Rein ins Weihnachtsgeschäft: Das Shopping-Typen-Einmaleins
Shopping ist mehr als nur Einkaufen, es ist ein anspruchsvolles Hobby mit vielen unterschiedlichen Disziplinen. Ein Typologie der Tütenträgerinnen.
Weihnachten ist Shoppingzeit - erst vor den Feiertagen die Geschenke und danach das große Umtauschen. Oder - für manche die Krönung gelungener Geschenke: das Gutscheine einlösen. Meist geht es dazu Richtung Einkaufsmalls. Aber Menschen, die gerne shoppen, sind deshalb noch lange nicht alle gleich. Im Gegenteil! Eine Typologie.
DIE GEWISSENLOSE BINGE-SHOPPERIN
Mit hängenden Schultern sitzt sie in der S-Bahn, die braunen Papiertüten liegen wie ein Fächer vor ihr. Es war ein kurzer Rausch beim Billigausstatter.
Für 60 Euro hat sie ein komplettes Outfit erstanden: löchrige Jeans mit der Waschung der Stunde, eine knisternde Karo-Strickweste aus Polyester, ein Schwung Shirts und ein Paar Sneakers, die ihren beißenden Geruch nach Plastik später im Jugendzimmer verbreiten werden. Der Binge-Shopperin geht es nicht besonders. Das Hochgefühl ist verschwunden, ihr Taschengeldkonto überzogen. Und die Rothaarige aus der Parallelklasse hat als Erste auf Instagram ein Bild von sich in einer knisternden Karo-Strickweste hochgeladen.
Anzutreffen bei: Primark
Ihr Horror: Tüte bei Burger King stehenlassen
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DIE UNKOORDINIERTE KETTEN-KENNERIN
Ihr Jagdrevier: die Filialen der großen Ketten. Sie meidet den Samstagnachmittag und wildert gerne dienstags, mittwochs und donnerstags um die Mittagszeit am Ku’damm und an der Friedrichstraße, wenn die meisten Umkleidekabinen leer sind und sie sich nicht über Wollmäuse ärgern muss. Mit professionellem Blick erkennt sie die Neuigkeiten, reißt sie gezielt mit Bügel von der Stange und schichtet sie über ihren Unterarm. Am Ende kauft sie weder das hauchdünne Seidenkleid noch den geblümten Overall, sondern ein schlichtes Top mit Blockstreifen und Ohrringe. Dass sie im heimischen Kleiderschrank schon 15 Tops mit Blockstreifen hortet, verdrängt sie – ebenso wie die Tatsache, dass sie nie Ohrringe trägt.
Anzutreffen bei: H&M, Zara, Mango
Ihr Horror: H&M-Kooperation mit Raf Simons läuft, und sie hat nicht rechtzeitig davon erfahren.
Die Disziplinierten und die Maßlosen - und ihre T(r)icks
DIE PSEUDO-DISZIPLINIERTE EINMAL-PRO-SAISON-EINKÄUFERIN
Jedes Jahr Ende September stellt sie ihre Herbst- und Wintergarderobe zusammen. Dafür kramt sie die sorgfältig mit Bio-Mottenkugeln eingelagerten Kleidungsstücke hervor und zieht Bilanz: Was geht noch, was nicht mehr? Sie lädt sich die neuesten Ausgaben von „Brigitte“ und „Myself“ auf ihr Tablet und findet heraus, dass sich ihr Tweed-Anzug diese Saison gut mit einer schimmernden Bluse kombinieren lässt und dass ein Lederbeutel sich zu jedem Outfit eignet. Sie schreibt eine Liste mit den unverzichtbaren Basics: zwei weiße Langarmshirts, eine Brax-Jeans … Außerdem braucht die Einmal-pro-Saison-Einkäuferin ganz sicher eine neue Jack-Wolfskin-Jacke. Eine unvernünftige Investition, die sie sich mit etwas Bauchzwicken gönnt.
Anzutreffen bei: Galeria Kaufhof
Ihr Horror: Nach dreimaligem Tragen ist der neue Pullover ein Pilling-Opfer.
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DIE MAßLOSE SOFA-SCROLLERIN
Wer will denn bei diesem Sauwetter vor die Tür? Die Sofa-Surferin jedenfalls nicht. Erst recht nicht, seit sie sich eine kissenartige Tablet-Unterlage für ihren Laptop gekauft hat. Gerne verliert sich die Sofa-Surferin Abend für Abend in den unendlichen Weiten des Online-Shopping-Universums. Unsicher, ob ihre Füße in Größe 38 oder 39 passen? Kein Problem, bestellt sie eben zwei Paar Schuhe, beliebter Trick. Der Suchbegriff „schwarze Bluse bis 100 Euro“ ergibt 2854 Treffer? Sie hat ja Zeit. Scrollt und scrollt und scrollt und scrollt. Vergleicht Passformen, Knopfleisten und Brusttaschen. So lange, bis die Batterielaufzeit nur noch zwei Prozent zeigt. Dann verschiebt sie hektisch alle angeklickten Dinge von der Wunschliste in den Einkaufskorb. Wenn ein paar Tage später der Bote mit mehreren Paketen vor der Tür steht, wird sie plötzlich ganz kleinlaut. Gut, dass sie inzwischen gelernt hat, ihre Rücksendungen über die Packstation zu regeln. In der Postfiliale würde sie sich schämen.
