Risiken durch Klimawandel in Deutschland: 1200 Todesopfer und 1,2 Milliarden Euro Schäden im Jahr 2018
Deutschland gehörte 2018 zu den drei weltweit am stärksten von Hitze, Dürre und Stürmen geschädigten Ländern. Europa muss mehr für die Umwelt tun.
Die Folgen des Klimawandels treffen immer öfter auch reiche Länder wie Deutschland. Gleichzeitig wird in Europa zu wenig getan, um die Umwelt und das Klima zu schützen. Das zeigen der Klima-Risiko-Index der Umwelt- und Entwicklungsorganisation Germanwatch und ein Bericht der Europäischen Umweltagentur EEA. Beide wurden am Mittwoch vorgestellt.
Zum ersten Mal in der 14-jährigen Geschichte des Klima-Risiko-Index gehörte Deutschland 2018 zu den drei am stärksten von Extremwetter betroffenen Staaten weltweit, teilte Germanwatch mit. So hätten die Hitzewellen im vergangenen Jahr in Deutschland mehr als 1200 Todesopfer gefordert. In Kombination mit der Rekorddürre entstanden im gleichen Jahr in Deutschland Schäden in Höhe von rund 1,2 Milliarden Euro. Davon laut Umweltbundesamt 700 Millionen Euro in der Landwirtschaft. Die Gesamtschäden durch Wetterextreme in Deutschland beliefen sich auf rund 4,5 Milliarden Euro. Dafür waren vor allem die Orkantiefs Friederike im Januar und Fabienne im September verantwortlich.
Nur Japan (Starkregen und Hitzewellen) sowie die Philippinen (stärkster Taifun des Jahres 2018) waren noch stärker von Extremwettern als Deutschland betroffen, zeigt der Index. Langfristig betrachtet seien aber Puerto Rico, Myanmar und Haiti die am massivsten von Stürmen, Überflutungen und Dürren heimgesuchten Staaten. Insgesamt sind die ärmsten Staaten der Welt den größeren Risiken ausgesetzt. „Vor allem, weil sie bisher kaum Hilfe für erlittene Schäden und Verluste von den Hauptverursachern des Klimawandels bekommen“, sagt Maik Winges, einer der Autoren des Index’. Die Analyse beruht auf Daten des Rückversicherers Munich Re sowie des Internationalen Währungsfonds.
„Folgen des Klimawandels für die Ökosysteme größtenteils nicht gut“
Einen positiven Rückblick auf die Entwicklung der Umweltqualität in Europa, aber einen alarmierenden Ausblick legte die EEA vor. Gut lief es bisher bei den Schutzgebieten an Land und auf See. Deutschland legt im europäischen Vergleich auf Platz sechs. Auch die Zersiedelung der Landschaft ging in Deutschland stark zurück, besser war hier nur Spanien. Insgesamt hat Europa in den vergangenen Jahren auch gute Fortschritte beim Ausbau der erneuerbaren Energien und beim Recycling gemacht. Deutschland und Großbritannien waren besonders erfolgreich in der Verminderung ihrer Kohlendioxid- Emissionen. Die Hälfte des Rückgangs in der EU entfällt auf diese beiden Länder.
Bis 2020 aber werden viele Umweltziele der EU trotzdem nicht erreicht, heißt es in dem Bericht, der alle fünf Jahre erscheint. Die Artenvielfalt und der Zustand der Böden machen der Umweltagentur besonders große Sorgen. Auch bei der Luft- und Wasserverschmutzung sowie der Lärmbelastung der Bevölkerung sieht die Umweltagentur schwarz. Was den Klimawandel betrifft, habe Europa gute Strategien und Pläne zur Anpassung. Aber ob die Risiken für die Gesellschaft wirklich gemindert werden, sei unklar. Die erwarteten Folgen des Klimawandels für die Ökosysteme seien jedenfalls „größtenteils nicht gut“.
Emissionen aus Verkehr und Landwirtschaft sind laut EEA ebenfalls gestiegen und die Produktion und der Verbrauch gefährlicher Chemikalien nicht gesunken. Bemühungen zur Verringerung der Umweltbelastungen wären nicht erfolgreich gewesen, wie das Beispiel der Landwirtschaft mit ihren Auswirkungen auf die Artenvielfalt und die Verschmutzung von Luft, Wasser und Böden zeige.
Weiterhin verbraucht Europa „immer mehr Ressourcen und trägt mehr zur Umweltzerstörung bei als viele andere Weltregionen“, heißt es in dem Bericht. So sei der Energieverbrauch seit 2014 wieder gestiegen. Bei einer Fortsetzung dieses Trends könnte das Energieeffizienzziel der EU für 2020 verfehlt werden.
Aufmerksamkeit für die Verlierer
Der Ausblick bis zum Jahr 2030 zeigt, dass das aktuelle Tempo der Fortschritte nicht ausreichen wird, um die Klima- und Energieziele für 2030 und 2050 zu erreichen, befürchten die Autoren. Um gegenzusteuern, müsste es einen schnellen und weitreichenden Wandel geben. Dem stehen laut EEA aber große Hürden entgegen. Die nötigen radikalen Veränderungen hätten tiefgreifende Auswirkungen auf Investitionen, Arbeitsplätze, Verhaltensweisen und Werte. Das würde höchstwahrscheinlich zum Widerstand betroffener Branchen, Regionen und Verbraucher führen.
Eine nachhaltige Entwicklung wird laut EEA vor allem von Innovationen abhängen, die zu neuen Denk- und Lebensweisen anregen. Die gute Nachricht ist: „Die Grundlagen für diesen Wandel sind bereits vorhanden.“ Mehr und mehr Unternehmen, Existenzgründer, Forscher oder Stadtverwaltungen würden mit neuen Produktionsmethoden und Formen des Konsums experimentieren.
Um den nötigen Wandel mit all seinen Unsicherheiten zu bewältigen, müssten die Regierungen aber neue Wege zur Steuerung gesellschaftlicher Prozesse finden, empfiehlt die EEA. Nur so können die Nachhaltigkeitsziele erreicht und Risiken auf dem Weg bewältigt werden. Besonders die potenziellen Verlierer einer kohlenstoffarmen Wirtschaft müssten die ihnen gebührende Aufmerksamkeit erhalten.