Panorama: Astronomie: Wie lange scheint die Sonne noch?
Schon bangen wir um warme Spätsommertage, einen strahlenden September. Möge doch morgen die Sonne wieder scheinen und übermorgen auch und überübermorgen.
Schon bangen wir um warme Spätsommertage, einen strahlenden September. Möge doch morgen die Sonne wieder scheinen und übermorgen auch und überübermorgen. So könnte es dann weitergehen bis ans Ende der Zeiten. Wird es auch, im Großen und Ganzen.
Der astronomische Wetterbericht meint es gut mit uns und verspricht Sonne bis zum Abwinken. In den nächsten fünf Milliarden Jahren hält die subtropische Wärme nach und nach in ganz Europa Einzug. Schließlich steht die Sonne doppelt so hell am Himmel wie heute. Spätestens in den darauf folgenden zwei Milliarden Jahren wird sich der Segen jedoch ins Gegenteil verkehren, sich die Sonne gewaltig aufblähen und die Planeten Merkur und Venus verschlingen. Und dann beginnt auch auf unserem Globus die finale Grillparty.
Die Ozeane fangen an zu verdampfen, und allmählich entweicht alles Wasser in den Weltraum. Das Biowetter bleibt allenfalls auf den Monden des Jupiter noch kurzzeitig erträglich. Auf der Erde aber bedeutet die Hitze das Ende allen Lebens. Nach mehrmaligem hellen Aufflackern kommt die Sonne schließlich zur Ruhe. Wo einst das Planetensystem stand, leuchtet noch für einige zehntausend Jahre ein farbenprächtiger Gas-Nebel. Am Ende aber bleibt nur eine kleine, heiße Kugel in seinem Zentrum zurück, nicht größer als die Erde. Diese zusammengeschrumpfte, ausgebrannte Sonne erlischt zu guter Letzt wie die Glut eines spätabendlichen Lagerfeuers.
Natürlich klaffen im astronomischen Wetterbericht Lücken von Jahrzehntausenden. Die eine oder andere Warm- oder Eiszeit fällt hier nicht weiter ins Gewicht. Sie zieht, in kosmischen Zeitskalen gemessen, wie eine Wolke über die Erde hinweg. Was dagegen über die vergangenen fünf Milliarden Jahre gleich geblieben ist und sich nach astronomischem Ermessen auch in den kommenden fünf Milliarden Jahren kaum ändern dürfte, sind die lebensfreundlichen Bedingungen auf unserem Planeten. Und das inmitten eines äußerst unwirtlichen Universums, in dem die Temperaturen zwischen Millionen Grad und dem absoluten Kältepunkt von minus 273 Grad hin und her springen.
Höllische Temperaturen
Wir haben großes Glück mit der Großwetterlage. Diesen Sommer des Lebens haben wir unserer außergewöhnlichen Position im Kosmos und allem voran der Gunst der Sonne zu verdanken. Mutter Sonne haushaltet - im Gegensatz zu manch anderem Stern - ausgesprochen gut mit ihrer Energie. Das Fusionsfeuer in ihrem dichten Innern lodert seit Urzeiten auf nahezu gleicher Flamme. In jeder Sekunde verbrennen im Zentrum der Sonne einige Millionen Tonnen Wasserstoff. Dieser Brennstoff füllt die Sonne als riesigen Gasball weitgehend aus. Etliche Millionen Tonnen Wasserstoff pro Sekunde - das hört sich nach einem großen Energieumsatz an. Wenn man aber bedenkt, wie weit die Erde von der Sonne entfernt ist, scheint es wiederum verwunderlich, dass uns noch so viel sommerliche Wärme erreicht.
Was die Energiequelle so ergiebig macht, ist die effiziente Art der Verbrennung: die Kernfusion. In der Sonne verschmelzen schrittweise erst zwei, dann drei, dann vier Wasserstoffkerne und bilden einen Heliumkern. Dieser Heliumkern ist um einiges leichter als die vier Wasserstoffkerne zusammengenommen. Die übrige Masse wird als Energie frei. Schon zwei Gramm Wasserstoff geben bei der Fusion zu Helium so viel Energie ab, dass man nahezu ein ganzes Jahr lang davon zehren könnte, ohne auf die tägliche Dusche, die Fahrt mit dem Auto oder das warme Essen verzichten zu müssen. So mancher Forscher träumt daher davon, diese Quelle eines Tages auch auf Erden anzapfen zu können. Der Bau von Kernfusionsanlagen ist allerdings über das Versuchsstadium noch nicht hinausgekommen.
