Asterix und sein Zeichner: Beim Teutates – Uderzo wird 85
Asterix und Obelix machten ihn weltberühmt. Zum Feiern ist dem Zeichner aber nicht zumute.
Er kann einfach nicht loslassen. „Für mich gibt es keine Rente“, erklärte Albert Uderzo kürzlich in einem Interview. Am heutigen Mittwoch wird der berühmteste lebende Comiczeichner Europas 85 Jahre alt. Wegen der Arthrose in seinen Händen greift er kaum noch zum Stift. Die Kontrolle über die einst von ihm und dem Autor René Goscinny (1926–1977) geschaffenen Gallier will er trotzdem so lange behalten wie möglich: „Ich bin der Tempelwächter und werde dafür sorgen, dass die Persönlichkeit der Figuren nicht verloren geht.“
Dabei hat er bereits dafür gesorgt, dass sein Lebenswerk auch in Zukunft in guten Händen liegt: Im vergangenen Jahr verfügte Uderzo, dass im Falle seines Todes der Autor Jean-Yves Ferri und der Zeichner Frédéric Mébarki die Serie um den kleinen Kämpfer Asterix, seinen Freund Obelix und dessen Hund Idefix fortsetzen sollen.
Mébarki hat bereits für die vergangenen zwei Asterix-Alben Uderzos Skizzen zeichnerisch umgesetzt, Ferri hat sich als Autor komischer und zugleich einfühlsamer Comic-Kurzgeschichten einen Namen gemacht, seine zusammen mit dem Zeichner Manu Larcenet geschaffene Serie „Zurück aufs Land“ wurde auch auf Deutsch veröffentlicht. Im Moment arbeiten Ferri und Mébarki am 35. Asterix-Album, dessen Inhalt wie ein Staatsgeheimnis gehütet wird. Spätestens Ende dieses Jahres soll es in Frankreich erscheinen. So ganz mag Uderzo die Verantwortung an die beiden aber noch nicht abgeben: „Ich kontrolliere alles, was sie machen“, sagt er. „Ich bin sehr anspruchsvoll.“
Der Siegeszug der beiden tapferen Gallier, die Uderzo und seinen Freund Goscinny sowie dessen Nachfahren zu Millionären gemacht hat, begann Ende der 50er Jahre. 1959 erschien die erste Asterix-Episode in der Comiczeitschrift „Pilote“, 1961 folgte das Album „Asterix der Gallier“ – gezeichnet von einem farbenblinden Autodidakten.
Uderzo hatte sich das Zeichnen als Kind italienischer Einwanderer selbst beigebracht, einen Zeichenkurs oder gar eine Kunsthochschule hat er nie besucht. Und dass er Rot und Grün nicht auseinanderhalten konnte, war für ihn nie ein Handicap, erzählte er mal. Als Kind malte er Pferde grün an und Bäume rot. Darauf angesprochen, markierte er fortan einfach seine Stifte entsprechend. Die Startauflage des ersten Asterix-Bandes betrug damals 6000 Exemplare.
Mit jedem der 33 folgenden Bände stieg die Auflage, mehr als 300 Millionen Alben in mehr als 50 Sprachen wurden inzwischen nach Verlagsangaben weltweit verkauft – jedes Mal mit der inzwischen zum Bonmot gewordenen Einleitung „Wir befinden uns im Jahre 50 v. Chr. Ganz Gallien ist von den Römern besetzt ... Ganz Gallien? Nein! Ein von unbeugsamen Galliern bevölkertes Dorf hört nicht auf, dem Eindringling Widerstand zu leisten.“ Und Aussprüche wie „Die spinnen, die Römer!“ oder „Beim Teutates“ gingen ebenfalls in den allgemeinen Sprachgebrauch ein.
In den vergangenen Jahren provozierten die von Uderzo geschriebenen und gezeichneten Geschichten allerdings zunehmend kontroverse Reaktionen. Die mit Disney- und Science-Fiction-Elementen gespickte Erzählung „Gallien in Gefahr“ von 2005 empfanden viele Kritiker als Tiefpunkt in der Karriere eines Mannes, der zwar ein begnadeter Zeichner von einzigartiger Kunstfertigkeit ist, aber im Gegensatz zu dem legendären Partner Goscinny kein besonders origineller Autor.
Und das 2009 erschienene Album zum 50. Jahrestag der Serie kam als wirre Nummernrevue daher. Beim Publikum ist die Reihe jedoch ungebrochen populär. Auch in den deutschen Comic-Bestsellerlisten rangieren die beiden Gallier nach wie vor ganz oben, gemeinsam mit Hergés Timund-Struppi-Abenteuern.
Zum Feiern ist Uderzo an diesem Mittwoch dennoch nicht zumute, wie er kürzlich sagte: „In unserem Alter wollen wir nicht mehr feiern, alle unsere Freunde sind gestorben.“ Er werde den Tag alleine mit seiner Frau verbringen. Mit seiner Tochter Sylvie, die vorübergehend seinen Verlag geleitet hatte, hatte der Zeichner sich vor einigen Jahren überworfen. „Familienfeiern ohne Familie sind nicht gerade lustig“, sagt er.
Seine Fans hingegen dürften heute mit Freude und Dankbarkeit an den großen alten Mann der europäischen Comicszene denken, der zahlreiche unvergessene Szenen mit den größten französischen Nationalhelden des 20. Jahrhunderts illustriert hat, in denen die vom Zaubertrank beseelten Gallier ihre römischen Besatzer verprügeln, Wildschweine jagen, bunte Abenteuer quer durch Europa erleben und am Schluss mit einem großen Bankett unter freiem Himmel ihre Gemeinschaft und ihre Dorfidylle mit einem gefesselten Barden feiern – und die Tatsache, dass ihnen auch diesmal nicht der Himmel auf den Kopf gefallen ist.
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