WM-Maskottschen: Ärger ums Stofftier
Bei der WM soll das Maskottchen auf die vom Aussterben bedrohten Gürteltiere aufmerksam machen. Doch finanziell unterstützen will der Fußball-Weltverband den Umweltschutz nicht.
Warum eine Fußball-WM ein Maskottchen braucht, gehört zu den Geheimnissen, die wohl nur die Marketing-Abteilung des Weltverbands Fifa zu lüften weiß, der die Rechte an den jeweiligen Tierchen hat. Nun hat es „Fuleco“ erwischt, der die Weltmeisterschaft in Brasilien mit putzigen Kapriolen begleiten wird. Fuleco besitzt – wie es sich für moderne Maskottchen gehört – eine eigene Homepage und sogar einen Twitter-Kanal. Auf den offiziellen Videos wirbt er für das Spektakel hüpfend und tanzend zu fetziger Samba-Musik. Das kommt an, vor allem die Kinder mögen ihn – das hat ein Test der Werbeagentur ergeben. Warum, ist rasch klar: Ganz im Stile eines Transformers verwandelt sich das gelb-grüne Gürteltier in Windeseile in einen blauen Ball – wie die echten Gürteltiere, wenn sie sich bedroht fühlen. Und farblich deckt Fuleco übrigens gleich noch die Nationalflagge ab.
Aber er hat noch mehr an politischer Korrektheit zu bieten: Demokratisch vorbildlich durften die Brasilianer bei der Namensgebung mitsprechen. Ein bisschen zumindest. Zur Auswahl standen Amijubi, Zuzeco und Fuleco. In einer Online-Umfrage votierten 1,7 Millionen Brasilianer und damit 48 Prozent der Teilnehmer für letzteren Namen, der eine Kombination aus den brasilianischen Worten Fußball (Futebol) und Ökologie (Ecologia) ist. Damit haben sie sich freundlicherweise für den Namen entschieden, der auch Ausländern einigermaßen flüssig über die Zunge gehen dürfte. Soweit, so gut. Wären da nicht die wirklichen Kugelgürteltiere, die Vorbild für Fuleco standen.
Wie viel die Fifa an Werbeeinnahmen verdient, verrät sie nicht
Denn die sind vom Aussterben bedroht, was in Brasilien normalerweise nicht mehr als eine Handvoll Umweltschützer interessiert. Die nordöstliche Dornensteppe Caatinga, in der Fulecos echte Artgenossen leben, ist durch Jagd und die Ausweitung landwirtschaftlicher Anbauflächen im vergangenen Jahrzehnt um die Hälfte geschrumpft. Und dank Fuleco ist dies plötzlich zum großen Thema mutiert. Die brasilianische Regierung, die schon wegen Korruption, Ineffizienz und Schlamperei beim Stadienbau in der Kritik steht, zeigte zumindest in diesem Punkt politisches Fingerspitzengefühl und verkündete nun einen Fünf-Jahres-Plan zum Schutz des bedrohten Kugelgürteltieres. Schutzgebiete sollen ausgewiesen und ein Forschungszentrum eingerichtet werden.
Zur Finanzierung würden die Brasilianer nur allzu gerne die Werbeeinnahmen der Fifa anzapfen, die gerade eine Million Stoff-Fulecos hat herstellen lassen – übrigens in China, was die Brasilianer nicht gerade erfreute. Doch die Fußballfunktionäre winkten ab. „Durch die Wahl zum Maskottchen wird das Bewusstsein für die Problematik des Gürteltiers gesteigert“, heißt es. Damit ist für sie das Thema Umweltschutz erledigt. Wie viel sie durch Fuleco einnehmen, wollen die Funktionäre auch nicht verraten.
Ein bisschen verwunderlich ist es schon, dass der Weltverband sich finanziell nicht beteiligen will, hat er das Thema Umweltschutz doch selbst als besonders wichtig deklariert. „Die Fifa nimmt ihre Verantwortung für die Umwelt sehr ernst“, steht auf der Homepage des Verbands. Und weiter: „Die globale Erwärmung, die Erhaltung unserer Umwelt und nachhaltiges Management sind für die Fifa Themen von großer Bedeutung.“ Zudem wird darauf hingewiesen, dass die lokalen Organisationskomitees beim Umweltschutz unterstützt werden. Zumindest in Bezug auf das Gürteltier ist davon bisher noch nichts zu sehen.
Umweltschützer lassen nicht locker
Zum Ärger der Fifa lassen die Umweltschützer in Brasilien aber nicht locker. „Für jedes Tor, das bei der WM geschossen wird, sollen die Fifa und die Regierung zusammen das Geld zahlen, das nötig ist, um zehn Quadratkilometer der Caatinga unter Schutz zu stellen“, forderte jetzt eine Gruppe Wissenschaftler, die fürchten, dass den hehren Worten sonst keine Taten folgen werden. „Bei einem Schnitt von 170 Toren wären das 1700 Quadratkilometer“, sagt Felipe Melo von der Universität von Pernambuco. „Das wäre genug Lebensraum für das Gürteltier und andere bedrohte Arten wie den Jaguar.“
Brasiliens Umweltschützer werden kaum aufgeben, den Fußball-Weltverband mit ihrem Anliegen zu behelligen. Die Fifa-Bosse Josef Blatter und Jerome Valcke jedenfalls, die in Brasilien ohnehin in nahezu jedes Fettnäpfchen getreten und inzwischen so etwas wie Nationalfeinde im Land sind, dürften Fuleco längst nicht mehr so niedlich finden.