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Auf dem Fichtelberg in Sachsen ahndete die Polizei besonders viele Verstöße gegen die Corona-Auflagen.
© Imago
Update

„So viele Tagesausflügler hatten wir noch nie“: Corona-Verstöße bei Ansturm auf beliebte Wintersportorte

Fichtelberg, Sauerland, Schwarzwald: Trotz Warnungen strömen viele Deutsche in den Schnee. In Österreich verschärfen viele Skigebiete ihre Regeln am Montag.

Die lauten Stimmen in Deutschland, dass Kontakte über die Weihnachtstage reduziert werden und die Menschen möglichst zu Hause bleiben sollen, waren kaum zu überhören. Politiker, Epidemiologen, Ärzte – sie alle warnten vor den Folgen, sollte die Corona-Pandemie zum Ende des Jahres 2020 noch einmal Fahrt aufnehmen.

Vor diesem Hintergrund verwundern die aktuellen Bilder aus Deutschland. Vor allem im Erzgebirge, Sauerland und Schwarzwald gab es einen Ansturm an Tagestouristen, die sich teils nicht an die Corona-Maßnahmen hielten.

Besonders verwunderlich sind die Bilder aus Sachsen, dem Bundesland, wo die Inzidenz mit Abstand am höchsten ist und wo es die strengsten Kontakt- sowie Ausgangsbeschränkungen gibt. Dort hat die Polizei auf dem bei Urlaubern beliebten Fichtelberg im Erzgebirge an den beiden Weihnachtsfeiertagen allein mehr als 100 Verstöße gegen die Corona-Regeln registriert.

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Zahlreiche Menschen seien ohne notwendigen, triftigen Grund am Fichtelberg unterwegs gewesen, teilte die Polizei am Sonntag dem Mitteldeutschen Rundfunk (MDR) zufolge mit. Am 25. Dezember seien deshalb 54, am 26. Dezember 52 Menschen wegen des Verstoßes gegen die Corona-Schutzverordnung des Landes angezeigt worden.

Nach Angaben von MDR-Reportern seien viele Menschen ohne Maske unterwegs gewesen und hätten Mindestabstände ignoriert. Die Autoparkplätze seien überfüllt und nicht nur lokale Autokennzeichen zu sehen gewesen. Dabei ist es Menschen nicht erlaubt, sich weiter als 15 Kilometer von zu Hause zu entfernen und auch das unter anderem nur, wenn sie einkaufen oder Sport machen.

Sport machen ist allerdings nur bedingt möglich, da die Pisten vom Gipfel des Fichtelbergs – dem mit 1215 Metern höchsten Bergs des Erzgebirges – wie in vielen deutschen Skigebieten bis ins Tal gesperrt sind. Rodeln gilt außerdem nicht als Sport. Die Polizisten waren unter anderem durch Hinweise von Anwohnern auf die Situation aufmerksam gemacht worden. Zahlreiche Bilder in den sozialen Netzwerken zeigten das teils dichte Gedränge im Corona-Hotspot.

Solche Bilder gibt es auch aus Winterberg im Sauerland. Wegen des Schneefalls waren dort der Westfalenpost zufolge tausende Tagestouristen unterwegs – trotz Corona und des Sturmtiefs „Hermine“. Kennzeichen aus dem gesamten Ruhrgebiet, dem Münsterland und Düsseldorf seien dort erkannt worden. Orte, die mehr als 100 Kilometer entfernt sind.

Viele Autos hatten Probleme mit der glatten Straße, auch Lastwagen standen quer: Bilder, die in vergangenen Wintern gewöhnlich waren, in diesem Winter allerdings aufgrund der Pandemie verwundern.

In Winterberg rodelten zahlreiche Menschen und sorgten für überfüllte Zufahrtswege.
In Winterberg rodelten zahlreiche Menschen und sorgten für überfüllte Zufahrtswege.
© Cevin Dettlaff/dpa

Viele Parkplätze seien völlig überfüllt gewesen, berichteten Augenzeugen. An den Skihängen, die Lifte sind allesamt geschlossen, sammelten sich Menschentrauben ohne Abstand und größtenteils ohne Masken.

Die Stadt schätzte die Staulänge rund um Winterberg nach Angaben von Stadtsprecherin Rabea Kappen am Sonntag auf insgesamt 45 Kilometer. „So viele Tagesausflügler hatten wir in den letzten 20 Jahren nicht - wahrscheinlich noch nie“, sagte Kappen.

Am Montag appellierte deshalb sowohl die Stadt Winterberg als auch die Kreispolizei indirekt an Tagesausflügler, nicht mehr in den Wintersportort zu fahren. „Die Straßen rund um Winterberg sind überfüllt. Es kommt zu erheblichen Staus und sehr langen Wartezeiten“, twitterte der Sprecher des Kreispolizei des Hochsauerlandkreises, Sebastian Held, am Montag.

„Rechtlich dürfen Sie die Skigebiete besuchen. Ob es richtig und sinnvoll ist in der jetzigen Zeit, müssen Sie selber entscheiden“, schrieb er weiter.

