RTL-Serie "Die Klempnerin": Zwischen Krimi und Comedy
Eine Polizeipsychologin, die alles im Griff hat: Die neue RTL-Serie „Die Klempnerin“ bietet TV-Handwerk
Mina Bäumer (Yasmina Djaballah) hat es eilig. Ihre Tochter muss zum Gitarrenunterricht gebracht werden, aber vorher hat sie noch schnell einen Job zu erledigen: Eine Frau sitzt auf der Dachkante eines mehrstöckigen Hauses und muss überredet werden, nicht hinunterzuspringen. „Haben Sie eine Minute, oder ist es gerade schlecht?“, fragt Bäumer forsch, setzt sich neben die Frau und redet ihr so lange gut zu, bis man gemeinsam den kürzesten Weg nach unten nimmt, mit einem wagemutigen Satz ins Sprungtuch. Denn der Aufzug ist kaputt, und Polizeipsychologin Bäumer („Wollen wir nicht lieber Ihren Vermieter runterwerfen?“) hat es, wie gesagt, eilig. Unten angekommen, übergibt sie die von Männern schwer enttäuschte Beinahe-Selbstmörderin an einen Kollegen. „Keine Angst, das ist kein richtiger Mann, der geht nämlich morgen in Mutterschutz“, lästert Bäumer. Einen „richtigen Mann“ trifft sie im Polizeipräsidium, ihren neuen Kollegen Thomas Waldeck (Jan Kittmann), den sie bald als „nicht nur sexy, sondern auch ziemlich clever“ schätzen lernt. Beide klären in der ersten Folge der neuen, zehnteiligen RTL-Serie „Die Klempnerin“ eine Serie von Banküberfällen auf und öffnen nebenbei einer verstörten Bankangestellten die Augen über deren kriminellen Vater. Um den Kontakt zu ihr aufzubauen, nutzt Bäumer eine wundersame Mischung aus Putzfimmel und Joint.
Das Wortspiel im Titel, das auf den flapsigen Ausdruck „Seelen-Klempnerin“ anspielt, ist einigermaßen bezeichnend. RTL bietet ganz und gar bodenständiges Fernseh-Handwerk. Da wird nicht psychologisch tief geschürft, und wenn sich Mina und Thomas das erste Mal in die Augen blicken, weiß das Publikum sofort, wohin der Hase laufen wird. Die mit einer Dauerkanonade von Popsongs unterlegte Inszenierung bedient sich eher des Werkzeugs Brechstange statt eines Arsenals an kunstvollen Instrumenten. Alles ist offenkundig, simpel und laut, was wohl dazugehört, wenn man für die RTL-Primetime irgendwas zwischen Krimi und Comedy fabriziert.
Pointen und Plattitüden
In den Dialogen bemühen sich die Autoren um Tempo und Witz, aber häufig reicht es nur zu den üblichen Pointen und Plattitüden über das ewige Ringen zwischen Frauen und Männern. Immerhin ist die Power, mit der Yasmina Djaballah die taffe Psychologin aus Essen gibt, erfrischend. Mina Bäumer ist Anfang vierzig und erzieht die beiden pubertierenden Kinder allein. Bei so vielen Ermittlerfiguren mit ebenso vielen privaten Problemen auf allen Kanälen ist es ganz angenehm, dass die Titelheldin hier mal alles im Griff zu haben scheint.
Patente Typen mit Herz, das sind sie eigentlich alle, die Serienhelden beim Privatsender RTL. Ob engagierte Anwälte („Beck is back!“), als Priester verkleidete Kleinganoven („Sankt Maik“), furchtlose Autobahn-Polizisten („Alarm für Cobra 11“) oder unkonventionelle Pädagogen („Der Lehrer“) – in der RTL-Serienwelt gibt es keine Probleme, die sich nicht lösen ließen von den attraktiven, wenn auch in Liebesdingen nicht immer glücklichen Hauptfiguren. Während sich öffentlich-rechtliche Sender wie ARD („Babylon Berlin“) und ZDF („Bad Banks“) ein wenig anstecken ließen vom Serien-Hype, den insbesondere der Streamingdienst Netflix entfacht hat, bestückt RTL unbeeindruckt seine Primetime mit einer Variation des Immergleichen. Auch David Schalkos Mini-Serie „M – Eine Stadt sucht einen Mörder“, die bei der Berlinale erstmals gezeigt wird, ist ja nicht dafür gedacht, das an heitere Harmlosigkeit gewöhnte RTL-Publikum zu verstören, sondern die eigene Mediathek TV Now aufzupeppen. Das lineare kommerzielle Fernsehen versinkt derweil in Belanglosigkeit. Thomas Gehringer
„Die Klempnerin“, RTL, Dienstag, um 21 Uhr 15
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