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Diese Blaualgen schimmern hell im blauen Wasser.
© dpa

Sommer: Blaualgen bedrohen Badende an der Ostsee

Urlauber hoffen auf Süd- und Ostwind, der die Blaualgen in der Ostsee weit nach draußen treiben soll. Blaualgen sind weder blau noch Algen. Lesen Sie hier, was es damit auf sich hat.

Blauer Himmel, nur eine leichte Briese und dazu eine Wassertemperatur von inzwischen 22 Grad Celsius – die Ostsee erlebt ein lange nicht gekanntes Traumwetter. Und sie erlebt seit zehn Tagen einen lange Jahre nicht gekannten Gästeansturm. Doch damit könnte es bald vorbei sein. Zwar ist ein Ende des tollen Strandwetters noch nicht abzusehen, aber ausgerechnet die von den Urlaubern und Tagesausflüglern so geschätzte Wärme begünstigt das Wachstum der für die Gesundheit gefährlichen Blaualgenteppiche. Beim Verschlucken dieser aus Cyano-Bakterien bestehenden Schichten auf dem Wasser kann es zu Übelkeit, Durchfall und Erbrechen und im schlimmsten Fall zu Lebervergiftungen kommen. Schon die Berührung mit der Haut löst vor allem bei Kleinkindern Reizungen und allergische Reaktionen aus. Für Hunde können diese Lebewesen sogar den Tod bedeuten, wenn sie das Wasser trinken.

Blaualgen in der Ostsee riechen nach faulen Eiern

Der Name „Blaualgen“ ist irreführend. Es sind keine Algen, sondern Bakterien. Die Farbbezeichnung ist auf den Farbstoff Phycocyanin zurückzuführen und kommt nur in einer bestimmten Art dieser Lebewesen vor. Deren blaugrüne Färbung hielt dann für den Namen aller dieser Lebewesen her.

Nachdem die ersten nach faulen Eiern riechenden Teppiche auf der Ostsee bereits vor einigen Tagen im Fehmarnsund, in der Lübecker Bucht und der westlichen Mecklenburger Bucht gesichtet worden waren, schlossen Meteorologen und Fachleute für Gewässerkunde ein Anschwemmen der gefährlichen Massen an die Küsten von Rügen, Hiddensee und Usedom nicht aus. Das in Warnemünde beheimatete Institut für Ostseeforschung wertet regelmäßig Satellitenbilder der Nasa aus. Darauf sei eine „explosionsartige Vermehrung der Bakterien vor der Küste Schwedens“ festgestellt worden. Deren Zugrichtung hänge vom jeweils herrschenden Wind ab.

„Nützlich wäre jetzt ein andauernder Ostwind“, hieß es vom Warnemünder Institut. „Dieser bringt zwar kälteres, aber in jedem Fall sauberes Wasser aus den Tiefen der Ostsee an die Oberfläche.“ Darin könnten die Bakterien nicht überleben. Das Institut charterte gestern ein Kleinflugzeug, um sich selbst ein Bild von den möglichen Gefahren für die Ostseeküste in Mecklenburg-Vorpommern zu machen. Auch in den nächsten Tagen würden die Beobachtungen fortgesetzt, damit Gesundheitsbehörden möglichst schnell die Badenden warnen können.

Zuständig ist das Landesamt für Gesundheit und Soziales in Rostock. „Cyano-Bakterien kommen sowohl in der mittleren Ostsee als auch in den Binnengewässern vor“, teilte das Amt mit. „Es sind Bakterien, die wie Algen zur Fotosynthese fähig sind.“

Hunde können durch Blaualgen sogar sterben

Viele Cyano-Bakterien würden Toxine bilden, die nach dem Verschlucken bei Menschen im Durchschnitt an drei bis fünf Tagen zu Brechreiz und Übelkeit führen würden. Dafür genügten schon kleine Mengen zwischen 20 und 100 Millilitern, erklärte das Landesamt. Selbst Laien könnten auf Anhieb eine Gefährdung des jeweiligen Strandabschnittes erkennen. Eine Blaualgenblüte sei mit geringen Sichttiefen, einem unangenehmen Geruch, einer Trübung des Wassers, einer Schlierenbildung, einer wolkenartigen Verteilung im Wasser und einem an der Oberfläche schwimmenden Algenteppich verbunden.

Genau diese Beobachtungen wurden Ende vergangener Woche in Travemünde in Schleswig-Holstein sowie am Montag und Dienstag im Strelasund vor Stralsund sowie an den Stränden in Koserow, Ückeritz, Karlshagen, Zinnowitz und Trassenheide auf der Insel Usedom gemacht. In Boltenhagen bei Wismar sprachen die Gesundheitsbehörden schon eine Warnung vor dem Baden aus. Auch in einigen Teilen der Mecklenburgischen Seenplatte und am Haff bei Ueckermünde stellten Urlauber eine Häufung von Bakterien im Wasser fest. Als Ursache gilt stets eine starke Konzentration von Nährstoffen im Wasser der Ostsee, die unter anderem von den gedüngten Feldern in die Seen und über Flüsse selbst ins Meer geschwemmt werden. Auch der starke Schiffsverkehr auf der Ostsee könnte zur Verschmutzung beigetragen haben. Vor allem im Kreuzfahrttourismus werden immer neue Rekordzahlen gemeldet. In Warnemünde können inzwischen bis zu vier große Kreuzfahrtschiffe mit jeweils 4000 Passagieren an Bord gleichzeitig anlegen.

Berichte über Blaualgen treffen den Tourismus an der Ostsee

Die Meldungen über eine mögliche Blaualgenplage trifft die Tourismuswirtschaft in Mecklenburg-Vorpommern zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt. „Die Hotels auf der Insel Usedom sind zu 90 Prozent ausgebucht, an der Mecklenburger Ostseeküste sogar schon zu 95 Prozent“, sagte Katrin Hackbarth vom Landestourismusverband. „Schon um 7 Uhr bilden sich in Warnemünde lange Schlangen vor den Strandkorbvermietern.“ Alle hoffen jetzt auf viel Wind aus Osten und Süden. Der soll die Algenteppiche aufs Meer treiben und von den Küsten fernhalten.

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