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Alice Schwarzer darf vorerst nicht mehr an dem Prozess gegen Wettermoderator Jörg Kachelmann teilnehmen.
© dpa

Eklat vor Gericht: Alice Schwarzer muss Kachelmann-Prozess verlassen

Kachelmanns Anwalt teilt aus: Er wirft der Journalistin Alice Schwarzer einen "öffentlichen Feldzug" gegen seinen Mandanten vor und will sie als Zeugin vernehmen lassen.

Die Journalistin und Feministin Alice Schwarzer kann vorerst nicht mehr an dem Prozess gegen Wettermoderator Jörg Kachelmann teilnehmen. Kachelmanns Anwalt beantragte am Donnerstag überraschend, Schwarzer als Zeugin zu vernehmen. Bis zur Entscheidung des Landgerichts Mannheim darüber darf Schwarzer, die für die "Bild"-Zeitung über den Promi-Prozess berichtet, als mögliche Verfahrensbeteiligte den Gerichtssaal nicht mehr betreten.

Schwenn möchte Schwarzer zu ihren Kontakten mit dem Therapeuten von Kachelmanns Ex-Freundin, Günter Seidler, befragen. Der Anwalt warf Schwarzer einen „öffentlichen Feldzug“ gegen Kachelmann vor. In der Vergangenheit hatte Schwenn bereits mit erfolglosen Anträgen, die Redaktionen von „Focus“ und „Bunte“ durchsuchen zu lassen, für Wirbel gesorgt.

Das Gericht wies am Donnerstag einen Antrag Schwenns zurück, Trauma-Forscher Seidler bestimmte Fragen vor Zuhörern und Journalisten zu stellen. Seidler ist bisher ausschließlich unter Ausschluss der Öffentlichkeit befragt worden. Kachelmanns Verteidigung wollte durch die öffentliche Befragung offenbar weiter Zweifel an Seidlers Glaubwürdigkeit schüren.

Anwalt Schwenn ging es vor allem um zwei Fragen: Er wollte wissen, ob der Vorsitzende Richter des Oberlandesgerichts Karlsruhe, das am 29. Juli den Haftbefehl gegen Kachelmann aufgehoben hatte, anschließend tatsächlich Sorge um die Ex-Geliebte und ihren Therapeuten geäußert habe. Nach den Notizen von Seidler soll der Anwalt der 37-jährigen Frau, Thomas Franz, den Therapeuten über einen entsprechenden Anruf des Richters informiert haben.

Es sei eine abwegige Vorstellung, dass die Kammer, die Kachelmann freigelassen habe, sich dann um die Ex-Geliebte und ihren Therapeuten sorge, sagte Schwenn. Zwar sei Seidler als sachverständiger Zeuge dazu bereits in nichtöffentlicher Sitzung befragt worden. Er wolle aber transparent machen, „zu welchen fantastischen Situationsverkennungen der Zeuge in der Lage ist“. Die Öffentlichkeit müsse nachvollziehen können, „mit wem man es zu tun hat“. Schwenn wollte zudem wissen, ob der Therapeut persönlich ein Treffen von mehreren Ex-Freundinnen Kachelmanns angeregt hat, um möglicherweise eine psychologische Begutachtung des Moderators zu erreichen.

Das Gericht schloss die Öffentlichkeit für die Fragen an Seidler jedoch erneut aus. Durch die Fragen werde der persönliche Lebensbereich der Ex-Geliebten berührt. Die Radiomoderatorin beschuldigt Kachelmann, er habe sie mit einem Messer bedroht und vergewaltigt. Sie kann sich allerdings an entscheidende Details nicht erinnern. Der 52-jährige Schweizer bestreitet die Tat.

Seidler ist der Ansicht, dass die Erinnerungslücken des mutmaßlichen Vergewaltigungsopfers auf eine Traumatisierung zurückzuführen seien. Diese These ist zwischen Anklage und Verteidigung umstritten. Schwenn hatte den Psychotherapeuten bei einer Verhandlung Anfang Dezember als „Scharlatan“ bezeichnet und Unterlagen von ihm beschlagnahmen lassen. Die psychologische Sachverständige Luise Greuel hatte Schwenn scharf angegriffen. Sie hatte in ihrem Gutachten ebenfalls zur Möglichkeit einer Traumatisierung der Ex-Geliebten Stellung genommen.

Die Fronten sind mittlerweile auch unter Teilen der Prozessbeobachter verhärtet: Ein Zuschauer forderte einen Journalisten auf, sich zu „schämen“ und beschimpfte ihn als Mitglied der „Alice-Schwarzer-Fraktion“. Für das Gericht gab es Buhrufe. (dpa)

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