Das liegt unter anderem an der hohen Temperatur, die zur Zündung der Wasserstoff-Reaktionen erreicht werden muss: Im Innern der Sonne ist es fast 16 Millionen Grad heiß. Selbst bei diesen höllischen Temperaturen brennt das Sonnenfeuer gemächlich vor sich hin. Der Brennstoff reicht noch für einige ruhige Zeitalter. Erst in fünf Milliarden Jahren wird den Schätzungen der Astrophysiker zufolge aller Wasserstoff im Kern der Sonne zu Helium umgewandelt sein. Die zentrale Energiequelle erlischt. Das Licht geht trotzdem nicht gleich aus. Im Gegenteil: In den weiter außen liegenden Schichten geht das Wasserstoffbrennen munter weiter. Und je weiter das Sonnenfeuer nach außen wandert, desto stärker expandiert die Gashülle. Die Sonne plustert sich auf, die Oberflächentemperatur sinkt. Die Sonne erscheint nun nicht mehr gelb, sondern rot.
Rote Riesen und Weiße Zwerge
Forscher kennen inzwischen etliche sonnenähnliche Sterne, die sich schon heute in diesem Entwicklungsstadium befinden, die "Roten Riesen". Dazu gehören etwa Betelgeuse im Sternbild Orion oder der Stern Antares im Skorpion. Auch die Sonne wird sich in einen "Roten Riesen" verwandeln. Schon vor Ablauf einer weiteren Milliarde Jahre wird sie tausendmal heller scheinen. Schließlich wird sie sich "so weit ausdehnen, dass sie fast die Erdumlaufbahn erreicht", schreiben der Geowissenschaftler Peter Ward und der Astronom Donald Brownlee von der Universität Washington in Seattle in ihrem soeben erschienenen Buch "Unsere einsame Erde" (Springer-Verlag), und weiter: "Das Universum wird um einen lebendigen Planeten ärmer sein."
Aber das Ende des Lebens auf der Erde ist möglicherweise auch ein Neubeginn. Die Sonne spielt als Roter Riese eine wichtige Rolle für die weitere Evolution des Kosmos. Erst im Innern der Roten Riesen können sich Kohlenstoff, Sauerstoff und fast alle anderen chemischen Elemente bilden, die auch für die Entstehung des irdischen Lebens von Bedeutung waren. Dass es auf der Erde schon vor 4,5 Milliarden Jahren so ungeheuer viel Kohlenstoff oder Sauerstoff gab, ist nur darauf zurückzuführen, dass sie - samt Sonne - recht spät geboren wurde. In unseren Breiten müssen weit früher schon einmal Rote Riesen oder noch schwerere Sterne diese Elemente erbrütet und uns den Weg bereitet haben.
In eine solche Brutperiode taucht auch die Sonne am Ende ihrer Sternenzeit ein, sie wird wachsen und wachsen und ihre Energie zunächst noch aus dem Wasserstoffbrand ihrer weiter außen gelegenen Schichten gewinnen. In ihrem Kern dagegen wird aller Wasserstoff bereits zu Helium verkocht, das Sonnenfeuer erloschen sein. Der Kern schrumpft und zieht sich unter seinem eigenen Gewicht zusammen. Jetzt, wo der Druck der aus dem Sonnenkern nach außen dringenden Strahlung rapide gesunken ist, sind die Gasmassen nicht mehr zu halten. Der schrumpfende Helium-Kern wird dichter und heißer. So lange, bis mit einem Male eine neue Fusionsreaktion einsetzt. Bei 100 Millionen Grad beginnt das Helium urplötzlich zu Kohlenstoff zu verschmelzen. Die dabei entstehende Explosion zerreißt die Sonne beinahe. Der Helium-Blitz setzt eine solche Menge Energie frei, dass die Sonne einen Gutteil ihrer Masse verliert. Was folgt, ist eine turbulente Lebensphase, in der die Sonne nach Kräften Kohlenstoff und Sauerstoff ausbrütet.
Aber das Helium ist viel rascher verbraucht als der Wasserstoff. Der Kern schrumpft noch einmal. Dabei erreicht er jedoch keine ausreichenden Temperaturen mehr, um weitere Kernreaktionen auszulösen. Das Herz der Sonne hört auf zu schlagen. Zurück bleibt ein sehr dichter heißer Klumpen aus Kohlenstoff und Sauerstoff. Dort, wo heute die Sonne steht, sieht in sieben Milliarden Jahren ein "Weißer Zwerg" seinem Ende entgegen. Im einstigen Sonnensystem wird es dann dunkler und dunkler werden. Der dann in dieser Himmelsregion einbrechende Winter könnte ewig währen.
Vielleicht geht unser Sonnensystem aber auch in einen neuen kosmischen Recycling-Prozess ein: Die noch vorhandene Materie könnte sich mit frischem Gas mischen. Etwa bei einem Zusammenstoß der Milchstraße mit der langsam näher rückenden Nachbargalaxie Andromeda. Bei dieser Kollision könnte sich auch in unseren Breiten eine neue, dichte Gaswolke und schließlich eine neue Sonne bilden.
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