Der Zooeffekt ist auf Anhieb erkennbar. Architektonisch muss man sich Berlins jüngstes Szenerestaurant so vorstellen: ein kleineres Gewächshaus steht in einem größeren Gewächshaus. So können die temporären Bewohner von Gewächshaus 1 die Gäste in Gewächshaus 2 betrachten und umgekehrt, ähnlich wie das Menschen und Tiere im Zoo miteinander tun. Und der liegt ja gleich darunter. Eine schmale Terrasse mit gründlich abgewetzten Vintage-Gartenmöbeln zieht sich vor dem Eingang lang. Über mehr Freiluftgehege für Durstige verfügt die angrenzende Monkey Bar.
Okay, der nach alter Club-Schule angekurbelte Hype hat sich schon gelegt. Newcomer wie wir werden trotzdem erst mal in der Mitte des Raumes platziert auf recht unterdurchschnittlich bequemen Holzsesseln. Unser Protest mit Hinweis auf frühzeitige Reservierung reichte dann für eine Beförderung auf die Bank am Rande. Lampen und Glühbirnen sind zwar schick und im nackten Fabrikstil gehalten, laufen aber im energiewendefreundlichen Sparmodus. Wer keine Taschenlampe besitzt, sollte im besser ausgeleuchteten Mikrogarten reservieren.
Die jungen Leute im Service sehen alle ein bisschen aus wie am Strand eingesammelt. Leicht genervte Kellnerinnen nehmen die Bestellungen auf, ohne sich Notizen zu machen. Kassieren dürfen am Ende die schmusigen Oberkellner, die sich zwischendurch immer wieder erkundigen, ob auch alles super ist. Die praktizierte Lässigkeit wirkt ein bisschen grotesk, wenn zwei Gläser mit Winzersekt aus einer einzigen Hand geschält werden. Humus, Tahini und Pita gehören zum Pflichtprogramm. Die Küche ist mediterran mit einem deutlich israelischen Einschlag. Das macht es nicht leichter, denn die Verarbeitung von Kichererbsen und Kreuzkümmel erfolgt an vielen preiswerten Imbissständen auf erstaunlich gutem Niveau, da muss man erst mal mithalten können. Die meisten Gerichte gibt es in kleinen und großen Portionen.
Eine falsche Vorspeise, die zuerst gebracht wurde, tauschte die Kellnerin anstandslos aus. Gut war die gegrillte Aubergine auf einem Bett von Kichererbsenbrei und Sesampaste. Chili-Koriander-Pesto, hier genannt „Shug“, und Tomatenkerne gaben der Aubergine ein kernig feuriges Temperament (8 Euro). Die hausgemachten Falafel sind nicht sehr groß, gut, aber nicht unvergesslich gewürzt, vier Stück gibt es in der kleinen Portion, dazu ein arg knapp bemessenes Tahina-Dip und einige Blättchen frische Minze (6 Euro). Schon wird es Zeit für die Hauptgerichte.
Dazu muss man wissen, dass der Name des Restaurants gebildet ist aus den Anfangsbuchstaben der Söhne von der in Wien ansässigen Betreiberin Haya Molcho, die da heißen Nuriel, Elior, Nadiv und Ilan. Nuriel hat das Arak-Maishähnchen erfunden, bei dem das Fleisch 48 Stunden in Kräutern und vor allem Arak mariniert wird, bevor es auf den Grill kommt. Lustige Idee, der Arak schmeckte deutlich durch und diesmal war die Pesto-Lage obenauf noch mit Petersilie angereichert (19 Euro). Als besserer Deal erwies sich freilich der Jerusalem-Teller. Schon in der kleinen Portion für 13 Euro war der erstaunlich umfangreich. Auf einem schwungvoll gemalten, nicht sehr ausdrucksvoll gewürzten, dicken Bett Humus fanden wir halbwegs zarte, gegrillte Hühnerwürfel in der alkoholfreien Variante, dazu allerlei öliges Gemüse wie Paprika und Zwiebeln. Ungeröstetes Pitabrot gehört auch dazu, aber Vorsicht, das Gericht wirkt mächtig, ohne sonderlich raffiniert zu schmecken.
„Hayas Pavlova“ enttäuschte beim Nachtisch, da war wohl doch am Material gespart worden. Ein malerischer Berg aus Baiserbrocken, Sahne und Mascarpone übertraf vom Umfang her unsere Erwartungen an ein kleines Dessert zwar deutlich. Die versprochenen Beeren waren aber leider nur in Spurenelementen vorhanden, so dass der süßfette Anteil sich viel zu breit machte im Geschmackseindruck (6 Euro).
Am Ende läppert es sich auf der Rechnung doch ganz schön, obwohl wir uns sogar für den einzigen israelischen Wein entschieden hatten, einen Roten 2012er Recanati Yasmin, der mit 27 Euro gleichzeitig den niedrigsten Preis hatte.
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