Rund um den Höhenort Dobel im Schwarzwald waren ähnliche Bilder zu sehen, allerdings griff die Polizei dort durch. Der Pforzheimer Zeitung zufolge sperrten die Beamten die Zufahrtsstraßen nach Dobel, als die Menschenmasse zu groß wurden. Die Schlittenhänge seien schon am Morgen voll gewesen.

Als später dann auch die Parkplätze mit Tagestouristen völlig überfüllt gewesen seien, fasste der Sprecher des Polizeipräsidiums Pforzheim in Absprache mit dem Bürgermeister den Entschluss. Nur noch Anlieger und Busse durften demnach die Kontrollstellen der Polizei passieren. Wer einen Schlitten im Auto hatte, musste wieder umkehren. Autos, die schon früher da gewesen seien, hätten auch Einfahrten zugeparkt und sich auf Privatgrundstücke gestellt.

Angesichts der teils chaotischen Zustände rief das Landesgesundheitsministerium am Montag zum anstehenden langen Wochenende zu Zurückhaltung auf. „Wir appellieren an die Menschen, auf Tagesausflüge zu verzichten und die bestehenden Regeln nicht auszureizen“, sagte ein Sprecher des baden-württembergischen Ministeriums.

Er wies darauf hin, dass die Lockerungen der Ausgangsbeschränkungen für private Treffen lediglich über die Weihnachtsfeiertage galten. Auch an Silvester, Neujahr sowie dem Wochenende sind damit tagsüber Sport und Bewegung an der frischen Luft nur alleine, mit Angehörigen des eigenen Haushalts oder mit einer weiteren, nicht im selben Haushalt lebenden Person erlaubt.

Und nicht nur in Deutschland sorgten Touristen im Schnee für Riesenandrang und Verkehrschaos: Allerdings liegt das in Österreich vor allem daran, dass die Skigebieten tatsächlich geöffnet sind.

Allerdings gab es am Wochenende teils so große Verkehrsstaus, dass einige Skigebiete die Notbremse zogen und den Zutritt sperrten. Das Bodental in Kärnten, das Winterwandern und Langlauf bietet, blieb nach dem Ansturm von Samstag am Sonntag geschlossen, ebenso die Rodelwiesen in Semmering rund 100 Kilometer südwestlich von Wien. In Damüls in Vorarlberg rund 70 Kilometer südlich von Lindau am Bodensee musste eine zu große Menschenansammlung aufgelöst werden.

Skigebiete in Österreich verschärfen Sicherheitsregeln

Am Montag verschärften viele Skigebiete die Maßnahmen daher nochmals. In Österreich gehören zu den schärferen Sicherheitsregeln etwa eine weitere Begrenzung der Parkplätze, mehr Platz zum Anstellen und mehr Ordner, wie das Bundesland Oberösterreich am Montag mitteilte.

In Österreich sind viele Skigebiete geöffnet, allerdings praktisch nur für Einwohner. Für Anreisende aus dem Ausland gilt eine zehntägige Quarantänepflicht, was die meisten Touristen abschreckt. Zudem sind die besonders wirksamen FFP2-Masken als Mund- und Nasenschutz für alle Skifahrer über 14 Jahre vorgeschrieben, die Gondeln oder Lifte benutzen oder anstehen müssen.

Volle Parkplätze an Skiliften in Österreich
Volle Parkplätze an Skiliften in Österreich
© Imago/Michael Kristen

Das Gedränge in Damüls entstand wegen Schneemangels in benachbarten Gebieten, teilte Andreas Gapp, Chef der Vorarlberger Seilbahnen, am Sonntag mit. „Wir haben hieraus gelernt und werden schnellstmöglich unsere Konzepte anpassen.“ Er zog ansonsten eine positive Bilanz der Weihnachtstage. „Die Leute tragen die FFP2 Maske, halten Abstand und akzeptieren die Gastronomieregeln“, sagte er.

Österreichs Wirtschaftsminister Markus Achleitner appellierte an die Wintersportler, erst ab Mittag in die Skigebiete zu kommen, weil dann viele Gäste vom Vormittag wieder auf dem Heimweg seien. Vor allem in den oberösterreichischen Skigebieten Hinterstoder, Wurzeralm und Kasberg halfen seine Appelle nicht:

Im Bodental und am Semmering waren es „massenhaft am Straßenrand parkende Fahrzeuge“, die die Behörden alarmierten. Teils sei die Zufahrt von Feuerwehr- oder Rettungswagen behinderten gewesen, hieß es. Hunderte Ausflügler seien dann unterwegs und die Corona-Abstandsregeln nicht mehr zu gewährleisten gewesen.

Semmering hatte am 1. Weihnachtstag noch vergeblich versucht, die Zahl der Rodler mit Absperrgittern zu begrenzen. Beide Gemeinden schlossen die Zufahrten am Sonntag ganz. Die Bergbahnen am Semmering-Hirschenkogel fuhren aber weiter. Skigäste, die online gebucht hatten, konnten sie nutzen. Die Seilbahnen haben ihre maximale Gästeanzahl wegen der Corona-Abstandsregeln auf weniger als die Hälfte reduziert. (mit dpa)

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