„Ruby“-Prozess: Berlusconi in zweiter Instanz freigesprochen
Silvio Berlusconi ist im „Ruby“-Prozess um Sex mit minderjährigen Prostituierten und Amtsmissbrauch in zweiter Instanz freigesprochen worden. Ein Berufungsgericht in Mailand erklärte den Ex-Regierungschef am Freitag überraschend für unschuldig.
Mit diesem Urteil und vor allem mit dessen Eindeutigkeit hatte nicht einmal die Verteidigung gerechnet. “Es übertrifft selbst unsere rosigsten Träume”, sagte Silvio Berlusconis Chef-Anwalt Franco Coppi am Freitag Mittag, nachdem das Mailänder Appellationsgericht den früheren italienischen Ministerpräsidenten auf ganzer Linie freigesprochen hatte – vom Vorwurf der Prostitution mit Minderjährigen ebenso wie von der Anklage des Amtsmissbrauchs. Vor einem Jahr noch war Berlusconi in erster Instanz zu sieben Jahren Haft und zum lebenslangen Ausschluss von öffentlichen Ämtern verurteilt worden.
Das inzwischen mehr als dreijährige Verfahren war unter dem Namen “Bunga-Bunga-Prozess” weltberühmt geworden. Bei den nächtlichen Partys mit jungen Frauen in seiner Mailänder Villa, so hieß es, soll Berlusconi auch mit der damals 17jährigen Prostitutierten „Ruby“, einer gebürtigen Marokkanerin, intim geworden sein. Und mitten in jener Mainacht 2010, als Ruby in Mailand wegen Diebstahls festgesetzt worden war, hatte Berlusconi persönlich bei der Polizei angerufen und die Freilassung verlangt. Der Vorwurf: um zu verhindern, dass die junge Frau auspackte, soll er unter Drohungen und unter Missbrauch seiner Stellung – Berlusconi war damals Regierungschef – ungebührlichen Druck auf wehrlose Polizeifunktionäre ausgeübt haben.
Unbestritten ist für etwa ein Dutzend Nächte die Teilnahme Rubys an den Partys im Hause Berlusconi; unbestritten ist auch dessen seltsamer Anruf bei der Mailänder Polizei. In genauem Gegensatz zu den Richtern der ersten Instanz sieht das Appellationsgericht aber in keinem Fall den Hauch einer strafbaren Handlung.
Begründen wollen die Richter ihren Aufsehen erregenden Spruch zwar erst in drei Monaten, klar scheint aber schon jetzt: Das Gericht glaubte mindestens einer von Berlusconis Behauptungen - entweder der, er habe Ruby ihren eigenen Angaben nach immer für volljährig gehalten, oder der anderen, bei der er sich mit Ruby einig war: nie sei er mit ihr ins Bett gegangen. Warum sie Berlusconis Anruf bei der Polizei für rechtlich unbedenklich halten, müssen die drei Richter erst noch klarlegen. Erklären müssen sie auch, wie sie mit den Zeugenaussagen aus der ersten Instanz umgegangen sind: Dort waren – zur Entlastung des Angeklagten natürlich – zahlreiche junge Frauen aufgetreten, die von Berlusconi mit monatlichen Überweisungen und freier Wohnung für irgendetwas belohnt werden.
Das Urteil, das noch angefochten werden kann, erreichte Berlusconi exakt in der Zeit, in der er den elften Tag seines „Sozialdienstes“ bei Alzheimerkranken ableistete. Das ist die Folge einer rechtskräftigen Verurteilung wegen Steuerbetrugs.
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