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Rettungskräfte am Wrack des abgestürzten Busses in der Gemeinde Caniço.
© Rui Silva/AFP
Update

Unter den Opfern viele Deutsche: Bus mit Touristen stürzt auf Madeira in die Tiefe – 29 Tote

Auf der portugiesischen Atlantikinsel sterben bei dem Unglück mindestens 29 Menschen. Kanzleramtsminister Braun zufolge sind es „vorwiegend deutsche Urlauber”.

„Madeira ist Tradition“ – so steht es in großen Lettern auf der Seite des weißen Reisebusses. Tatsächlich wollten die deutschen Touristen zu einem typisch madeirischen Abendessen, doch der heitere Abend kurz vor Ostern endet in einer Katastrophe: Der Bus stürzt die Böschung hinab, scheint sich mindestens einmal zu überschlagen und wird erst von einem mit roten Ziegeln gedeckten Haus gestoppt.

Aktuellen Angaben zufolge kommen mindestens 29 Menschen bei dem Unglück auf der portugiesischen Atlantikinsel ums Leben. Wie der deutsche Kanzleramtsminister Helge Braun in einem Pressestatement am Donnerstagmittag sagte, sind die Opfer und die 28 Verletzten "vorwiegend deutsche Urlauber". Genaue Zahlen werde man aber erst nennen, wenn alle Opfer identifiziert und auch alle Angehörigen benachrichtigt seien. Unter den Verletzten sind auch zwei Portugiesen: der Fahrer und ein Fremdenführer.

Nach TV-Berichten waren möglicherweise auch zwei Einheimische unter den Toten. Die Identifizierung der Opfer soll nach Angaben Krankenhauses „Dr. Nélio Mendonça“ in Funchal voraussichtlich bis Samstag abgeschlossen sein.

Wir müssen davon ausgehen, dass unter den Opfern viele Deutsche sind. Unser Mitgefühl gilt den Angehörigen der Toten, wir hoffen mit den Verletzten.

Heiko Maas

Helge Braun sagte, in Madeira seien bereits deutsche Beamte für die Identifizierung der Opfer vor Ort. Man "unternehme alles, um schnell Gewissheit für die Angehörigen schaffen zu können". Eine Vertreterin des Krankenhauses „Dr. Nélio Mendonça“ in der Hauptstadt Funchal hatte zuvor bei einer Pressekonferenz am Donnerstagvormittag angekündigt, man hoffe, am Samstag mehr über die Identität der Todesopfer sagen und dann die Leichen übergeben zu können. Außenminister Heiko Maas wird noch am Donnerstag zusammen mit Ärzten und Psychologen nach Madeira reisen. Außerdem sollte am Donnerstag noch geklärt werden, ob der Transport Airbus MedEvac der Bundeswehr Verletzte nach Deutschland bringen werde.

„Noch haben wir keine Gewissheit, wie viele Deutsche unter den Opfern sind“, sagte Maas vor dem Abflug. Die Botschaft in Lissabon arbeite mit Hochdruck gemeinsam mit den lokalen Behörden an der Aufklärung, der Botschafter sei am Mittag mit einem Team auf Madeira gelandet. „Es ist erschütternd, dass aus dem Osterurlaub für so viele Menschen eine Tragödie geworden ist“, sagte Maas. „Sie wurden jäh aus dem Leben gerissen oder kämpfen mit schweren Verletzungen.“

Fahrer hatte offenbar in einer Kurve die Kontrolle verloren

Unter den 29 Todesopfern seien 17 Männer und zwölf Frauen zwischen 40 und 60 Jahren, teilte die Klinik mit. Zuvor war von 18 Männern und elf Frauen die Rede gewesen. 28 Menschen starben nach Informationen des Krankenhauses noch am Ort des Busunglücks vom Mittwochabend. Weitere 28 Verletzte – 18 Frauen und zehn Männer – seien ins Krankenhaus gebracht worden, wo dann ein Opfer auf der Intensivstation gestorben sei. Neun Verletzte hätten bereits entlassen werden können.

Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble zeigt sich tief erschüttert: "Ich bin mit meinen Gedanken bei den Hinterbliebenen und den zahlreichen Verletzten, denen ich schnelle Genesung wünsche. Mein besonderer Dank gilt den Rettungskräften vor Ort und all denen, die den Betroffenen bei der Bewältigung dieser menschlichen Tragödie jetzt zur Seite stehen. Ihnen wünsche ich Kraft und Zuversicht bei dieser schweren Aufgabe."

„Mein Gott, ich bin sprachlos“, sagt der Bürgermeister der Gemeinde Caniço, Filipe Sousa. Der Fahrer hat offenbar in einer Kurve die Kontrolle über den Bus verloren, der daraufhin den Abhang hinunter in ein Wohnviertel stürzte. Die Windschutzscheibe ist gesplittert, das Dach fast vollkommen abgerissen. Im Fernsehen ist zu sehen, wie Rettungskräfte Verletzte stützen oder auf Tragen den steilen Hang hinaufbringen. Leichentücher bedecken die Toten. Im Hintergrund heulen Sirenen.

„Mir wurde gesagt, dass es alles Deutsche sind“, sagte der portugiesische Präsident Marcelo Rebelo de Sousa. Eigentlich wollte der Staatschef gleich an die Unglücksstelle eilen, doch dann entschied er sich gegen einen Flug nach Madeira. Die Militärflugzeuge sollen für mögliche Krankentransporte auf das Festland zur Verfügung stehen. „Es ist viel wichtiger, die Verletzten zu retten, als dass der Präsident heute abreist“, sagte er.

Der portugiesische Präsident wird nun an diesem Freitag auf Madeira erwartet. Dies meldete der Nachrichtensender tvi24 am Donnerstag.

Portugiesische Luftwaffe will drei Militärflieger schicken

Die portugiesische Luftwaffe will drei Maschinen nach Madeira schicken. „Wir bereiten zwei Flugzeuge vom Typ Falcon 50 und eine C-295M mit medizinischer Ausrüstung vor, um die Opfer der Tragödie von Madeira zu versorgen und sie - sofern das nötig ist - schnell auf den Kontinent zu transportieren“, hieß es in einer Mitteilung der Luftwaffe.

Medienberichten zufolge waren die Urlauber im Alter zwischen 40 und 60 Jahren auf dem Weg von ihrem Hotel in ein Restaurant in der Provinzhauptstadt Funchal. Nach Angaben des Hotels handelt es sich um Touristen aus verschiedenen Teilen der Bundesrepublik. Es sei keine gemeinsame Gruppe gewesen, sagte eine Mitarbeiterin des Hotels „Quinta Splendida“ in dem Ort Caniço am Donnerstagmorgen der Deutschen Presse-Agentur. Vielmehr seien die Reisenden zu verschiedenen Zeitpunkten auf Madeira angekommen und hätten über einen deutschen Reiseveranstalter und dessen portugiesischen Partner Ausflüge gebucht hätten. Die Gäste des Veranstalters reisten normalerweise immer donnerstags und dienstags an, hieß es weiter.

„Mit großer Erschütterung haben wir von dem tragischen Busunglück auf Madeira erfahren. Wir müssen leider davon ausgehen, dass Opfer aus Deutschland sind“, twitterte das Auswärtige Amt am Mittwochabend. Regierungssprecher Steffen Seibert schrieb: „Entsetzliche Nachrichten erreichen uns aus Madeira. Unsere tiefe Trauer gilt all denen, die in dem verunglückten Bus ihr Leben verloren haben, unsere Gedanken sind bei den Verletzten.“

Bundespräsident Steinmeier kondoliert

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier teilte am Donnerstag mit: „Ich bin tief erschüttert über den tragischen Unfall auf ‎Madeira, durch den so viele Menschen aus dem Leben gerissen wurden. In Gedanken bin ich bei den Familien und Freunden der Opfer, wie viele Menschen hier in Deutschland. Wir trauern und fühlen alle mit ihnen. Den Verletzten wünsche ich gute und baldige Genesung. Mein großer Dank geht an die Rettungs- und Einsatzkräfte auf Madeira, die schnell am Unglücksort Hilfe geleistet haben. Dem portugiesischen Präsidenten Sousa danke ich für seine Anteilnahme in diesen schweren Stunden.“

Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel reagierte mit "Trauer und Bestürzung" auf das "fürchterliche Busunglück". Sie kündigte an, das Auswärtige Amt werde "den Angehörigen soweit als möglich in diesen schmerzhaften Stunden und Tagen zur Seite stehen".

