Reaktionen: Beatrix - Königin des Volkes
Die niederländische Monarchin hat in ihrem Leben hart gearbeitet für ihr Land und stand den Menschen in schweren Stunden bei. Sie verblüffte bei einem Besuch Wowereit mit der Frage nach den hohen Mieten für die Berliner.
„Einen König haben wir doch schon ewig nicht mehr gehabt, nur Königinnen, ich weiß gar nicht, wie das werden wird“, sagt ein Bürger in Amersfoort unmittelbar nach der Abdankungsrede, die rund sieben Millionen Menschen im Fernsehen verfolgt hatten. „Ich bin mit ihr groß geworden“, sagt eine junge Frau, „anders kenne ich das gar nicht.“ Dass sie einem historischen Moment beigewohnt haben, war von vielen Niederländern zu hören.
Königin Beatrix wird geliebt und geschätzt, ihre Popularität reichte weit über die der Politiker hinaus. Als sie ihrer äußerst populären und volksnahen Mutter nachfolgte, war noch nicht abzusehen, wie sich ihre Regentschaft entwickeln würde. Schon in ihrer ersten Rede 1980 sagte sie vor dem Eid auf die Verfassung, dass dieses Amt ein sehr einsames sei, aber dass sie glücklich sei, ihren Mann an ihrer Seite zu haben.
Beatrix gilt in ihrer Heimat als Managerin der Holland AG, als hart arbeitende Frau, die abends nach getaner Arbeit noch Freunde empfängt und dann nach Mitternacht vielleicht doch noch ein paar Papiere studiert. So überraschte sie ihre deutschen Gastgeber beim ersten Besuch im wiedervereinigten Deutschland 1991 in Mecklenburg-Vorpommern in einer Diskussion mit Bauern mit ihren profunden Kenntnissen der Probleme der deutschen Landwirtschaft nach der Wiedervereinigung. Und bei ihrem letzten Staatsbesuch 2011 verblüffte sie Klaus Wowereit bei der Vorstellung des Projekts Mediaspree mit einer Nachfrage zu den steigenden Mieten für die Bevölkerung.
Der Kontakt zu den Menschen ist ihr wichtig, so hatte sie beschlossen, jedes Jahr am „Koninginnendag“ eine Provinz aufzusuchen und sich unter das Volk zu mischen, soweit das die Sicherheit zulässt. Besonders nach dem Anschlag in Apeldoorn stand die Frage im Raum, ob der Koninginnendag jemals wieder so offen ablaufen werde.
Eingeprägt ins öffentliche Bewusstsein hat sich ihr Besuch in Amsterdam-Bijlmermeer, als 1992 eine Maschine der israelischen Fluggesellschaft El Al in die Wohnblöcke gestürzt war. Das Entsetzen in ihrem Gesicht war ehrlich. Ebenso erschüttert zeigte sie sich in ihrer Rede am Tag des Anschlags in Apeldoorn 2009. Ihr größter privater Schicksalsschlag war der Tod von Prinz Claus 2002, kurz nach der Traumhochzeit von Willem-Alexander und Máxima. So ist es auch nicht verwunderlich, dass sie in ihrer Abdankungsrede sogleich Prinz Claus erwähnt hatte. Der Tod der Mutter und besonders des Vaters 2004 waren weitere Schicksalsschläge, die ihr zugesetzt hatten.
Königin Beatrix ist aber nicht nur eine Königin, die repräsentiert, ob privat oder offiziell, sie ist auch eine eminent politische Königin, soweit das die Verfassung zulässt. Als sie als erstes niederländisches Staatsoberhaupt 1995 nach Israel reiste, ließ sie es an deutlichen Worten zur vermeintlichen Heldenrolle der Niederländer im Zweiten Weltkrieg nicht fehlen. Sie sprach auch 2004 als erste Monarchin nach der EU-Erweiterung vor dem Europäischen Parlament. 1996 hatte sie bereits den Karlspreis erhalten und nach dem Nein der Niederländer zur europäischen Verfassung 2005 hatte sie Intellektuelle zusammengerufen, um über das weitere Vorgehen zu beraten.
Die persönlichste Form der Rede war ihre Weihnachtsansprache, die sie wiederholt dazu nutzte, um mit deutlichen Worten zu Toleranz und Miteinander der Kulturen aufzurufen, und jeder im Lande wusste, ohne dass ein Name fiel, dass damit ein gewisser Rechtspopulist gemeint war. Stabile Regierungen waren ihr immer wichtig und vielleicht spielte jetzt auch eine Rolle, dass mit der gegenwärtigen Regierung wieder Stabilität in den Niederlanden eingekehrt ist. Die Beziehungen zu Deutschland lagen ihr besonders am Herzen, das zeigte sich in vielen offiziellen und privaten Besuchen. Zweimal erfolgte ein Staatsbesuch, 1982 und 2011. Wenn sie es für angebracht hielt, sprengte Beatrix auch gerne das Protokoll. So zog sie 2011 eine längere Diskussion mit Jugendlichen beider Länder einem Treffen mit den Wirtschaftsbossen vor – die mussten eine ganze Weile warten, bis Majestät auch für sie Zeit hatte.
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