Studenten in Not: Biete Arbeit gegen Zimmer
Das Göttinger Studentenwerk will die Wohnungsnot junger Studenten mit einer ungewöhnlichen Initiative bekämpfen.
Göttingen - Den Hund ausführen, Laub harken, Getränkekisten schleppen: Im Gegenzug für Hilfe im Alltag sollen ältere Göttinger Bürger Zimmer günstig an Studierende vermieten. Das ist der Kern eines Projektes, mit dem das Göttinger Studentenwerk die Wohnungsnot junger Studenten bekämpfen will.
Rund 26 000 junge Leute studieren derzeit in Göttingen. 20 Prozent aller Einwohner sind Studierende. Diese Quote dürfte sich noch erhöhen, denn zum kommenden Wintersemester werden auch in Niedersachsen die Studiengebühren abgeschafft. Mit dem Run auf die Studienplätze wird sich auch die Wohnungsnot weiter verschärfen. Schon jetzt ist Wohnraum in Göttingen äußerst knapp, die Miet- und Immobilienpreise sind die höchsten im ganzen Bundesland. Das Studentenwerk stehe „vor einer sehr schwierigen Situation“, sagt der Leiter der Einrichtung, Jörg Magull. Die 4500 Wohnheimplätze, die das Studentenwerk anbietet, reichen bei Weitem nicht aus, um allen Studierenden bezahlbaren Wohnraum zu verschaffen.
Prekäre Lagen erfordern Ideen. Und zumindest eine glauben Magull und seine Mitstreiter jetzt zu haben. Gemeinsam mit der Freien Altenarbeit Göttingen – der Verein berät und unterstützt seit 20 Jahren Seniorinnen und Senioren bei gemeinschaftlichen Wohnprojekten – hat das Studentenwerk die Initiative „Wohnen für Hilfe“ gestartet. In einer Art Wohnpatenschaft sollen ältere Bürger, die sich Unterstützung im Haushalt und im Alltag wünschen, Zimmer günstig an Studenten vermieten, um im Gegenzug die gewünschte Hilfe zu erhalten.
Die Ausgangssituation für ein solches Vorhaben scheint nicht schlecht: Viele Göttinger Senioren leben in großen Wohnungen und wollen diese nicht aufgeben. Gleichzeitig fühlen sich manche im Alltag überfordert, schon kleinere Hilfsleistungen könnten Erleichterung bringen.
Die Senioren, so der Plan, sollen Studierenden ein Zimmer, möglicherweise auch eine Einliegerwohnung in ihrem Haus zur Verfügung stellen. Im Mietvertrag werden eine günstigen Miete und die von den Studierenden zu erbringenden Hilfsleistungen festgehalten. „Für einen Quadratmeter Wohnraum wird eine Stunde Arbeit im Monat geleistet“, nennt das Studentenwerk als Faustregel. Interessierte Studenten sollen zunächst einen Bewerbungsbogen ausfüllen. Wohnberater des Studentenwerks wollen dann passende Partner in Kontakt bringen. „In einem gemeinsamen Gespräch gibt es Zeit zum Kennenlernen, zur Klärung von Fragen sowie Unterstützung bei der Ausgestaltung des Wohnraumüberlassungsvertrags“, heißt es in einer aktuellen Ankündigung auf der Internetseite des Studentenwerks.
Bislang ist all das aber nur Theorie. „Wir haben zwar schon Anfragen von Studenten und auch erste Formulare ausgegeben“, sagte die Projektverantwortliche beim Studentenwerk, Karoline Epler, am Dienstag. Konkrete Rückmeldungen potenzieller Vermieter gebe es bislang aber noch nicht. Reimar Paul
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