Neue Memoiren "Das Leben ist kein Spiel": Boris Becker - ein Leben als Seifenoper
Boris Becker hat mal wieder Memoiren geschrieben. „Das Leben ist kein Spiel.“ Und darin geht es um alles, nur nicht mehr um seine Verdienste als großer Sportler. Damit tritt er in die Fußstapfen eines Lothar Matthäus.
Gar nicht so einfach, Boris Becker zu sein. Findet Boris Becker. Er macht den Job jetzt schon 45 Jahre lang, und damit auch der Rest der Welt nicht mehr die auf dem Boulevard kolportierten Lügen glauben muss, hat er ein Buch geschrieben. Es heißt „Das Leben ist kein Spiel.“ Becker preist es im Vorwort als „Durchbruch in der Becker-Geschichtsschreibung“. Der Rest der Welt ist wie gewohnt gut und vorab informiert. Seit einer Woche über die Zeitung mit den großen Buchstaben und seit der Nacht zu Montag auch über Oliver Pocher, er teilt mit dem Geschichtenschreiber Becker eine ehemalige Lebensgefährtin. Die öffentliche Schlacht der beiden feierte Beckers Medienpartner „Bild“ als den „geilsten Streit, seit es Twitter gibt“. Es ging dabei um „Schlaftabletten und Schnapsflaschen neben dem Bett“, um die Schlagwörter „Entzug“, „Lachnummer“, und Pocher stellte auch die Frage: „Na, wieder auf Temperatur um deinen Flop anzukurbeln?“ Durch dieses Marketing hat es der noch gar nicht veröffentlichte Flop bis auf Nummer eins bei Amazon gebracht.
Der Name seiner Frau war "Bild" zu kompliziert. Deshalb nennt er sie statt Sharlely einfach "Lilly"
Boris Becker war mal der 17-jährige Leimener mit dem Wohnzimmer in Wimbledon. Heute ist er 45 und für das Tennis, was Lothar Matthäus für den Fußball ist. Eine Lichtgestalt, deren Absturz so selbstverständlich wie unbegreiflich erscheint. Wie Matthäus glaubt Becker heute noch, er selbst bestimme das Spiel mit dem Boulevard. Er freut sich, wenn die Jungs von der Zeitung mit den großen Buchstaben anrufen, wenn sie von den neuen Abschüssen ihrer Paparazzi erzählen, „komm schon, Boris, Bilder lügen nicht.“ Gern erzählt er dann von der neuen Gespielin, auf diese Weise ist auch der Spitzname für seine jetzige Frau entstanden, sie heißt eigentlich Sharlely, aber das war dem Mann von „Bild“ zu kompliziert. Deswegen nennt Boris Becker seine Frau bis heute Lilly.
Boris Becker, der Mann, der geliebt und angehimmelt werden will
Es ist nicht nur billig, sich über Becker lustig zu machen. Und vor allem ist es überflüssig, weil er diesen Job selbst perfekt beherrscht. Über sein Internet-Format Boris Becker TV, seine Tweets und jetzt dieses Buch, das er jetzt mit einem Society-Reporter geschrieben hat.
Es findet sich darin kein Wort über den Mann, der so atemberaubendes Tennis gespielt hat, dass er noch heute auf der ganzen Welt verehrt wird. Der Tennisspieler Boris Becker war mehr als ein Sportler. Er hat der Welt und gerade Engländern eine in den 80er Jahren gar nicht so weit verbreitete Erkenntnis vermittelt. Dass nicht alle Deutschen Hunnen sind, selbst wenn sie groß und (rot)blond und blauäugig sind. Für die spätere (und von Margaret Thatcher zunächst heftig bekämpfte!) deutsche Wiedervereinigung war das ein nicht ganz unwichtiger Beitrag. Dieser historische Verdienst wird bleiben, trotz aller Tweets und Bücher und Paparazzi-Abschüsse.
Aber um diesen Becker geht es Becker schon lange nicht mehr. Der Mann will nicht nur dafür geliebt werden, dass er Bälle über das Netz schlagen kann. Er will auch als Geschäftsmann ernst genommen, als Familienvater respektiert und als Ikone des Jetsets angehimmelt werden. Das ist ein bisschen viel auf einmal und passt nicht ganz zusammen.
"Durchbruch in der Becker-Geschichtsschreibung"
Becker hat vier Kinder von drei Frauen. Mit Barbara, Mutter der Söhne Noah und Elias, wurde es „im Lauf der Jahre immer schlimmer, weil Barbara als Becker-Ehefrau eine immer höhere Position in der Gesellschaft einnahm“. Die beiden trennten sich im Streit, und der Durchbruch der Geschichtsschreibung hat zu Tage geführt, dass sie ihn dabei mit Schlägen traktierte. Die Russin Angela Ermakowa wollte doch „tatsächlich die nächste Frau Becker werden“, nur weil er mit ihr die Tochter Anna gezeugt hatte, übrigens nicht in einer Besenkammer, auch mit diesem Irrtum räumt die Geschichtsschreibung auf.