Anzutreffen bei: Zalando
Ihr Horror: Lahmes Wifi
Billig oder exklusiv? Es kommt auf die Haltung an!
DIE VERBISSENE SCHNÄPPCHENJÄGERIN
Sale und Midseason-Sale sind ihre Zauberworte. Ihre Lieblingszeit: kurz nach Weihnachten, wenn in den Geschäften Ausnahmezustand herrscht und die Händler Platz für die Frühjahrsware brauchen. Den Rest des Jahres über wandert die Schnäppchenjägerin durch die Outlets dieser Stadt. Geduldig wühlt sie sich durch Grabbeltische – mit Erfolg, denn ihr geschultes Adlerauge findet den Burberry-Trenchcoat mit einer fehlenden Schnalle unter einem zerwühlten Haufen Strickschals. „Och, war runtergesetzt“, entgegnet sie jedem staunenden Kommentar. Oftmals steckt die Schnäppchenjägerin, die über einen sagenhaften Instinkt verfügt, auch ihre Freundinnen an. Doch komischerweise wird keine jemals von einem vergleichbaren Fund berichten können.
Anzutreffen bei: TK Maxx
Ihr Horror: Das See-by-Chloé-Kleid ist nur noch in XS da.
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DIE NÖLIGE HIGH-BROW-STAMMKUNDIN
Weil sie einen Termin gemacht hat, wird für sie vor der Designer-Boutique der rote Teppich ausgerollt. Man kennt ihren Namen. Noch ehe sie sich den Auslagen nähern kann, hält die High-Brow-Kundin bereits ein Glas Champagner in der Hand. Ein Stylist hilft ihr schließlich in die Robe und steckt umgehend Nadeln in den Stoff, um Länge und Weite zu ändern. Natürlich ist die High-Brow-Stammkundin eng befreundet mit der Designerin selbst sowie deren magerem Pinscher, für den sie immer ein paar Leckerli in ihrer Louis-Vuitton-Tasche mit sich führt. Nach erfolgter Transaktion betrachtet man gemeinsam die aktuelle „Gala“ und lästert über die Klamotten von Schauspielerinnen, die nicht hier einkaufen.
Anzutreffen bei: Lala Berlin
Ihr Horror: Heike Makatsch und Jasmin Tabatabei tragen beim „Bambi“ ganz ähnliche Kleider.
Voll veggie und die Angst vorm Ladenschluss
DIE HEIßE MARONEN SNACKENDE VINTAGE–VEGANERIN
In der einen Hand trägt sie den Jutebeutel („My other bag is Chanel“), in der anderen einen moosfarbenen Gemüsesaft. So steuert sie, in Begleitung ihres übermüdeten Walkers mit Männer-Bun, über die Flohmärkte dieser Stadt. Sie ernährt sich von heißen Maronen, Falafelbällchen und veganen Pfannkuchen. Gebrauchte Klamotten findet sie nicht nur superorganic, sondern auch superstylish. (Ihr Rolemodel ist ihre eigene Mutter auf einem Dia von 1988. Dass Mami ihre alte Closed-Karottenjeans und die pinkfarbenen Nike-Sneaker zum Roten Kreuz gegeben hat, wird sie ihr jedoch nie verzeihen.) Bummeln ist die Lebensphilosophie dieser Frau, auch in Sachen Liebe und Karriere agiert sie eher achtsam, also sehr langsam. Zu Weihnachten wünscht sie sich eine gebrauchte Nähmaschine, damit sie ihre Flohmarkttrophäen endlich in Ruhe costumizen kann.
Anzutreffen bei: Boxhagener Platz
Ihr Horror: Das Kunstfell am Parka ist Kaninchen, und ihr Freund macht jetzt in Pulled-Pork-Burger.
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DIE VERWÖHNTE DEPARTMENTSTORE-FETISCHISTIN
Sie lebt im Luxuskaufhaus. Um vom Beauty-Counter im Erdgeschoss, wo sie sich im Vorbeiflanieren die Augenbrauen zupfen lässt, bis zur Austernbar im 5. Stock, wo sie sich mit lieben Freundinnen trifft, vorzudringen, braucht sie sehr viel Zeit. Nie besucht sie ein anderes Geschäft – alles, was es hier nicht gibt, existiert auch nicht. Einige Verkäuferinnen verstecken sich vor ihr in den Umkleidekabinen, denn sie hat eine große Schwäche: Sie kann sich nicht entscheiden. Ein typischer Satz lautet: „Für mein Alter gibt es nirgendwo mehr etwas Passendes.“ Manchmal wird sie von anderen Kundinnen mit einer Verkäuferin verwechselt, weil sie Anprobiertes selber auf Kante faltet und auf den Stapel zurücklegt. Abends legt sie sich in die Bettenabteilung und schläft ihren Rausch aus.
Anzutreffen bei: KaDeWe
Ihr Horror: Die Durchsage: „Werte Kunden, wir schließen in fünf Minuten.“
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