Sousa hatte zuvor den Hinterbliebenen kondoliert und den Verletzten eine schnelle Genesung gewünscht. In einer Nachricht an Steinmeier hatte er geschrieben: „In diesem Moment sind Portugal und Deutschland im gemeinsamen Schmerz vereint.“

Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) zeigte sich ebenfalls betroffen. „Das tragische Busunglück auf Madeira erschüttert uns schwer“, schrieb Maas am Donnerstag bei Twitter. Es sei davon auszugehen, „dass unter den Opfern viele Deutsche sind“. Maas sprach den Angehörigen der Toten sein Mitgefühl aus und fügte hinzu: „Wir hoffen mit den Verletzten.“

Genaue Herkunft der Urlauber noch ungewiss

Das Auswärtige Amt richtete einen Krisenstab ein. Er ist unter der Telefonnummer 030-50003000 zu erreichen. Die deutsche Botschaft stehe in engem Kontakt mit den portugiesischen Behörden auf Madeira, um die Identität der Opfer zu klären und den Verletzten beizustehen, twitterte das Krisenreaktionszentrum des Auswärtigen Amtes am späten Mittwochabend.

Auch die Unglücksursache ist bislang noch offen. Medien berichteten, ein mechanisches Problem sei wahrscheinlich der Grund gewesen – entweder ein Bremsausfall oder ein eingeklemmtes Gaspedal. Die Busfirma SAM will bei der Aufklärung helfen. „Es ist unser Wille und unser Bestreben, dass alle Fakten, Gründe und Verantwortlichkeiten des Unfalls ermittelt werden“, heißt es in einer Mitteilung des Verkehrsunternehmens. „Wir werden uneingeschränkt mit den Ermittlungsbehörden zusammenarbeiten.“

Bus soll relativ neu gewesen sein

Der verunglückte Reisebus war offenbar relativ neu. Das Fahrzeug sei im Februar 2013 zugelassen worden und damit nur rund sechs Jahre alt gewesen, berichtete die Zeitung „Diário de Notícias“ am Donnerstag ohne Nennung von Quellen. Bei dem Fahrer, der bei dem Unfall verletzt wurde, handele es sich um einen 55-Jährigen mit viel Berufserfahrung, hieß es weiter. Er habe einen von insgesamt drei Bussen gefahren, die die Urlauber vom Hotel „Quinta Splendida“ in der Gemeinde Caniço zu einem Abendessen in der Hauptstadt Funchal bringen sollten.

An Bord des Unglücksbusses auf der portugiesischen Urlaubsinsel Madeira waren nach bisherigen Erkenntnissen Gäste des Reiseveranstalters "trendtours 51". Die Reisegruppe sei auf dem Weg zu einer Abendveranstaltung nach Funchal gewesen, teilte eine Kommunikationsagentur am Donnerstag im Namen der in Frankfurt/Main ansässigen trendtour Touristik GmbH mit. Der Bus sei von einem lokalen Veranstalter gechartert worden. „Wir sind alle zutiefst erschüttert. Unsere Gedanken sind bei den Opfern und deren Angehörigen.“ Der Reiseveranstalter habe ein Team nach Madeira entsandt, um die überlebenden Unfallopfer zu unterstützen.

Die wegen ihres milden Klimas bei Urlaubern beliebte „Blumeninsel“ steht nach dem schweren Busunfall unter Schock. Er empfinde große Trauer, sagte der Bischof von Funchal, Nuno Brás. „Ich empfehle jene, die gestorben sind, in die Hände Gottes und sende ihren Familien mein Beileid.“

Die Regionalregierung ordnete eine dreitägige Trauerzeit für die Insel an. Diese gelte von Donnerstag bis Samstag, hieß es in einer Erklärung des Regierungsrats der Autonomen Region Madeira. Demnach werden die Flaggen an allen öffentlichen Gebäuden auf Madeira während der drei Tage auf halbmast gesetzt. (Tsp, dpa, AFP)

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