Auch von Sharlely alias Lilly hat Becker sich schon mal getrennt. Das war vor ein paar Jahren in Monte Carlo, als sie ihm „vor allen Leute ein Glas Wodka mitten ins Gesicht“, schüttete, und „es war auch noch der teure Grey Goose!“ Heute leben die beiden mit dem gemeinsamen Sohn Amadeus zusammen, natürlich in London „denn die Hauptsprache der Familie Becker ist jetzt Englisch“.
Das geht gar nicht anders bei einem Mann, der auf der ganzen Welt zu Hause ist. Auf 276 Buchseiten flippert Becker durch Berlin, Dubai, Fisher Island, Frankfurt, Genf, Hamburg, die Hamptons, Hongkong, Ibiza, Indian Wells, Karlsruhe, Kitzbühel, Küssnacht, London, Mailand, Mallorca, Miami, Monte Carlo, München, New York, Nizza, Paris, Sardinien, St. Gallen, St. Moritz, St. Petersburg, St. Tropez, Zug und Zürich. Er steigt im Atlantis The Palm ab, im Badrutt‘s Palace, Blakes, Conrad, Hotel de Paris, Marriot South Beach, Murano Grande, Pitrizza und im Setai. Gefeiert wird natürlich auch, namentlich im Billionaire Club, Casa Tua, Chesa Veglia, Daphne‘s, Käfer, Dracula Club, El Paradiso, Five Guys Burgers and Fries, Jimmy‘z, Monte Carlo Beach Club, der Osteria, Sports Café, Sushi Samba, Sylvano und im Blue.
Becker „düst von Termin zu Termin, bis die Miles&More-Karte glüht. Alles „um die Marke Boris Becker am Leben zu halten“ und das Wohl seiner Sponsoren zu mehren und schöne Frauen zu sehen.
Sandy Meyer-Wölden ist ein ganz besonderes Kapitel im Leben von Boris
Becker feiert Barack Obamas Wahlsieg und beim ersten Date mit Sandy MeyerWölden findet er sie „so anziehend, so reizend, dass ich mir ein Herz fasste und sie nach London zur Geburtstagsfeier von Nelson Mandela einlud“. Ach Sandy Meyer-Wölden. „Heute bekannt als Alessandra Pocher“, schreibt Becker, sie hat ihm den Streit mit Oliver Pocher eingebrockt. Dumme Sache, hätte er doch auf seinen Sohn Noah gehört, denn der kann sie „bis heute nicht leiden. Sie war nicht gut für meinen Dad.“ Auch Becker erkennt schnell, dass Sandy nur ausgehalten werden will und „den neuen Ruhm als Boris-Becker-Verlobte möglichst gewinnbringend“ umsetzen will. Deutlich wird es ihm schon bei der Verlobungsfeier in München, Sandy inszeniert sie „als ein Schaulaufen mit Presse, Fotografen und dem ganzen Schnickschnack“. Dabei wollte er „das Ganze eher in einem kleineren Rahmen, sehr privat und familiär“.
Bei allem geht es auch um Geld
So ungefähr, wie er das später bei seiner Hochzeit mit Sharlely machen wird. Angekündigt wird sie bei „Wetten dass...“ und vollzogen in St. Moritz. RTL überträgt live, „wir einigten uns auf einen sechsstelligen Eurobetrag... Für sowas braucht man ja Fingerspitzengefühl... Da ist die Grenze zwischen Feierlichkeit und Soap Opera recht schmal.“ Zehn Trauzeugen und Brautjungfern werden aufgeboten. Becker und seine Söhne stecken „alle in einem Cut von Polo Ralph Lauren, die in London angefertigt worden waren. Ein herrliches Bild!“ Nach dem Champagner-Empfang versucht „die frischvermählte Frau Becker in ihr extra aus Miami eingeflogenes Hochzeitskleid von Carolina Herrera zu schlüpfen. Aber das gestaltete sich schwierig, da Busen und Hüfte ein wenig fülliger geworden waren.“
Ja, die Grenze zwischen Feierlichkeiten und Soap ist schmal. Der eine steht auf der einen Seite und die andere auf der anderen. Die andere ist Steffi Graf, sie ist zwei Jahre jünger als Boris Becker und hat noch ein paar Turniere mehr gewonnen. Nach ihrer Karriere hat sie in aller Stille den Tennisspieler Andre Agassi geheiratet. Steffi Graf hat zwei Kinder, hat ein Franchise-Unternehmen für Frauen-Fitnessclubs gegründet und finanziert eine Stiftung, die sich um traumatisierte Kinder kümmert. Weitere Details sind nicht bekannt.