Feminismus: Alice Schwarzer verteidigt SM-Roman "Shades Of Grey"
Die Feministin Alice Schwarzer fordert einen unverkrampften Umgang mit dem umstrittenen Sadomaso-Buch "Shades of Grey". Es sei das Gegenteil von Pornografie.
Die Publizistin Alice Schwarzer hat den umstrittenen Erotikroman „Shades Of Grey. Geheimes Verlangen“ über eine sadomasochistische Beziehung gegen Pornografievorwürfe verteidigt. „Dieser Unterhaltungsroman ist das Gegenteil von Pornografie, in der der Sex entpersonalisiert ist“, sagte die Herausgeberin des Magazins „Emma“. „Die Frau wird nie zum passiven Objekt degradiert, sondern bleibt denkendes und handelndes Subjekt.“ Die junge Protagonistin des Romans lasse sich zwar ein Stück weit auf die Welt ihres dominanten Geliebten ein, ziehe dann aber die Reißleine. „Warum sollte das ein Rückschlag für die Emanzipation sein?“, fragte Schwarzer. „Eine Frau schreibt über männlichen Sadismus – denn der ist das eigentliche Thema! – und über ihre weiblichen Fantasien. Das ist eher emanzipiert.“
Die Heldin unterwerfe sich dem Mann letztendlich eben nicht. „Und genau das macht wohl die Faszination für die Millionen Leserinnen aus: das Spiel mit dem Feuer, das sie selber löschen können“, erklärte die Feministin den Erfolg des Romans.
Schwarzer plädierte für einen unverkrampften Umgang mit dem Buch. Es biete eine Möglichkeit, „angstfrei und spielerisch“ mit Fantasien umzugehen. „Der gelebte Sadomasochismus ist allerdings eher ein Medienhype. Er ist die Reaktion gewisser Männer auf die erstarkende Emanzipation der Frauen“, sagte die Publizistin. „In einer Welt, in der immer mehr Frauen in die Chefsessel drängen, imaginiert so mancher verunsicherte Mann und Hausherr sich Frauen eben lieber auf allen Vieren als im aufrechten Gang.“ Der Roman der Britin E. L. James verkaufte sich auf dem angloamerikanischen Markt bis jetzt 15 Millionen Mal. In Deutschland hat das erst am Montag erschienene Buch nach Angaben des Verlags Goldmann bereits die siebte Auflage mit einer Million Exemplaren erreicht.
"Als Handbuch zum BDSM ist dieses Buch garantiert nicht geeignet"
Das Buch taugt nach Ansicht von Experten allerdings nur bedingt als Inspiration für das eigene Sexleben. „Als Handbuch zum BDSM ist dieses Buch garantiert nicht geeignet“, sagte Silke Niggemeier vom Verein SMart-Rhein-Ruhr mit Verweis auf Praktiken wie Sadomasochismus und Fesselspiele (Bondage).
BDSM ist der politisch korrekte Begriff für Sexpraktiken, in denen die Partner einvernehmlich Formen der Dominanz und Unterwerfung genießen. Die Abkürzung steht für „Bondage & Discipline, Dominance & Submission, Sadism & Masochism“. Nach Angaben von Silke Niggemeier sind die im Roman erwähnten Kabelbinder kein sicheres Utensil. Der Roman hebe aber sehr gut hervor, wie wichtig Kommunikation in sadomasochistischen Beziehungen sei.
Sicherer und einvernehmlicher Sex zwischen seelisch gesunden Partnern steht der Paar- und Sexualberaterin zufolge beim Sadomasochismus im Vordergrund. „Wir distanzieren uns jederzeit von jeglichem Missbrauch wehrloser und hilfloser Personen“, sagte sie. Neulinge sollten sich unbedingt vor ersten Experimenten fundiert informieren. Ihr Verein biete dazu in mehreren Städten Stammtische an, die auch Nichtmitgliedern offenstünden. Ungeachtet des großen öffentlichen Interesses an „Shades Of Grey“ ist Sadomasochismus laut der Vereinssprecherin noch weitgehend tabuisiert. „BDSMer haben sozusagen momentan gesellschaftlich ein ähnliches Standing wie Homosexuelle in den 60ern“, sagte die Sprecherin. dapd
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