet, doch die bleiben überzeugende Antworten schuldig. Wie kann es sein, dass in einem hochentwickelten Land wie den USA wichtige Teile der Infrastruktur vor sich hin rotten, ohne dass jemand einschreitet? „Wir verstehen noch nicht so richtig, wie diese Erosion entstehen konnte“, sagte der Direktor des zuständigen Wasserbauamtes, Bill Croyle.
Bisher reichte die erste Betonrinne am Oroville-Damm in jedem Winter aus, um überschüssiges Wasser ins Tal abfließen zu lassen. Doch die Rekord-Niederschläge dieser Saison haben das Riesenloch in der Rinne aufbrechen und den schlechten Zustand des Notabflusses deutlich werden lassen.
Dabei hätte die Gefahr mit etwas mehr Umsicht verhindert werden können, sagen Kritiker. Schon vor zwölf Jahren wiesen Umweltschutzverbände auf den schlechten Zustand der Überflusskanäle hin und verlangten eine Beton-Auskleidung auch für den Notabfluss. Die Forderung wurde abgelehnt; eine solche Maßnahme sei unnötig und teuer, hieß es vonseiten der Behörden.
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