Mehr als 700 Filme: „Das Leben des Brian“ und „Heidi“ sind an Karfreitag verboten – warum?
Es gibt eine Liste mit mehr als 700 Filmen, die am Karfreitag nicht gezeigt werden dürfen. Wer hat das entschieden? Wer steckt dahinter? Wer leistet Widerstand?
Der Film „Das Leben des Brian“ ist für Menschen mit religiösen Gefühlen schwere Kost. Es gibt kaum einen satirischen Film, der so respektlos mit dem Glauben umgeht. Wenn es eine Zensur gäbe, dann wäre dieser Film zweifellos ein heißer Kandidat für ein Verbot.
Es gibt tatsächlich eine Liste von mehr als 700 Filmen, die an Karfreitag in Deutschland nicht öffentlich gezeigt werden dürfen. Das berühmteste Beispiel ist „Das Leben des Brian“ von Monty Python. Aber auch „Heidi in den Bergen“ gehört dazu, ein gewiss harmloser Film, den auch Kinder anschauen dürfen, ohne sittlich in Gefahr zu geraten – wie auch „Max und Moritz“. Bei „Jungfrau unter Kannibalen“ sind die Einwände wohl eher klar.
Warum aber ist an Karfreitag das öffentliche Zeigen von mehr als 700 Filmen verboten? Wer sagt das? Wer steckt hinter dieser Liste? Karfreitag ist ein sogenannter stiller Tag, wie auch der Volkstrauertag und der Totensonntag, in manchen Bundesländern auch Allerheiligen. An Karfreitag wird der Tod von Jesus Christus beklagt. Der Tag soll nach christlichem Glauben still verbracht werden. Deshalb gilt in Deutschland ein gesetzliches Tanzverbot sowie ein Verbot von Musik- und Sportveranstaltungen. Und ein Verbot besagter Filme.
Das Karfreitagsverbot wird von Bundesland zu Bundesland verschieden streng gehandhabt, dabei ist es wenig verwunderlich, dass Bayern am einen Ende und Berlin am anderen Ende der Maßnahmenliste steht. In Berlin gilt das Verbot an Karfreitag von 4 bis 21 Uhr, weshalb nach 21 Uhr wieder der Bär steppt.
Da Atheisten mindestens genauso stur sein können wie ihre Gegner, trugen sie ihren Kampf gegen das Karfreitagsverbot bis vor das Bundesverfassungsgericht, das die strenge bayerische Regelung 2006 doch tatsächlich für verfassungswidrig erklärte. Das Verbot musste ein kleines bisschen gelockert werden.
Die Sache mit der Liste
Woher aber kommt die Liste mit den Filmen? Das ist eine von vielen Skurrilitäten in der Geschichte der Zensur in Deutschland. Erstellt wird die Liste von der FSK, der Freiwilligen Selbstkontrolle der Filmwirtschaft. Jeder Filmverleih, der einen Film in Deutschland zeigen will, muss dort eine Freigabe beantragen. Dabei geht es in erster Linie um die Freigabe für Jugendliche, aber auch die Zulassung an den sogenannten stillen Tagen.
Im Fall der Satire „Das Leben des Brian“ gab die FSK im Jahr 1980 den Film frei, aber nicht für die stillen Tage, wie ein Sprecher sagte. Warum nicht? Die Begründung, so heißt es, darf die FSK nicht öffentlich bekanntgeben, ohne dass eine Genehmigung des Antragstellers, also des Filmverleihs, vorliegt. „Aber Sie können sich ja den Grund denken“, sagt der Sprecher, „und das ist auch der Grund“.
Und wie steht es bei „Heidi in den Bergen“? Da hatte der Filmverleih vergessen, bei der FSK zusätzlich eine Freigabe für die stillen Tage zu beantragen. Das war bis vor einiger Zeit notwendig und die Verleihe haben einfach nicht daran gedacht. Daher kommt die große Zahl von mehr als 700 Filmen zustande, die auf der Liste stehen. Diese Zahl steigt jetzt viel langsamer, seit das Verfahren so übersichtlich gestaltet wurde, dass Filmverleiher immer auch die stillen Tage beantragen.
Absurdes Theater. Kirchengegner lieben das. Der Rentner Martin Budich in Bochum hat die Initiative „Religionsfrei in Bochum“ gegründet. Der Film „Das Leben des Brian“ ist eine ideale Möglichkeit, Kirche und Obrigkeit zu provozieren. Seit Jahren zeigt die Initiative an Karfreitag den Streifen öffentlich im „Riff“. Das „Riff“ ist eine in Bochum angesagte Location.
Gegen Bußgeldentscheide ging die Initiative durch viele Instanzen. In diesem Jahr nutzt sie eine kleine Lücke, die das Bundesverfassungsgericht geschaffen hat. Man dürfe eine Ausnahmegenehmigung beantragen, bei der Bezirksregierung. Die ist jetzt prompt eingeknickt.
Der Sprecher der Bezirksregierung, Christoph Söbbeler, sagte dem Bonner „General-Anzeiger“, die Ausnahmegenehmigung gelte nur für dieses Jahr und ändere nichts an den Karfreitags-Regelungen. „Durch die Art und Weise der Filmvorführung in einem geschlossenen Raum mit einer geringen Teilnehmerzahl sind keine Auswirkungen zu befürchten, die den äußeren Ruherahmen des mit einem besonderen Stilleschutz ausgestatteten Tages beeinträchtigen könne“, wird aus der Ausnahmegenehmigung zitiert.
Diese Begründung macht den großen Sieg des Freigeists schon wieder etwas kleiner. Aber der Kampf geht weiter.
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