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Anders Behring Breivik am zweiten Tag seines Prozesses in Oslo.
© AFP
Update

Breivik-Prozess in Oslo: Breivik prahlt mit seinen Mordtaten

Der norwegische Massenmörder Anders Breivik hat sich in seiner Aussage vor dem Gericht in Oslo mit seinen Taten gebrüstet und seine Opfer verhöhnt. Seine Tat sei "der spektakulärste politische Angriff eines Nationalisten seit dem Zweiten Weltkrieg".

In einer provokanten Rede hat sich der norwegische Attentäter Anders Behring Breivik vor Gericht mit seinen Taten gebrüstet. Er habe „aus Güte, nicht aus Boshaftigkeit“ gehandelt, um einen Bürgerkrieg zu verhindern, und „Ja, ich würde es wieder tun“, sagte der 33-Jährige mit Blick auf die Anschläge in Oslo und auf der Insel Utöya, als er am Dienstag eine Erklärung verlas. Er bezeichnete seinen Doppelanschlag als „präventiv“, weil er einen Kampf der Kulturen in Europa habe verhindern wollen, und forderte einen Freispruch.

Zu Beginn seiner Anhörung erlaubten die Richter Breivik, ein Manuskript vorzutragen. Der Angeklagte sagte, er habe angesichts der Opfer seine Rhetorik abgeschwächt. Seine auf 30 Minuten angelegte Erklärung zog sich letztlich aber auf mehr als eine Stunde hin. Diese Zeit nutze er, um wie befürchtet seine islam- und einwanderungsfeindliche Ideologie zu verbreiten. Er wurde mehrmals von der Vorsitzenden Richterin Wenche Elizabeth Arntzen unterbrochen, die ihn aufforderte, seine Rede abzukürzen.

Bei den Opfern auf Utöya, habe es sich nicht um „unschuldige Kinder“ gehandelt, sondern um „politische Kämpfer“, sagte der 33-Jährige. Auf der Ferieninsel hatte er 69 Teilnehmer eines Ferienlagers der regierenden Arbeiterpartei erschossen. Breivik macht die Partei für die seiner Ansicht nach voranschreitende Islamisierung Norwegens mitverantwortlich. Die Jugendorganisation der Partei verglich Breivik in seiner Erklärung mit der Hitler-Jugend. Die meisten ihrer Mitglieder seien „naiv“ und „indoktriniert“. „70 Menschen zu töten, kann einen Bürgerkrieg verhindern“, ergänzte er.

Breivik lobte in seiner Erklärung auch die mutmaßlichen Täter anderer rechtsextremer Anschläge in Europa. Er erwähnte das Terror-Trio des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU), das in Deutschland für die Morde an zehn Menschen verantwortlich gemacht wird. Die Gegner von Einwanderung und Multikulturalismus hätten sich seit dem Zweiten Weltkrieg nicht frei äußern dürfen, sagte er. "Es sind diese Ungerechtigkeiten, die mich, den Lasermann in Schweden und die NSU in Deutschland schafften", sagte der rechtsradikale Islamhasser. Der als "Lasermann" bekanntgewordene Schwede John Ausonius hatte von 1991 bis 1992 mit einer Schusswaffe Jagd auf dunkelhäutige Opfer gemacht. Er wurde wegen Mordes und neun Mordversuchen zu lebenslanger Haft verurteilt. In Deutschland war im vergangenen Jahr war eine beispiellose Mordserie der Terroristen des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU) aufgeflogen.

Oslo ist eine „multikulturelle Hölle“

Seine Tat sei „der spektakulärste politische Angriff eines Nationalisten seit dem Zweiten Weltkrieg“, sagte Breivik. Und: Es sei ihm die „größte Ehre“, sein Leben im Gefängnis zu verbringen oder für sein Volk zu sterben. „Multikulti“ sei eine „selbstzerstörerische Ideologie“, die Norwegen nur „Sushi und Flachbildschirme“ bringen werde, aber die ethnischen Norweger bald zu einer Minderheit in ihrem eigenen Land mache. Der Rechtsextremist beschrieb Oslo als „multikulturelle Hölle“.

Zum Abschluss seiner Einlassungen verteidigte er erneut seine Taten: „Die Anschläge vom 22. Juli waren präventive Anschläge um die Ur-Norweger zu verteidigen.“ Er habe „in einer Notsituation im Namen meines Volkes, meiner Kultur und meines Landes“ gehandelt. Deshalb fordere er, freigesprochen zu werden.

Später verwies Breivik erneut auf zwei weitere angeblich existierende „unabhängige Zellen“. Er sei ein „Kommandeur“, der „lose Verbindungen“ mit zwei weiteren Zellen unterhalte. Breivik hatte schon vor dem Prozess behauptet, Kontakte zu zwei „Zellen“ in Norwegen und weiteren im Ausland gehabt zu haben. Der norwegische Geheimdienst erklärte jedoch, es gebe keine Beweise dafür.

Breivik steht seit Montag wegen „Terrorakten“ vor Gericht. Er bekannte sich bereits zu den Anschlägen, sieht in ihnen aber kein strafrechtlich zu verfolgendes Delikt, da er aus „Notwehr“ gehandelt haben will. Für seine Anhörung sind insgesamt fünfeinhalb Tage angesetzt. Anders als bei der Prozessauftakt am Montag werden seine Aussagen jedoch nicht übertragen.

Die Fortsetzung des Verfahrens hatte sich am Dienstag wegen eines Befangenheitsantrags gegen einen Schöffen verzögert. Das Gericht wechselte den Laienrichter Thomas Indrebö aus, weil dieser nach dem Doppelanschlag in einem Internetforum die Todesstrafe für den Attentäter gefordert hatte. Dies habe das Vertrauen in das Gericht beschädigt, sagte Richterin Arntzen. Da dem Verfahren bereits zwei Ersatzschöffen beiwohnten, konnte die Verhandlung fortgesetzt werden.

Das Gericht hatte bereits im Vorfeld des Prozesses zwei der fünf berufenen Laienrichter ausgeschlossen. Ein Mann wurde für befangen erklärt, weil sein Sohn Mitglied der sozialdemokratischen Jugend AUF ist. Diese Jugendorganisation der norwegischen Arbeiterpartei war eines der Hauptziele von Breiviks Attentaten im vergangenen Sommer. Im Ferienlager auf der Insel Utøya tötete der 33-Jährige kaltblütig 69 Menschen. (AFP, dpa, dapd)

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