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Fernsehstar im Kreuzfeuer der Kritik. Bill Cosby sieht sich schweren Anschuldigungen ausgesetzt.
© Reuters

Star aus der "Cosby Show": Bill Cosby: Immer mehr Vergewaltigungs-Vorwürfe

Viele Jahre amüsierte er mit seiner TV-Vorzeigefamilie ganz Amerika. Dabei soll Bill Cosby jahrelang Frauen vergewaltigt haben.

In der „Cosby Show“ war er der lustige, verschrobene aber immer korrekte Familienvater, doch hinter den Kulissen soll er ein ganz anderer gewesen sein: Bill Cosby, einer der erfolgreichsten Komiker aller Zeiten, soll seit 1969 immer wieder Frauen mit K.o.-Tropfen betäubt und vergewaltigt haben. Kein einziger Fall landete je vor Gericht, bewiesen sind die Anschuldigungen nicht – und doch: Cosbys Ruf ist zerstört.

Ganz neu sind die Vorwürfe gegen den beliebten Entertainer nicht: 2004 klagte Andrea Constand, eine junge Angestellte der Temple University in Philadelphia, der Komiker habe sie mit Tabletten betäubt und unsittlich berührt. Sie meldete den Fall dem Staatsanwalt Bruce Castor. Er glaube fest, dass Cosby etwas getan habe, sagte Castor dem Online-Magazin „Slate“. „Aber glauben und beweisen können sind eben zweierlei Dinge.“

Für einen zivilrechtlichen Prozess, den Constand später anstrengte, boten sich 13 Zeuginnen an, die mit ähnlichen Vorwürfen gegen Cosby aussagen wollten. Der Komiker einigte sich allerdings außergerichtlich mit der Klägerin und zahlte eine unbekannte Summe. Danach schien die Sache zehn Jahre lang vom Tisch ... bis sich in den letzten Wochen die Vorwürfe häuften, angestoßen von einem Kollegen: Der Komiker Hannibal Buress nannte Cosby bei einem Auftritt im Trocadero Club in Philadelphia einen „Serien-Vergewaltiger“, der Clip machte auf Youtube die Runde und erreichte die Künstlerin Barbara Bowman. Sie war eine der 13 Frauen, die durch den Vergleich im Fall Constand nie zu Wort gekommen waren.

Bowman beschrieb nun in der „Washington Post“ ausgesprochen detailliert, wie sich Bill Cosby ihr 1985 als Mentor angeboten und die damals 17-Jährige in seiner Wohnung bedrängt habe. „Er gab mir zum Essen ein Glas Wein. Als ich später auf dem Sofa aufwachte, hatte ich nur meine Unterhose und ein Männer-Unterhemd an.“ Joan Tarshis war es bereits 1969 genauso ergangen: Tarshis versuchte damals im Comedy-Geschäft Fuß zu fassen. Cosby habe sie in seinen Bungalow eingeladen, um einen Sketch mit ihr zu proben. Er habe ihr einen Drink gegeben, sie sei irgendwann benommen und halb bekleidet zu sich gekommen. Supermodel Janice Dickinson soll 1982 das Gleiche erlebt haben, als sie sich mit Cosby getroffen habe, um über eine mögliche Rolle in seiner geplanten Sitcom zu sprechen.

"The Cosby Show" war die erfolgreichste Familiensendung der USA

Diese Sitcom – „The Cosby Show“ auf dem Sender NBC – wurde schnell zur erfolgreichsten Familienshow in den USA und machte den sympathischen Cliff Huxtable mit Frau Clair und den fünf Kids zur Vorzeigefamilie. In der Show, für die Cosby alle kreativen Freiheiten zugesichert waren, wurde nicht geflucht, und problematische Themen wurden weitgehend ausgespart. Selbst soziologisch naheliegende Dinge tauchten kaum auf, obwohl die Huxtables als gebildete schwarze Familie in der oberen Mittelschicht durchaus eine bis dahin ungewöhnliche Position in der amerikanischen Fernsehlandschaft besetzten.

Ausgerechnet der familienfreundliche Ruf der „Cosby Show“ scheint den Hauptdarsteller vor strafrechtlicher Verfolgung bewahrt zu haben. „Er war ja als der Muster-Papa schlechthin bekannt“, sagte Joan Tarshis. Auch Barbara Bowman zögerte lange. „Ich war ein Teenager und trat in einem Werbespot für McDonald’s auf. Er war Bill Cosby, der beste Vater Amerikas und Werbestar für Götterspeise.“

Bill Cosby und seine eigene Familie waren das direkte Vorbild für die Fernsehfamilie Huxstable: Cliff und Clare waren zu großen Teilen Bill Cosby und seiner Frau Camille nachgestellt, die ebenfalls fünf Kinder hatten. Cosby selbst stammt aus einfachen Verhältnissen. Sein Vater segelte in der Navy und war während Cosbys Kindheit kaum zu Hause. Während seiner Schulzeit arbeitete der junge William als Lagerarbeiter und Schuhputzer. Sein erstes Geld als Komiker machte er in einer Bar in Philadelphia. Dort unterhielt er als Bartender die Gäste mit seinem Humor und bekam immer mehr Trinkgeld – wenig später wagte er sich auf die Bühnen der Stadt, trat in New York auf und schaffte bald den Sprung ins Fernsehen.

Dort will ihn fürs Erste niemand mehr sehen: Ein für den gestrigen Mittwoch geplanter Auftritt bei Late-Night-Talker David Letterman wurde abgesagt. Der Online-Videokanal Netflix hat derweil die Ausstrahlung des kürzlich gefilmten Comedy-Specials „Bill Cosby 77“ auf unbestimmte Zeit verschoben.

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