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Im Juli 2012 erschoss James Holmes während der Premiere des Kinofilms "Batman" in Aurora in den USA 12 Menschen. Die Staatsanwaltschaft will im anstehenden Prozess die Todesstrafe erreichen.
© dpa

James Holmes: Anklage und Verteidigung zeichnen zwei Gesichter des Kino-Amokläufers

Ist James Holmes, der in einem Kino in Colorado zwölf Menschen tötete und 58 verletzte, ein berechnender Killer? Oder ist er geisteskrank? Der Geisteszustand des Amokläufers gilt als Knackpunkt des Prozesses.

Vor Gericht wirkt James Holmes in einem hellblauen Hemd, mit kurzen Haaren und Hornbrille gepflegt und seriös. Auf den ersten Blick würde man den Mann, dessen Foto nach dem blutigen Amoklauf in einem Kino in Colorado 2012 um die Welt ging, nicht erkennen. Damals war Holmes, dem vorgeworfen wird, bei einer „Batman“-Filmpremiere zwölf Menschen erschossen und 58 weitere verletzt zu haben, noch mit zerzausten, orange gefärbten Haaren vor einem Richter erschienen.

Zum Auftakt der Hauptphase des Verfahrens in Centennial nahe Denver geht es am Montag um die zwei Gesichter des heute 27-Jährigen. Staatsanwaltschaft und Verteidiger zeichneten in Eröffnungsplädoyers gegensätzliche Porträts des intelligenten jungen Mannes, der im Juli 2012 bei der nächtlichen Premiere das Kino stürmte und das Feuer auf das Publikum eröffnete.

„Vierhundert Menschen sind in ein Kino gekommen, um sich unterhalten zu lassen. Ein Mensch kam dahin, um sie abzuschlachten“, sagt Staatsanwalt George Brauchler. Verteidiger Daniel King entgegnet: „Es handelt sich hier nicht um die bewusste Entscheidung eines vernünftig denkenden Menschen. Hier geht es um eine Hirnerkrankung.“ Holmes hat die Taten gestanden - und in allen 166 Anklagepunkten wegen Mordes, versuchten Mordes und Vorwürfen wegen Waffen- und Sprengstoffgebrauchs auf „nicht schuldig wegen Unzurechnungsfähigkeit“ plädiert. Knackpunkt des Verfahrens, das vier oder fünf Monate in Anspruch nehmen wird, dürfte sein Geisteszustand zur Tatzeit sein. Die Geschworenen müssen entscheiden, ob der Täter geistig krank ist. Und ob er deswegen nicht in der Lage war, logische, moralische Entscheidungen zu treffen. Die Staatsanwaltschaft will die Todesstrafe fordern, die Verteidigung die Unterbringung in einer psychiatrischen Anstalt.

Staatsanwalt Brauchler zeichnet in seinem Eröffnungsplädoyer das Bild eines berechnenden, kaltblütigen Killers, der einerseits ins Fitnessstudio ging und im Internet Frauenbekanntschaft suchte, während er sich andererseits Waffen, Munition und Körperpanzerung zulegte und minuziös die Tat plante.

"Besessen" von der Tötung von Menschen

Er zitiert aus einem Tagebuch, das Holmes am Tag vor der Tat an seine Therapeutin schickte, und in dem er zugibt, sein Leben lang von der Tötung von Menschen „besessen“ gewesen zu sein. Darin soll er auch den Kinokomplex geschildert und die einzelnen Säle auf ihre Tauglichkeit für einen Massenmord hin beschrieben haben. „Ich werde sie bitten, die Angaben dieses Mannes, er könne richtig und falsch nicht auseinanderhalten, zurückzuweisen“, sagt Brauchler.

Die Verteidigung spricht im Eröffnungsplädoyer von einem intelligenten, aber schwer kranken jungen Mann, in dessen Familie in der Vergangenheit Psychosen und Schizophrenie bereits vorkamen, und der lange mit einer Geisteskrankheit kämpfte, die sein Leben überwältigte und letztlich zum Tod seiner Opfer führte.

Verteidiger King ruft die zwölf Geschworenen auf, nicht auf Vergeltung zu pochen und den Angeklagten stattdessen als Mensch zu betrachten, der behandelt werden müsse, anstatt hingerichtet zu werden. Er zeigt Videobilder von Überwachungskameras in einer Haftanstalt und in der Psychiatrie, auf denen zu sehen ist, wie sich Holmes gegen eine Wand wirft, unter Laken kauert und mit Psychiatern über angsterregende Stimmen und schemenhafte Halluzinationen spricht. „Er ist krank“, sagt Pflichtverteidigerin Katherine Spengler.

Holmes sitzt während der gesamten Sitzung ruhig an seinem Platz und bewegt sich zeitweise hin und her. Seine Eltern, die ein paar Sitzreihen hinter ihm sitzen, haben ihm eine schwere Geisteskrankheit attestiert, sie flehen um sein Leben. Es ist nun an der Staatsanwaltschaft, die Jury von ihrem Bild des Täters zu überzeugen. (dpa)

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