Berlin Fashion Week: Mode für Alle: Angekommen in der Zukunft
Mode muss mehr können: Über Schutz und Schönheit hinaus, soll ausgefeilte Technologie den schönen Stoffen künftig mehr Relevanz verleihen. Die Konferenz #Fashiontech setzt hier an.
Wie sehen wir in Zukunft aus? Der Hollywood-Klassiker "Zurück in die Zukunft" von 1985 beantwortet diese Frage mit einem geschmacklichen Fiasko: Als Michael J. Fox alias Marty McFly mit der Zeitmaschine am 21. Oktober des Jahres 2015 landet, laufen allerhand pastellfarbene Ganzkörperanzüge durch die futuristische Kulisse. Wir sind da, wo es den fiktiven Zeitreisenden damals hin verschlagen hat und wissen es gottseidank besser. Ein Relikt der Science-Fiction-Trilogie hat es aber doch ins Jetzt geschafft: Pünktlich zum Zieljahr des filmischen Protagonisten von früher, will Modemarke Nike jenen leuchtenden Turnschuh auf den Markt bringen, der sich Marty damals automatisch um den Fuß schloss. Allein steht das amerikanische Unternehmen mit seinem Drang nach der Verbindung aus Mode und Technologie keinesfalls dar. Im Frühjahr diesen Jahres wird Computerriese Apple seine "Apple Watch" auf den Markt bringen. Am Handgelenk lassen sich dann etwa Sensoren zur Messung der Herzfrequenz, Funktionen zur Terminkoordination oder ein mit Vibration unterstütztes Navigationssystem per Touchscreen bedienen. Dass daran nicht nur Technikfans interessiert sein dürften, stellte schon vergangenen September die Produktvorstellung im Pariser Edel-Kaufhaus "Colette" unter Beweis: Neben Apple-Chefdesigner Jonny Ive, überzeugten sich auch Karl Lagerfeld oder US-Vogue-Chefin Anna Wintour von der Uhr. Eben nicht nur von ihrer Funktionalität, sondern auch von ihrer Optik.
Genau hier setzt #Fashiontech an. Das Event am Montag wird als Konferenz eine Bestandsaufnahme des Bündnisses aus Mode und Technologie leisten und gleichzeitig einen Ausblick auf die viel versprechende Zukunft des Paktes geben. Initiiert wird die eintägige Veranstaltung vom digital versierten Konferenzformat re:publica und der Modemesse Premium. Als Veranstaltungsort wurde das Glashaus in Treptow gewählt, den denkerischen Anstoß gaben Premium-Chefin Anita Tillmann und ihr Mann Ole: "Unsere Gesellschaft ist doch darauf angelegt, alles zu optimieren. In dieser Konsequenz macht eine Verbindung aus Mode und Technologie einfach Sinn. Gerade der Launch der Apple Watch verdeutlicht doch, dass die Technikindustrie versucht, sich immer stärker im Mode- und Lifestylesegment zu etablieren. Und umgekehrt ist für die Mode auch die Technik interessant." Ole Tillmann ist nicht nur Ideenspender, er wird bei #Fashiontech die Rolle des Moderators und Gastgebers übernehmen, zusammen mit Mary Scherpe. Mit ihrem Modeblog "Stil in Berlin" ist Scherpe seit 2006 fester Bestandteil der Berliner Modemedienlandschaft. Auch sie ist davon überzeugt, dass die "wearable technology", die "tragbare Technologie" mittlerweile modischen Ansprüchen gerecht wird: "Mittlerweile gibt es viele Designer, die sich damit auseinandersetzen. Rebecca Minkoff hat gerade Armbänder mit technologischen Features herausgebracht, die absolut im Schmucksegment an zu siedeln sind. Bei Ralph Lauren gibt es Tennis-Shirts, die die Herzfrequenz aufnehmen."
Diese Ausgabe von #Fashiontech soll nur der Anstoß sein
Das Panel, das Mary Scherpe moderieren wird, verdeutlicht, dass die Thematik gerade für Berlin von Interesse ist. "The State of Fashiontech in Berlin" gibt eine Übersicht, wie weit die Entwicklung innerhalb der Berliner Szene bereits vorangeschritten ist und wagt eine Zukunftsprognose. Auch Anita Tillmann von der Premium findet das Thema besonders für die Hauptstadt spannend: "Das ist es doch, was wir Deutschen besonders gut können: Technologie, Innovation und Design. Mit Berlin als kreativen Impulsgeber kann diese Verbindung unsere Position international stärken. Diese Ausgabe von #Fashiontech soll nur der Anstoß sein, das Projekt soll eine langfristige Institution werden. Wir wollen das Potential der Stadt als Modestandort voll ausschöpfen." Ole Tillmann ergänzt: "Dadurch dass Technologie immer preiswerter wird, gibt es mittlerweile ganz andere Anwendungsmöglichkeiten. Und für die Mode ist das ein dankbares Thema. Man muss sich mal vorstellen, was für ein Potential vorhanden ist, wenn sich die ganzen Jungdesigner der Stadt mit der Hacker-Szene vernetzen!" Die Mode würde hier ihren Funktionsbereich ausbauen und an Relevanz gewinnen, finden beide.
Ob es zu viel verlangt ist, dass sie in Zukunft über ihren Charakter als bloßer Nutzgegenstand, dem bedecken, schützen und wärmen, und ihrer ästhetischen Komponente hinaus, auch technologische Features anbieten soll? Mary Scherpe glaubt, dass nur der Anspruch, "dass diese Techniken schon komplett funktionieren und Sinn machen" zu weit voran greift, "viele von diesen Produkten sind noch nicht praktisch, sehen noch nicht gut aus. Es gibt zig Gründe, warum man sie noch nicht benutzt. Ich glaube in vielen Feldern ist der Anwendungsbereich schlichtweg noch nicht gefunden, aber ich bin überzeugt, dass technologische Mode eine große Zukunft hat." Anita Tillmann hat schon sehr konkrete Ideen: "Ich jogge und finde es total nervig, dass ich mein iPhone mit meiner Musik und der Joggingapp mitnehmen muss und damit verkabelt bin. Ich will die Technologie direkt in meiner Laufjacke haben, ich will dass die Jacke während des Laufens meine Frequenzen aufnimmt und meine Schritte zählt. Meine Musikbibliothek soll integriert sein. Und wenn ich keine neuen Lieder mehr habe, soll mir die Jacke gleich noch neue Songs vorschlagen!"
#Fashiontech, nur mit Anmeldung, die Kapazität ist begrenzt. Zusammen mit der Premium verlosen wir 10 Tickets. E-Mail an mode@tagesspiegel.de bis 15 Uhr. Infos: www.fashiontech.berlin.