Gorch Fock: Auf die Rahen, Soldaten
Segel- und Charakterschule: Vor etwas mehr als 50 Jahren, am 23. August 1958, wurde der Großsegler Gorch Fock getauft und vier Monate später in Dienst gestellt. Jetzt sticht er wieder in See.
Der goldfarbene Albatros am Bug hat nicht jede Fahrt heil überstanden. In den vergangenen 50 Jahren musste die Galionsfigur des wohl berühmtesten deutschen Segelschiffs „Gorch Fock“ schon fünf Mal ausgetauscht werden. Mal setzte der Sturm dem Vogel zu, mal ging der Albatros auf hoher See verloren. Alles in allem aber hat die Figur ihrem Mutterschiff und seiner Besatzung auf Hunderten von Fahrten wohl Glück gebracht: Bislang kehrte der elegante Großsegler mit den drei Masten und 23 weißen Segeln stets wohlbehalten von seinen Törns in den Heimathafen Kiel zurück. Mit der gleichen Hoffnung sticht die Gorch Fock nun wieder in See: Am Donnerstag ging das Segelschulschiff der deutschen Marine wieder auf Ausbildungsfahrt. Ziele der Reise: Dublin, Lissabon, Cadiz und Cherbourg. Für die Gorch Fock ist es eine Jubiläumsfahrt: Vor etwas mehr als 50 Jahren, am 23. August 1958, wurde der Großsegler getauft und vier Monate später in Dienst gestellt.
Benannt ist das Schiff nach dem gleichnamigen Schriftsteller aus Finkenwerder bei Hamburg. In seinem bekanntesten Werk, dem Roman „Seefahrt ist not!“, beschreibt der Autor das Leben eines Hochseefischers. Der Fischfang gehört allerdings nicht zu den Fächern, die den Unteroffiziersanwärtern und künftigen Offizieren an Bord vermittelt werden: Auf dem Programm stehen unter anderem seemännisches Handwerk, Knoten- und Wetterkunde. Mit den acht Stunden Theorie pro Tag allein ist es allerdings nicht getan: 25 Prozent der bis zu 138 Soldaten starken Besatzung sind im Schichtwechsel zur Seewache eingeteilt, überwachen den Kurs der Gorch Fock oder verändern die Stellung der Segel. Eine Aufgabe, die nicht nur bei Sturm und starkem Wellengang Mut erfordert: Die Takelage des Segelschulschiffs reicht bis auf 45 Meter Höhe. „Von 100 klettern am Ende im Schnitt 96 rauf“, sagt Kapitän zur See Norbert Schatz, der Kommandant der Gorch Fock. Einen Versuch wage in der Regel jeder. Wer es dennoch nicht schaffe, seine Angst zu überwinden, für den blieben genügend Aufgaben an Deck. „Die Arbeit an Bord endet nie.“
Zweimal pro Jahr geht die Gorch Fock auf Ausbildungsreise und steuert dabei auch einmal ferne Länder wie die USA, Island, Senegal, Südafrika oder Australien an. Für die meisten Soldaten ist es die erste Seefahrt überhaupt. „Das ist ein Gemenge von neuen Herausforderungen“, sagt Kommandant Schatz. „Es gibt praktisch keine Privatsphäre an Bord, man hat es mit Vorgesetzten zu tun und muss sich einem völlig neuen Lebensrhythmus unterordnen.“ Dazu gehört, dass die Soldaten auf der Gorch Fock nur jeden vierten Tag durchschlafen können: An den anderen drei Tagen sind die Kadetten zur Nachtwache eingeteilt. „Die Leute fühlen sich herausgefordert, ab und zu muss man sie aufmuntern“, berichtet Schatz.
Der eigentliche Sinn der Ausbildung auf der Gorch Fock liege darin, den Charakter der Seefahrer zu schulen, sagt Schatz: „Wir machen Individualisten zu Besatzungsmitgliedern, die sich einem gemeinsamen Ziel verschreiben. Es geht darum, seine eigenen Grenzen zu erkennen, psychisch und physisch.“ Seegang, Wind und Wellen seien die beste Schule dafür, die Elemente kennenzulernen, mit denen die Marinesoldaten in ihren späteren Verwendungen arbeiteten. „Hier zeigt sich schnell, dass moderne Technik nicht gegen die Naturgewalten ankommt“, sagt der Kommandant der Gorch Fock. Zu Beginn einer Reise seien die Kadetten sehr mit sich selbst beschäftigt. Bei den meisten ändere sich dies im Laufe einer Fahrt. „Meine Leute gehen mit mehr Selbstbewusstsein von Bord“, sagt Schatz. Für den Kommandanten ist das der beste Beweis dafür, dass das Konzept der Gorch Fock als „schwimmende Erziehungsanstalt“ aufgeht: „Es funktioniert hervorragend.“
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