Pistole als Emoji: Apple macht aus dem Revolver eine Wasserpistole
Apple verändert ohne großes Aufhebens ein Emoji – und findet sich mitten in der erbitterten Waffen-Debatte wieder.
Wenn man eins in 25 Jahren Internet über das Verhalten von Nutzern gelernt hat, dann, dass die kleinste Veränderung oft glühende Hass- und Beschuldigungstiraden auslöst. Jenen Reflex, der sich auf Nachrichtenseiten und Blogs, in Tweets und Facebook-Posts entlädt, hat jüngst eine winzige Änderung losgetreten – diesmal im Nischenbereich Emoji-Design, also bei Piktogrammen, die bei SMS oder Chats verwendet werden: Apple möchte das Pistolen-Piktogramm mit einer Spritzpistole ersetzen. Bisher nur in einer Betaversion von iOS 10, Ende August dann auf allen iPhones.
Vom „Guardian“ über NPR und NBC, über rechte Newsmedien wie „Breitbart“ und „Fox News“ bis zu Waffenliebhaber-Blogs: Während einige Kommentatoren das Ende der freien Meinungsäußerung herbeifabulieren, sagen andere den Beginn der pazifistischen Wende voraus.
Der Blogger Jeremy Burge schreibt, er habe seit der Gründung seines Emoji- Blogs „Emojipedia“ noch nie eine so negativ aufgefasste Änderung beobachtet. Der Blog verzeichnet nahezu alles, was in der Welt der Emojis passiert. Die Entscheidung ist politisch, befinden Burge und etliche Kommentatoren, sowohl von rechts als auch von links.
Seit Tim Cook Apple führt, hat sich das Unternehmen immer wieder politisch positioniert
Es passe zur Führung von Tim Cook, schreibt das Tech-Magazin „Wired“. Von der Ehe für alle über den Klimawandel habe sich Cook immer wieder klar positioniert. Nun habe Apple sich in die Waffendebatte eingemischt.
Mit der Spritzpistole gegen die Waffenverliebtheit der einen Hälfte der US-Bevölkerung: Apple reagierte damit auf die jüngste Häufung an spektakulären Massenmorden in den USA. Laut „Mass Shooting Tracker“ wurden in den USA alleine im Juni und Juli 164 Menschen bei Massenschießereien getötet, fast 500 verletzt. Das weit größere Problem aber sind niedrigschwelligere, unauffälligere Verbrechen mit Waffen – innerhalb von Familien oder Nachbarschafen. Laut „Gun Violence Archive“ wurden 2016 in den USA 8538 Menschen erschossen, über 17000 wurden verletzt.
Apple selbst äußert sich, wie üblich, nicht explizit zu der Änderung des Emojis. Bereits vor einigen Wochen nutzte Apple laut Medienberichten hinter verschlossenen Türen seine Marktmacht, um ein bereits geplantes Gewehr-Emoji zu verhindern.
Emoji-Änderung würde für Verwirrung sorgen
Die Botschaft kommt aber auch dieses Mal an. Die Lobbygruppe „New Yorkers Against Gun Violence“ begrüßt die Emoji-Änderung. „Es kann nicht schaden, Apple auf seiner Seite zu haben“, schreibt Direktorin Leah Barrett.
Emoji-Blogger Jeremy Burge findet Apples Haltung richtig, die Änderung aber irreführend. Denn: Apple kann nur die Darstellung auf Apple-Geräten ändern. Die Codes für Emojis werden vom „Unicode Consortium“ herausgegeben, jeder Hersteller spielt es auf seinen Geräten anders aus. Der Pistolen-Code wird bei Samsung als Revolver angezeigt, auf LG-Geräten als Pistole – und bei Apple eben neuerdings als Wasserpistole.
Was, wenn ein iPhone-Nutzer seine Freunde zu einer Wasserschlacht einlädt, fragt Burge. Das Beispiel ist natürlich konstruiert, das Grundproblem der Unverständlichkeit bleibt. Emojis sollen Kommunikation erleichtern, nicht erschweren. Um alles noch weiter zu verkomplizieren, will Microsoft das Pistolen-Emoji nicht wie bisher als als futuristische Laser-Pistole ausspielen, sondern: als Revolver.
Jeremy Burge schlägt deshalb eine einfachere Lösung vor: Apple kann das Emoji aus dem Sortiment nehmen. Das „Unicode Consortium“ normiert die Piktogramme zwar – der Hersteller entscheidet aber nicht nur darüber wie, sondern auch ob ein Emoji angezeigt wird.
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